Premierenbericht

Wiedereröffnung des Wiener Planetariums
7. November 2002

Wien hat wieder ein Planetarium. In einer gut inszenierten Premiere wurde das technisch völlig neu und auf letztem Stand ausgestattete Wiener Planetarium erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt. Die zahlreichen Festgäste aus dem In- und Ausland waren natürlich vor allem auf die neue Show "Kundschafter im Kosmos" gespannt, in der das Zeiss Universarium IX und der Laserprojektor Zulip - weltweit! - erstmals gemeinsam zum Einsatz kommen sollten. Im folgenden meine subjektive Kritik zur neuen Show:

Wer die Show "Kundschafter im Kosmos" oberflächlich betrachtet, wird vielleicht nur einen rasch und vor allem unnatürlich bewegten Sternenhimmel mit rasch wechselnden 3D-Animationen von Raumsonden vor dem Hintergrund von Planeten und Monden sehen. Doch diese Show darf - und kann - man nicht oberflächlich betrachten, dazu ist ihre Botschaft viel zu tiefsinnig.

Der Sternenhimmel, in all seiner Brillianz, die das neue Zeiss Universarium IX erzeugen kann, ist nur Statist. Der modernste Planetariumsprojektor der Welt hält sich in dieser Show bewußt bedeckt, zeigt nur in einigen Zitaten sein wahres Können und überläßt Zulip das Spiel. Damit der Sternenhimmel nicht vom Thema ablenkt, ist meist der Südhimmel zu sehen, sodaß unser Blick nicht durch die Suche nach gewohnten Sternbildern abschweifen kann.

Doch was ist der tiefsinnige rote Faden dieser Show? Er ist nicht räumlich - etwa von der Erde nach aussen - und auch nicht zeitlich, chronologisch. Die Show beschreibt das Streben des Menschen, mehr über seine kosmische Umwelt zu erfahren, und zwar durch automatische Roboter, die Kundschafter im Kosmos. Zuerst begnügt man sich mit einem Vorbeiflug, dann mit einer Umkreisung. Wir erleben Szenen aus den Missionen von Voyager und Galileo.

Doch man darf auch träumen, vor allem wenn die Träume längst das Planungsstarium erreicht haben. So erleben wir die nahe Zukunft der Cassini/Huygens Mission genauso mit wie künftige Jupitermissionen. Spektakulär: Die Landung auf dem Jupitermond Europa!

Währenddessen fliegen die Voyager-Sonden weiter, verlassen das Sonnensystem und werden in einer sehr fernen Zukunft auch andere Sonnensysteme erreichen. Und für den Fall, daß sie von intelligenten Lebewesen gefunden werden, haben sie eine Botschaft der Menschheit mit an Bord ... Das ist das Ziel: Ein Zeichen zu finden, daß wir Menschen nicht allein sind in diesem großen Weltall.

Kundschafter im Kosmos kann am ehesten so beschrieben werden: Wenn Du ein Boot bauen willst, dann lehre Deine Leute nicht, Holz zu sammeln, Werkzeug zu verwenden und die Arbeit aufzuteilen, sondern lehre sie die Sehnsucht nach dem weiten Meer. Ein neuer Zugang zum Weltall, ohne Werkzeug, ohne Holz, ohne Arbeit, aber voll Sehnsucht - die sich auch im Soundtrack niederschlägt, von Star Wars über E.T. zu Star Trek - sondern auch in der berührenden Schlußsequenz, über die ich keine Details verraten möchte.

Ein Paradigmenwechsel ist vollzogen. Wien hat ein neues Planetarium. Eines, das es noch nie hatte. Herzliche Gratulation an das junge Team des Wiener Planetariums zu diesem gelungenen Auftakt! Diese Art, Astronomie zu Präsentieren, ist ein Türöffner, der für alle, die "ein Boot bauen wollen" ein enormes Potenzial schafft. Nützen wir gemeinsam diese neue Chance!

Alexander Pikhard