[WAA] OBSERVATION REPORT

Name:Anneliese Haika
 
e-Mail:a.haika@gmx.at
 
Datum:10. und 11. Juli 2001
 
Zeit:
 
Ort:Berlin, Treptow
 
Bedingungen:


 
Bericht:

Im Zuge eines mehrtägigen Berlinaufenthalts besuchte ich am 10. und 11. Juli die Archenhold Sternwarte im Berliner Bezirk Treptow. Am 10. war die Sternwarte zwar geschlossen, doch aufgrund der unsicheren Wetterlage - für den nächsten Tag war wieder Regen angesagt - wollte ich zumindest ein paar Fotos bei Sonnenschein machen.

Die Anreise mit der S-Bahn bis Treptower Park zeigt Berlin von der "Rückseite". Man fährt an zahlreichen Baustellen und an ebensovielen Abbruchhäusern und den letzten Resten von Mauer-Niemandsland vorbei. Dazwischen der Charme der Ostberliner Plattenbauten.

Bei der Station Treptower Park stieg ich aus und versuchte mich an den (im Hotel vergessenen) Stadtplan zu erinnern. Einfach nur die Puschkin-Allee entlang, beim Ehrenmahl der Sowjetunion in den Treptower Park hinein und dann muß irgendwo dahinter die Sternwarte sein.

Was der Plan nicht so deutlich zeigt: der Park hat riesige Dimensionen. Und so wanderte ich etwa 15 Minuten lang bis zum sowjetischen Ehrenmahl. Man kann es nicht verfehlen. Es ist unübersehbar, bombastisch, sehr sowjetisch. Ich habe es nicht fotografiert.

Nach weiteren fünf Minuten hatte ich das hintere Ende des Ehrenmals erreicht und sah zu meiner unendlichen Erleichterung, daß es dort in dem das Denkmal umgebenden Zaun ein Tor gibt. Jetzt war ich also wieder im Park, aber wo war die Sternwarte? Nach einer vagen Auskunft eines anderen Parkbesuchers ("Ich glaube ungefähr dort") kam ich tatsächlich auf einem schmalen Weg durch den Wald von der Rückseite zur Sternwarte.

Von der Vorderseite ist das über das Gebäude hinausragende Rohr ein seltsamer Anblick. Der riesige Refraktor (21 m Brennweite, 68 cm Objektivdurchmesser) steht nämlich im Freien. Das Gebäude steht sozusagen nur drum herum.


Die Archenhold-Sternwarte in Berlin Treptow

Ich nützte gleich die Gelegenheit, um durch den Zaun auch ein erstes Foto von der Hebevorrichtung an der Rückseite des Refraktors zu machen (nach einem Pirschgang durchs Unterholz).

Zurück zur S-Bahn fuhr ich die zwei Stationen mit dem Bus. Wesentlich bequemer, als der lange Rückweg auf der Puschkin-Allee.

Am nächsten Tag war das Wetter doch nicht ganz so schlecht. Also startete ich erneut die einstündige Weltreise vom Bahnhof Zoologischer Garten zur Archenhold Sternwarte. Diesmal reiste ich richtig an: S-Bahn bis Plänterwald und dann zwei Stationen mit dem Bus bis "Alt-Treptow" (die Bushaltestelle direkt vor der Sternwarte). Es geht auch ohne längere Wanderung.

Ich war der einzige Besucher, doch die Betreiber der Warte hatten leider kaum Zeit für mich, da sie hektisch für eine Veranstaltung am Abend putzten und vorbereiteten. Durch das Haus gelangt man auf das Dach, wo man den 1896 errichteten Refraktor aus der Nähe bewundern kann. Es ist schon ein beeindruckendes Rohr.


Der gewaltige 68cm-Freiluftrefraktor ist der lägste seiner Art

Aus der Broschüre erfuhr ich nachträglich, daß der Refraktor eine besondere Montierung hat: das Okular befindet sich am Schnittpunkt von Stunden- und Deklinationsachse und das Rohr wird um das Okular als Drehpunkt bewegt. Man wollte damit wahrscheinlich Kosten für eine aufwendige Beobachterplattform sparen. Ebenso waren Kostengründe dafür verantwortlich, daß man auf den Bau einer Kuppel verzichtete. Nur ein Holzhaus schützt die Mechanik des Rohres. Vor Inbetriebnahme wird diese Abdeckung auf Schienen nach unten geschoben.


Die abfahrbare Abdeckung der Montierung des Refraktors


Um das Okular im Drehpunkt zu halten, sind riesige Gegengewichte erforderlich

Auf dem Dach des Gebäudes befinden sich auch zwei kleinere Kuppeln. Die Sternwarte verfügt noch über ein 500 mm Spiegelteleskop und einen Coud+-Refraktor. Außerhalb des eingezäunten Geländes stehen zwei weitere Kuppeln auf einer Wiese. Im Gebäude befindet sich ein recht interessantes Museum mit verschiedenen historischen Instrumenten, Büchern und Dokumenten. In einem anderen Raum ist ein riesiger Meteorit aus dem Meteor Crater in Arizona ausgestellt.

Dahinter geht es in das dem Haus angeschlossenen Zeiss Kleinplanetarium ZKP II. Es sieht aus wie eine Mini-Version des (nunmehr alten) Wiener Planetariums. Drinnen war jemand gerade sehr mit Staubsaugen beschäftigt. Ich mußte mich zurückhalten, um nicht in ein "Jööö, ist das lieb klein!" auszubrechen. Ich habe versucht, trotz der düsteren Beleuchtung zu fotografieren (ich habe keinen Blitz). Dabei war mir der staubsaugende Herr ein guter Größenvergleich. Auch das Schaltpult in der Größe eines mittleren Schreibtisches ist richtig handlich.


Das Kleinplanetarium ZKP-II

Damit war mein Rundgang auf der Archenhold Sternwarte zu Ende. Ich kann jedem Berlin-Reisenden empfehlen, dieses astronomische Einzelstück zu besuchen. Wenn man sich rechtzeitig erkundigt, kann man auch leicht eine der vielen Veranstaltungen besuchen, die dort angeboten werden (bis hin zur "Hochzeit unterm Sternenzelt"!).

Die Archenhold-Sternwarte findet man im Internet unter http://www.astw.de.

Anneliese Haika