Beobachtungsnacht: Mars, Triton, Sternbedeckung, ...

Payerbach/NÖ, 11. 07. 2003

20030711wvo22.html

Beobachter:Wolfgang Vollmann
Datum:11. 07. 2003
Zeit:22.45 bis 03.00 MESZ
Ort:Payerbach/NÖ
Instrument:Newton 457/2040mm
Bedingungen:

Durchsicht:gut (2)

Bericht:

11./12.Juli 2003, 22h45m bis 3h30m MESZ: Heute ist eine helle Fast-Vollmondnacht, die schwächsten mit freiem Auge sichtbaren Sterne sind etwa 4,5mag hell. Im Lauf der Nacht ziehen auch einige Wolkenfelder durch, die Durchsicht wird mit tiefer stehendem Mond besser und in der Morgendämmerung kann ich auch noch 5,0mag schwache Sterne mit freiem Auge sehen.

Ich beobachte verschiedene Veränderliche Sterne: eine wiederkehrende Nova, RS Ophiuchi, heute im Minimum mit 11.Grösse. Ich schau auch nach einigen Zwergnovae: Z Cam, SU UMa, DO Dra, SS UMi und AH Her. Alle sind im Minimum und entweder sehr schwach oder sogar unsichtbar. Trotz dem hellen Himmel ist das Seeing recht gut und ich kann im Fernrohr bei 227-facher Vergrösserung Sterne bis 15,3mag erkennen. Eine Zwergnova ist im Ausbruch: AH Herculis ist um 0h40m 11,8mag hell zu sehen. Auch Rho Cassiopeiae kann ich mit freiem Auge beobachten und schätze 4,8mag: der Ausbruch scheint wirklich vorüber zu sein und der Stern wird etwas schwächer. Mehr über Veränderliche gibts auf der Website der AAVSO: http://www.aavso.org.

Auch eine Sternbedeckung durch den Mond steht auf dem Programm: der Himmelskalender kündigt die Bedeckung des Sterns SAO 185474 an. Bei 227x ist der Stern sehr nahe am beleuchteten Mondteil in der Nähe des Kraters Aristarch zu sehen, das unbeleuchtete Mondscherzerl ist schon sehr schmal geworden. Der Stern ist weiss und verschwindet schlagartig am dunklen Mondrand (der aber nicht sichtbar ist). Das wundert mich, denn die Astronomiedatenbank Vizier (http://vizier.u-strasbg.fr) gibt an dass es sich um einen engen Doppelstern handelt, der 1992 mit 0,4 Bogensekunden Distanz gemessen wurde und auch in einem Katalog der spektroskopischen Doppelsterne auftaucht (Entdeckerbezeichnung CHR 229 AB). Vielleicht ist er derzeit enger? Ich stoppe jedenfalls die Zeit der Bedeckung mit 23h37m24,1s MESZ (Tel. 1505). Mein Beobachtungsort ist Breite 47°41'48" Nord, Länge 15°52'54" Ost, Höhe 585m. Der Mond ist schon ziemlich rund geworden aber mit freiem Auge noch deutlich nicht ganz voll sichtbar: links (östlich) fehlt noch etwas.

Im Lauf der Nacht schau ich mir auch einige Doppelsterne an: Gamma CrB kann ich heute wieder nicht auflösen. Es ist ziemlich sicher dass zwei Sterne da sind, auch die Richtung etwa ost-westlich ist eindeutig erkennbar, aber das Seeing bläst die beiden Sterne zu Fleckchenmustern mit etwa 2 Bogensekunden Durchmesser auf. Da ihr Abstand laut Ephemeride nur 0,75 Bogensekunden beträgt kann ich sie nicht trennen. Hübsch ist aber Delta Cygni zu sehen: der Abstand beträgt 2,5 Bogensekunden und trotz des grossen Helligkeitsunterschieds von 3 Grössenklassen ist der Begleiter sehr deutlich im Südwesten des Hauptsterns zu sehen. Schön ist der Farbkontrast der beiden Sterne: der helle Stern ist rein weiss, der schwächere Begleiter deutlich gelblich gefärbt.

Um 1h00 wandere ich ins Planetensystem und suche Neptun. Er ist im 10x50 Sucher deutlich sichtbar. Das Fernrohr zeigt ab 51x seine winzige Scheibe, die bei 408x schon recht gross ist und mehr grünlich als bläulich gefärbt ist. Bei dieser Vergrösserung zeichne ich alle schwachen Sterne in seiner Umgebung. Besonders auffallend ist einer mit ca. 13,5 bis 14,0mag Helligkeit in 10-15 Bogensekunden Abstand der nördlich von Neptun sichtbar ist: hell und deutlich. Am nächsten Morgen kann ich mit dem Solar System Simulator des JPL (http://space.jpl.nasa.gov) und dem Ephemeridengenerator HORIZONS (http://ssd.jpl.nasa.gov) dieses Lichtpünktchen eindeutig als Neptunmond Triton identifizieren. Toll, den hab ich bisher noch nie visuell im Fernrohr gesehen!

Auch Uranus ist nicht weit davon. Er ist noch leichter im 10x50 Sucher zu sehen und zeigt ein grösseres Scheibchen, das bei 408x schon sehr deutlich ist, aber keine Einzelheiten zeigt, ausser der etwas gelblich-grünlichen Farbe. Auch hier skizziere ich alle schwachen Lichtpünktchen rund um Uranus und verwende 680x, da sie dann besser zu sehen sind. Die Kontrolle am nächsten Morgen ergibt dass ich am Ort der Uranusmonde Titania und Oberon, die zur Beobachtungszeit nicht weit voneinander im Nordosten standen ein sehr schwaches Pünktchen gesehen habe und am Ort des Mondes Umbriel ebenfalls (oder ist das doch ein Sternchen? Umbriel ist nur 15,0mag hell). Mich wundert auch dass Titania und Oberon nicht beide sichtbar waren da sie ziemlich gleich hell (14,0 bzw. 14,2mag) sind. Also ist das Ergebnis nicht eindeutig, da muss ich bei besserer Durchsicht noch einmal probieren. 1h45m MESZ.

Mittlerweile schaut auch der Mars über die Bäume im Südosten. Er ist im Fernrohr eine Pracht und ich beobachte von 1h45m bis 3h00m MESZ. Schon 51-fache Vergrösserung zeigt die Südpolkappe weiss leuchtend und einige winzige dunkle Flecke. Als beste Vergrösserung stellt sich heute 320x heraus: die Luft ist nur selten etwas ruhiger und verträgt heute nicht mehr. Mars zeigt deutlich seine Phase, er ist noch nicht ganz voll, weniger sogar als der Mond heute Nacht. Wunderschön sind die Farben: die strahlend weisse Südpolkappe mit einem dunklen Band herum, die ockerfarbenen/hell-rötlichbraunen hellen Gebiete und die dunklen grauen, sogar etwas graugrünen Flecke (Farbkontrasteffekt?). Ich schaue und zeichne und kann dann auf meinen Skizzen die dunklen Flecke des Mare Erythraeum (gross und deutlich mit Einzelheiten) und ab 2h30m den dunklen Fleck des Solis Lacus identifizieren. Ich experimentiere auch ein wenig mit Farbfiltern: ein Wratten 38A (dunkelblau) zeigt erwartungsgemäss die Polkappe deutlicher und unterdrückt die dunklen Flecke (die aber noch sichtbar sind), ein Wratten 25 (rot) ist mir zu rot, ein Wratten 21 (orange) ist zur Kontrastanhebung der dunklen Flecke am besten und bietet auch noch ein halbwegs natürliches Bild. Am schönsten ist Mars aber ohne Filter, da so seine Farben zur Geltung kommen!

Um 2h45 sehe ich auch noch eine helle Sternschnuppe, die nach ihrer Bahn durchaus ein verfrühter Perseid sein könnte: ich freu mich schon auf die Augustnächte!