Reisebericht Chile

Chile, 10. - 29. 03. 2004

20040310hcs00.html

Beobachter:Herbert Csadek
Datum:10. - 29. 03. 2004
Ort:Chile
Instrument:
Bedingungen:

Bericht:

La Silla und Cerro Paranal - SuW-Leserreise nach Chile 2004

Im März 2004 nahm ich an der von Jochen Biefang geleiteten zweiten SuW-Leserreise nach Chile teil, die in erster Linie Besuche der großen ESO-Observatorien LA Silla und Cerro Paranal als Ziel hatte, aber auch dem Kennenlernen des an Naturschönheiten so reichen Landes an der westlichen Küste Südamerikas dienen sollte. Manchmal hat es auch Vorteile, wenn man nichts hört - beim Buchen der Tickets im Stadtbüro der AUA wurde für mich auch gleich +Unterstützung für tauben Passagier+ im Computer eingegeben. Resultat: ich werde in Frankfurt beim Verlassen des Flugzeugs von einem Flughafenangestellten abgefangen, mit Gepäck auf ein Elektromobil verfrachtet und im Eiltempo, sozusagen als VIP, durch alle Kontrollen und Sperren bis zu meinem Gate gefahren. Da es aber noch zu früh ist, setzt er mich bei der Lounge ab, wo ich mir für 2 Stunden mit einem mitgebrachten Buch die Zeit vertreibe, ab und zu von einem Kaffee, Gebäck oder Orangensaft gestärkt.

10. und 11. März: Beim Einstieg nach links, zu meinem Platz 2 K, einem Fensterplatz in dem neuen Flaggschiff der Lufthansa, dem neuen Airbus A 340-600. Nach der Zwischenlandung in Buenos Aires herrlicher Flug über die argentinischen Ebenen. Noch bevor wir die Anden erreichen, fällt mir inmitten der Ebenen ein riesiges Ringgebirge auf, das mich verblüffend an das australische Astroblem +Gosses Bluff+ erinnert. Nun folgt die Überquerung der Anden, vorbei am schneebedeckten und vergletscherten Aconcagua und anderen Sechstausendern nähern wir uns nun dem westlichen Rand Südamerikas und unserem Ziel, Chiles Hauptstadt Santiago. Nach insgesamt 16stündigem Flug in Santiago angekommen, sehe ich eine Angestellte mit einer Liste in der Hand beim Ausstieg stehen. In der Hoffnung, daß vielleicht auch hier in dem völlig fremden, vor allem spanisch beschilderten Flughafen für mich eine +Unterstützung+ vorgesehen wäre, frage ich. Ja, es ist auch hier so - ich werde einer hübschen jungen uniformierten Frau spanischen Typs anvertraut, die mich auch hier schnell durch alle Kontrollen bringt, so auch durch den Diplomatenausgang. Nachdem sie mir noch ein Taxi verschafft hat, verabschiede ich mich von ihr mit Handkuß und +Muchas grazias!+ und +Hasta la vista!+, was ihr ein Lächeln entlockt - ja, meine Aussprache...!

Der Taxler versucht mich anzusprechen, ich antworte mit +Perdon! Estoy sordo!+ (Entschuldigung, ich bin taub), was er anscheinend versteht, denn er deutet auf seine Ohren und nickt. Nach Erreichen des Stadtgebiets und während wir nach Verlassen einer Hauptstraße durch enge Nebengassen fahren, wird mir langsam schwummerig zu Mute und ich denke, was das Hotel Fundador wohl für eine Bude sein wird, wenn es in einer solchen Gasse liegt. Aber zu meinem Ersaunen bleibt er dann kaum 100 Meter vor dem zentralen Boulevard Santiagos, entsprechend etwa unserer Ringstraße, der Avenue Libertador Bernardo O+Higgins, vor einem großen, mit Marmor und Granit verkleideten Portal stehen. Sofort kommt mir ein Türsteher mit Zylinderhut entgegen und ein Page mit einem Transportgestell kümmert sich um mein Gepäck. Bei der Reception, wo ich mich englisch schriftlich zu verständigen versuche, steht aber zufällig der Guide unserer Reisegruppe, der mich in deutscher Sprache +anschreibt+ und bei dem ich mich als neu angekommenes Mitglied vorstellen kann. So ist mit seiner Hilfe alles schnell erledigt, und ich kann mein Zimmer beziehen. Das Zimmer entspricht dem allgemeinen Eindruck des Hotels, obere Viersternklasse, was mich ziemlich verblüfft, denn ich hätte nie gedacht, daß wir Astronomiefans in solchen luxuriösen Hotels untergebracht werden könnten. Aber das war kein Einzelfall, auch bei unseren anderen Nächtigungen, in La Serena, Vicuna, San Pedro de Atacama und Antofagasta, wurden wir in dieser Hotelklasse beherbergt. Am Nachmittag gab es eine Gruppenversammlung, bei der sich die Teilnehmer vorstellten und die nächsten Unternehmen besprochen wurden. Beim Abendessen lernte ich dann den berühmten +Pisco sour+ kennen, das chilenische Nationalgetränk, ein Aperitif aus dem aromatischen Pisco-Branntwein, Limonensaft, gestoßenem Eis und Eiweiß, +geschüttelt, nicht gerührt+. Im Glas mit Zuckerrand ein echter Genuß!

Die Sechsmillionenstadt Santiago de Chile habe ich kaum näher kennengelernt, obwohl wir am zweiten Tag vormittags und nachmittags Stadtführungen hatten. Die erste führte uns in der City durch die ausgedehnten Fußgängerzonen zur Alameda, dem Präsidentenpalast,weiter zur Plaza de Armas, dem Hauptplatz mit dem Dom, Ministerien, Hauptpost und Rathaus und dann weiter zum Mercado central, dem Zentralmarkt, wo wir in einem Fischrestaurant zu Mittag aßen. Die zweite mit dem Bus ging zu einem Aussichtsberg, wo nach Einbruch der Dunkelheit die Neulinge in die südlichen Sternbilder eingeführt wurden. Auf Wien umgelegt war es etwa so, als ob ich vom Hotel Bristol zum Stephansdom, zum Parlament, zur Hofburg mit dem Burggarten und dann zum Naschmarkt essen gegangen wäre und am Nachmittag auf den Kahlenberg gefahren wäre. Den größten Eindruck machten mir in Santiago der öffentliche Verkehr: die Straßen waren dominiert von unzähligen dahinrasenden, haltenden und wieder losfahrenden gelben Bussen, die in Kolonnen, in Zweierreihen, sich gegenseitig bei den Haltestellen auf Verkehrsinseln auf eigenen Spuren rechts oder links überholend und Wolken von Dieselqualm in die Luft blasend, Massen von Menschen in allen Richtungen beförderten. Von der angeblichen Undiszipliniertheit der südamerikanischen Autofahrer habe ich nichts bemerkt, überall blieben sie brav vor den Ampeln stehen und sogar die Zebrastreifen wurden von ihnen immer respektiert.

12. März: Weiterflug nach La Serena, einer Hafenstadt ungefähr 500 km nördlich von Santiago,unserem Ausgangspunkt zur Besichtigung von La Silla. La Serena ist die zweitälteste nachkolumbische Stadt von Chile, sie ist großzügig angelegt und besitzt zwei archäologische Museen, eines dem Salpeterboom des 19. bis frühen 20. Jahrhunderts und seinen Auswirkungen gewidmet, das andere, größere der indianischen Urbevölkerung und ihren Zeugnissen, wie Keramiken, Felszeichnungen, Mumien und Grabbeigaben usw. Die Plaza de Armas, das Stadtzentrum, ist ein schöner Park und zugleich ein gut beschilderter botanischer Garten mit typischen einheimischen Laub- und Nadelbäumen und riesigen Palmen. Die bekannteste Sehenswürdigkeit von La Serena und das Symbol der Stadt ist der imposante Leuchtturm Faro Monumental am schönen Sandstrand. Ein Autobusausflug führte uns am Ufer entlang südlich zur Schwesterstadt Coquimbo mit ihrem Hafen an der gleichnamigen Bucht.

13. März: Am frühen Morgen des nächsten Tages brachen wir mit einem Autobus und unserem deutsch sprechenden Guide, einer rundlichen Dame namens Irmy, nach La Silla auf. In einem Wäldchen vor dem Tor im Tal bekamen wir ein kaltes Mittagessen, und dann durften wir die steile Serpentinenstraße zu den Sternwarten in etwa 2400 Metern Seehöhe hinauffahren, geleitet von einem Auto eines ESO-Angestellten, der uns dann auch bei der darauffolgenden Führung betreute. Oben angelangt, es wehte ein stürmischer Wind, wurden wir nach einem kurzen Einführungsvortrag in einem Seminarraum wieder in den Bus gesetzt und zum Gipfel hinaufgefahren, wo das 3,5 m-NTT sowie das ältere 3,6 m-Teleskop stehen. Zuerst konnten wir das überraschend kompakte NTT mit seiner azimutalen Montierung besichtigen, das an diesem Tag bei geöffnetem Spalt ebenerdig fast im Freien stand. Grund: geplante Reinigung und Neubelegung des Spiegels, für uns eine Supergelegenheit, das mächtige Instrument in allen Teilen zu besichtigen. Im rechten Nebenraum wurde uns der EMMI-Spektrograf und Imager gezeigt und dann im linken Nebenraum die Infrarot-Kamera und -Spektrograf, die je nach Bedarf in den Coud+-Strahlengang eingeschaltet werden können. Dann wurden wir wieder im Bus weiter nach oben gefahren zum älteren 3,6-m-Teleskop, das in seiner domhohen Kuppel mit der angebauten kleineren Nebenkuppel des 1,4-m-Teleskops überwältigend wirkte. Schon auf Grund seiner parallaktischen Montierung nach dem Hufeisenprinzip a la Palomar türmt es sich gut acht Stockwerke empor, ein Schöpfl-Teleskop mal drei sozusagen. Auch hier wurden uns die Zusatzgeräte erklärt, so der große Spektrograf im Cassegrain-Fokus und die durch die Deklinationsachsen ins Untergeschoß geleiteten Strahlengänge der linken und rechten Coude-Foki. Zum Abschluß fuhren wir mit einem Aufzug 6 Stockwerke hinauf zur die Kuppel umlaufenden Galerie, von wo wir einen herrlichen Blick auf die vielen weiter unter uns liegenden und in der Sonne weiß leuchtenden großen und kleinen Kuppeln des gesamten Plateaus von La Silla hatten. Derzeit befinden sich auf La Sila insgesamt 15 Teleskope und ein 15 m-Submillimeter-Radioteleskop, das SEST.

14. März: Wir fahren in der Früh mit dem Autobus und unserem ganzen Gepäck, hastig eingepackt aufgrund einer kurzfristigen Programmänderung, das fruchtbare, grüne Elqui-Tal, eines der schönsten Oasentäler Chiles, hinauf nach Vicun~a, unserem nächsten Haltepunkt. Hier werden wir am Abend das Mamalluca-Observatorium, eine öffentliche Sternwarte, besuchen und die südlichen Sternbilder und ihre Attraktionen mit dem C-14 der Sternwarte und kleineren Instrumenten beobachten. Das Elqui-Tal mit seinen unzähligen Weingärten und Obstplantagen, die in Terrassen oft bis halb die Berghänge hinaufklettern, ist mit seinen Brennereien, die sich vor allem in Vicun~a und dem kleinen Ort Pisco Elqui konzentrieren, das Zentrum der Pisco-Herstellung, einer chilenischen Weinbrandspezialität. Am Abend fuhren wir dann mit dem Bus zum Observatorium, das sich abseits des Ortes in etwa 1200 m Höhe befindet. Das astronomische Klima ist hier sehr gut, über 300 klare Nächte im Jahr sind hier die Norm, jedoch stört ein sichtbarer Teil des Ortes im Tal mit seiner Straßenbeleuchtung etwas. Beim Observatorium befindet sich auch ein Planetarium, das aber noch nicht fertig gestellt ist. Nach Anbruch der Dunkelheit bemerkte ich hoch am Himmel zwei helle Flecke und zerbrach mir den Kopf, was das sein könnte, ich konnte zuerst einfach nicht realisieren, daß das die Magellanschen Wolken wären - so hoch und so hell habe ich sie in Namibia nie gesehen, hier führten der frühe Jahrestermin und die größere Südbreite zu diesem mich anfangs völlig verwirrenden Effekt. Unter den diversen Objekten, die ich mit dem C-14 sehen konnte, begeisterten mich besonders die Galaxie Centaurus A und der Tarantelnebel unter starker Vergrößerung.

15. März: Autobusfahrt ins Elqui-Tal mit einem Besuch der größten und marktbeherrschenden Pisco-Brennerei +Capel+ bei Vicuna. Weiter unterwegs besichtigten wir in einem kleinen Ort ein spezielles Restaurant +Sonnenenergie+, welches seine Speisen mittels eines Sonnenofens und mit Sonnenkollektoren kocht bzw. warm hält. Die Weiterfahrt führte uns dann, vorbei an unendlichen Mengen von Weingärten, die oft das ganze Tal ausfüllten, bis zum kleinen Ort Pisco Elqui, im Cochiguaz-Tal, wo wir zu Mittag aßen. Am Abend war wieder ein gemeinsamer Besuch im Mamalluca-Observatorium vorgesehen, den ich aber schwänzte, um den Himmel privat und in Ruhe, mit dem Feldstecher auf einer Wiese liegend, vom dunklen Garten des Hotels aus zu betrachten.

16. März: Wir fahren zurück nach La Serena zum Flughafen, verabschieden uns von Irmy und fliegen über Antofagasta, wo wir 4 Stunden Aufenthalt haben, ich schreibe in der Lounge e-mails und Reiseberichte, weiter nach Calama, von wo wir mit dem Bus zu unserem nächsten Standort San Pedro de Atacama transportiert werden. Da meine chilenischen Pesos seit dem Wechseln am Flughafen Santiago schon recht zusammen geschmolzen sind, versuche ich mittels Maestro-Karte dem Redbanc-Automaten am Flughafen Geld zu entlocken. Nach einigen Schwierigkeiten mit dem spanischen Text finde ich einen Link für Ausländer (Englisch, Französisch), und der Automat spuckt dann brav zweimal 100.000 Pesos (ca. 280 Euro) aus. In Calama lerne ich auch unsere neue Guide Marketa kennen, eine hübsche blonde junge Frau, die uns von nun an bis zum Ende der Gruppenreise am 22. März und mich noch zusätzlich bis zum 28. März betreute.

Ich gehe nun zu meinem täglichen Original-Reisebericht im Internet über, den ich bei Bedarf noch etwas ergänzen werde:

Wir sind gut in Calama angekommen, nach kurzem Flug von Antofagasta, fuhren dann mit dem Autobus nach San Pedro de Atacama (2500 m), einer Wüstenoase am Nordrand der Salar de Atacama, der größten Salzwüste der Welt. San Pedro wird beherrscht von seinem +Hausberg+, dem eindrucksvollen verschneiten Gipfel des 5900 m hohen Vulkans Licancabur. Unser Hotel, die +Casa Don Tomas+ ist ebenerdig, alles in der Adobe/Lehmziegelbauweise der Gegend gebaut, da der Ort unter Schutz steht, muss alles landestypisch aussehen, so auch die Straßen, die nicht asphaltiert sind, sondern noch den Original-Lehmboden besitzen. Idyllisch aber staubig! Das Hotel hat oberen Dreisternstatus, Zimmer mit Dusche und WC, es ist alles sehr sauber und gepflegt. Wir essen zu Abend im Restaurant +Milagro+ bei Kerzenschein an rustikalen Holztischen und -Bänken, die rings um ein offenes Feuer im Innenhof stehen. Nach dem obligaten Pisco sour und Brötchen mit Pebre bekomme ich ein köstliches mürbes Steak mit Salat und Quinoa als Beilage. Quinoa ist eine Getreidespezialität der Andenhochebene, nur hier erhältlich und angebaut, es wird auch als +Inka-Weizen+ bezeichnet.

17. März: Heute lange Autobusfahrt auf den Altiplano, die Andenhochebene. Wir fahren mit dem Bus südwärts, vorbei an der Andenhauptkette mit den Vulkanen Lascar (noch aktiv, Rauchfahne), dem Men~igues (5900 m), Incahuasi und anderen Fünf- bis Sechstausendern, und besichtigen die im Rahmen der Berge, meist um 4000 m hoch liegenden Seen Aguas calientes, den Tuyato Salar, mit seinem 100 m breiten, blendendweißem Salzstrand rundherum, und die zwei herrlichen dunkelblauen Laguna Men~igues und Laguna Miscanti. Besonders auffällig im Altiplano war der allgemeine Bewuchs mit Opuntien (Schwiegermutterstühlen) und vor allem herbstgelbem Coiron- und Festuca-Gras, das die Ebenen und Berghänge wie mit einem Schimmer von Gold überzieht und den Lamas, Alpakas und wilden Vicunas Nahrung bietet. In dem kleinen Indianerdorf Socaire - elektrifiziert, schon der erste Blick zeigte mir in einem Lokal einen Computer (!), assen wir unter einem Schilfdach, bedient von weissgekleideten Indianerfrauen chilenische Spezialitäten, darunter die landesübliche Gemüsesuppe mit Fleisch. Typisch ist auch die überall servierte Vorspeise aus kleinen Weißbrötchen und dazu als Beilage die pikanten Gemüsemischung Pebre. Nicht zu vergessen der unvermeidliche Pisco sour als Aperitif. Die Weiterfahrt führte uns dann wieder in die Ebene (immerhin auch fast 2500 m) hinunter zur riesigen, weltberuehmten Salar de Atacama, der mit mit 3000 Quadratkilometern größten Salzwüste der Welt mit den einmaligen Flamingokolonien, leider kamen wir erst kurz vor Sonnenuntergang dort an, so dass nicht mehr viel Zeit und Licht zum Filmen und Fotografieren blieb.

18. März: Heute, Donnerstag, haben wir das 1991 eröffnete archaeologische Museum in San Pedro besichtigt, sehr schoen und modern, es zeigt saemtliche Aspekte der steinzeitlichen bis heutigen Indianerkulturen der Andenhochebene, der Atacamenos und der sie spaeter beherrschenden Inkas, sowie eine Mumie einer jungen Frau, die sie die Miss Chile nennen. Am Nachmittag werden wir das "Mondtal", eine besondere Attraktion der Salzwueste, besichtigen. Das Mondtal besteht aus einer weitraeumigen Landschaft von pittoresken, von der Erosion zu den unwahrscheinlichsten Formen ausgewaschenen 70-10 Millionen Jahren alten verfestigten vulkanischen Aschen- und Tuffschichten. Im Zentrum liegt der sogenannte +Meteoritenkrater+ Mirador, ein runder Erosionskessel mit einem Zentralberg, umgeben von hohen schwarzen Sanddünen, über die ich und andere Teilnehmer am Rückweg mit langen Eislaufschritten, von langen Staubfahnen begleitet abfahren konnten. Am Abend gibt es wieder Himmelsbeobachtungen mit vom Reiseleiter Joachim Biefang und anderen Teilnehmern mitgebrachten Teleskopen. Morgen ist unser Aufenthalt in San Pedro zu Ende und wir muessen schon frueh, 5 Uhr, aufbrechen mit dem ganzen Gepaeck. Wir fahren zu den Tatio-Geysern und dann weiter nach Calama.

19. März: Die berühmten Tatio-Geiser liegen am Fusse des Vulkans Tatio in einem weiten Hochtal der Anden in 4300 m Hoehe. Am besten besichtigt man sie am fruehen Morgen vor Sonnenaufgang, da dann die Geiser am eindrucksvollsten zu sehen sind. Wenn man aus dem Bus steigt, sieht man vor sich ein weites Tal, von hohen Bergen umrahmt, und von unzähligen weiß aufsteigenden Dampfsäulen erfüllt, haushohe und winzige, kaum meterhohe. Dazu brodelt es überall am Boden von großen und kleinen Heißwasserquellen, die sich oft große und kleine Schlote aus abgesetztem Sinter gebaut haben. Eine größere Heißwasserquelle speist einen in der Kälte des Morgens dampfenden Teich, in dem man in dem mineralreichen Wasser baden kann. Einige frühere Ankömmlinge, wahrscheinlich Einheimische, waren schon im Wasser, aber von uns traute sich keiner hinein. Die Fahrt ging dann weiter ueber einen 4800 m hohen Pass. Hier auf der Paßhöhe konnten wir neben dem Coiron- und Festuca-Gras und den Opuntien auch eine geschützte, seltene moosähnliche leuchtend grüne Pflanze sehen, Llarexa, die nur über 4000 m wächst. Weiter ging unsere Fahrt hinunter in die Andenhochebene vorbei an mehreren Indianerdoerfern. Im Dorf Chiu-Chiu besichtigten wir eine wunderscxhöne zweitürmige, weißgetünchte Kirche, im Dorf Lasan assen wir in einer landesueblichen Gastwirtschaft an mit schönen bunt gemusterten Tischtüchern gedeckten Tischen zu Mittag. Ein besonderes und mich in dem Dorf sehr beeindruckendes Erlebnis war die "Pukara" - die Indianerfestung in Lasan. Diese auf einem zentralen Huegel, auf einer Seite unersteigbar, im Dorf gelegene aus Steinschichtungen erbaute grossraeumige Festung war fuer mich eine grosse Ueberraschung. Zuerst skeptisch, dann begeistert, verglich ich sie im Gespräch mit anderen Teilnehmern und Marketa im Verhaeltnis zum noch steinzeitlichen Kultur- und Technikniveau ihrer Erbauer, Atacameno-Indianern um 1000 n. Chr., mit den Festungen Tiryns und Mykenae in Griechenland. Die Weiterfahrt ging dann nach Calama, wo wir von dem kleinen "Alpenbus" in den groesseren Fernreisebus mit unserem nachgeführten Großgepäck umstiegen, da nun die Fahrt von Calama nach Antofagasta fast 4 Stunden in Anspruch nimmt. Unterwegs besichtigten wir eine alte, derzeit zu einem Industriedenkmal ausgebaute Salpetermine, und ihr noch gut erhaltenes Theater. In dieser Mine arbeiteten laut einer ausgestellten Liste um 1878 23 Oesterreicher und um 1910 sogar schon 230 unserer Landsleute, nicht viel besser als Sklaven gehalten. Antofagasta ist eine grosse Hafenstadt, ehemals Zentrum des Salpeterhandels, wir wohnen im Vierstern-Hotel Diego de Almagro, direkt am Strand, der Costanera. Ich habe ein fuer meine Verhaeltnisse unglaublich luxurioeses Doppelbettzimmer mit Blick auf das ruhig daliegende Meer. Weit draußen auf der Reede sehe zwei große Containerschiffe liegen, die sich leicht in einer kaum sichtbaren Dünung wiegen. Doch diese draußen unmerkliche Dünung wandelt sich in Ufernähe in schäumende, sich überschlagende donnernde Brecher, die bis weit auf den mit riesigen Steinblöcken befestigten Strand hinauflaufen.

20. März: Heute, Samstag, war der grosse Tag - wir fuhren ueber die Kuestenkordillere und dann im Tal zwischen ihr und der Salzkordillere nach dem Paranal. Eine ziemlich mittelmaessige Strasse, aber die sehr steile Abzweigung hinauf zum Berg war dann nahezu von Autobahnqualitaet. Auffällig waren die an besonders steilen Stellen und Kurven eingebauten bergseitigen Notauslässe mit Sandoberfläche und einem bremsenden Sandhaufen am Ende. Paranal ist, wenn man La Silla gesehen hat, das richtig gemuetlich ausschaut mit seinem organisch und vielleicht auch etwas chaotisch gewachsenem "Gewurl" von kleinen und grossen bis ganz grossen Teleskopen - man denkt dabei an eine Schar Kueken, behuetet von einer Henne und einem Hahn - so ist Cerro Paranal im Vergleich dazu ein Triumph eiskalter perfekt vorgeplanter Super-Technik, man könnte dabei sogar an ein mächtiges, den Himmel bedrohendes Schlachtschiff denken, welcher Eindruck vom Aussehen her gar nicht so weit hergeholt ist. Wir assen Mittag vor den Toren im Schatten des Betonmodells des ersten 8 m-Spiegels, dann besuchten wir den Ausstellungsraum, in dem ein wunderschoenes Modell der ganzen Anlage, fertig als Interferometer mit allen geplanten Haupt- und Nebenteleskopen und durch blinkende Dioden angezeigten Lichtlaufbahnen zur Interferometeranlage ausgestellt war. Dort erhielten wir auch jeder einen weissen Schutzhelm und eine Besucherplakette, ich war Nr. 110. Wenn man schon die 3,5- und 3,6 m-Geraete auf La Silla gesehen hat, so ist man von den gigantischen Ausmassen der 8 m-Geraete, wir besichtigten das Teleskop Kueyen, praktisch erschlagen, um so mehr als die Aussenmasse der Kuppeln kaum erahnen lassen, welche Giganten der Technik in ihnen stehen. Wenn man zum Beispiel das La Silla-3,6 m-Teleskop in seiner Kuppel noch als konventionelles Spiegelfernrohr erkennen kann, so ähneln die Paranal-Teleskope eher +optischen Gebäuden+, so riesig sind sie in ihren Abmessungen! Nach einer rund herum führenden Besichtigung des Teleskops mit dem angebauten Multi-Objekt-Glasfaser-Spektrografen konnten wir dann auch die in den Abhang mehrstöckig eingebauten Auswertungsräume mit ihren Computern und unzähligen Bildschirmen und Arbeitsplätzen besichtigen. Zum Abschluß durften wir auch einen Blick in das halb unterirdische, mit einer riesigen geodätischen Kuppel überdachte Erholungs- und Kulturzentrum werfen. Unter der Kuppel befindet sich ein üppiges grünes Tropenparadies mit einem großen nierenförmigen Schwimmbecken und Erholungsräumen, Kino, Bibliothek, Konzertsaal, Sport- und Fitnesscenter sowie Küchen und Speiseräume. Ich filmte natuerlich eifrig, fotografierte und stereoskopierte mit einer von Bernhard Dewath beigestellten Stereokamera, die er mir mit mehr oder minder sanfter Gewalt aufgedraengt hatte. Bei der Rueckfahrt stiegen 4 Teilnehmer schwer bepackt einige km nach Paranal aus, um mit einem mitgenommenen Teleskop dort unter dem Paranal-Himmel die ganze Nacht ueber selber zu beobachten. Sie werden dann morgen wieder abgeholt. Rueckkehr nach Antofagasta, morgen, Sonntag haben wir einen freien Tag in Antofagasta, in dem wir die Stadt besichtigen koennen. Am Montag, 22. Maerz, erfolgt der Abflug der Teilnehmer zurueck nach Santiago, von wo sie den Heimflug antreten - NUR ICH NICHT!!!!! Ich fahre am selben Tag zurueck nach San Pedro de Atacama, um waehrend meines dortigen Aufenthaltes vom 22. bis zum 26. den Monturaqui-Impaktkrater aufzusuchen, den einzigen bekannten in Chile, und noch weitere Attraktionen zu geniessen. 26. zurueck naxh Antofagasta, 27. fliege ich nach Santiago, 28. fliege ich ueber Frankfurt heim.

21. März: Heute in Antofagasta war unser freier Tag. Ich bin in der Frueh spazieren gegangen, am Ufer entlang, dort gibt es beeindruckende Brecher an die Kaimauern. Dann besichtigte ich den Alten Hafen mit vielen Fischerbooten und den Fischmarkt, auf dem ich unzaehlige Fischarten und Muscheln ausgestellt sah - der Geruch war auch entsprechend. Dort an der Kaimauer trieben sich einige fette Seelöwen herum, die eifrig um Fischabfaelle betteln. Am Rueckweg sah ich mir den alten Bahnhof mit dort ausgestellten Lokomotiven an. Wieder im Hotel, legte ich mich aufs Bett und sah etwas fern, es gibt ca. 70 Fernsehprogramme, darunter viele Treickserien. Um 13 Uhr war ich mit Marketa, unserer Fuehrerin, verabredet zu einem Mittagessen - als Dank dafuer, dass sie mir so viel erklaert hat sowie vor allem wegen ihrer Hilfe bei der Organisation meiner Reiseverlängerung und der zusätzlichen Autobusfahrten von Antofagasta nach San Pedro und wieder zurueck. Ich fuehlte mich wie bei meinem ersten Rendezvous mit Hilde, es war ja das erste Mal seit gut 40 Jahren, dass ich statt mit Hilde mit einer anderen erwachsenen Frau eine Zusammenkunft hatte - und noch dazu mit einer so huebschen. Zu allem stellte sich nach naeherem Kennenlernen heraus, sie heisst mit Familiennamen Kruckova und stammt aus Olmuetz. Sie kam vor 5 Jahren nach Chile und sie beherrscht 5 Sprachen (Tschechisch, Deutsch, Spanisch, Englisch und Neugriechisch) und hat auch etwas Archaeologie (bezogen auf Chile) studiert. Ihre Eltern leben noch in Tschechien, ich liess mir die Adresse geben und werde ihnen dann von ihrer so fernen Tochter einen Gruss schicken. Das war wirklich ein komisches Zusammentreffen - wie schon immer gesagt, "die Welt ist ein Dorf". Das Essen war ein grosser Erfolg, vor allem von der Folklore her, denn wir fuhren landes- und stadttypisch mit einem "Collectivo", einem Massentaxi, zum Club de Yates (Yachtklub). Dort ist das beste Fischrestaurant von Antofagasta. Marketa bestellte nach Rueckfrage mit mir diverse Vorspeisen, ein winziges Schuesselchen mit einem Maisauflauf, dann eine groessere Portion roher Fischstueckchen, Ceviche, als Vorspeise, den wir mit Zitronensaft betraeufelten (Zitronen aus dem Norden Chiles, winzig wie Zwetschken, aber herrlich aromatisch). Vorher natuerlich der landesuebliche Pisco sour, dann einigten wir uns auf eine Flasche Weisswein und Lachssteaks mit Beilagen. So erlebte und genoß ich in Gesellschaft einer netten Frau den richtigen Ablauf, man kann auch sagen, Zeremonie, eines chilenischen Essens zu zweit. Den Abschluss bildete bei mir ein Espresso, dann standen wir beide etwas "benebelt" auf und machten uns, wieder mit dem Collectivo, auf den Heimweg. Es war gemuetlich, persoenlich und intim, ich recht aufgekratzt, die Bedienung aufmerksam und freundlich, und auch Marketa scheint sich recht wohl gefuehlt zu haben. Morgen werde ich mit ihr im Bus nach San Pedro zurueckfahren, wo sie wohnt und ihren Standort als Guide hat. Beim Essen gab sie mir schon den Vormittags besorgten Busfahrschein Antofagasta-San Pedro. 22. März: Ich fahre in der Früh mit dem Autobus noch gemeinsam mit der Reisegruppe zum Flughafen. Unterwegs machen wir einen kurzen Halt bei dem Wahrzeichen von Antofagasta, der +Portada+; einem von hohen Brechern umschäumten imposanten Felsentor im Meer vor der Küste. Am Flughafen verabschiede ich mich von meinen Reisegefährten, denn ich fahre anschließend gemeinsam mit Marketa in die Stadt zum Busterminal, wo sie unsere gemeinsamen Fahrkarten besorgen wird, und dann mit ihr im TUR-Bus wieder zurück nach San Pedro. Da es nur wenige Eisenbahnstrecken mit Personenverkehr gibt, ist der öffentliche Busverkehr in Chile außerordentlich gut organisiert, und es gibt auf diesem Gebiet viele private Anbieter, zB. TUR, Pullman, Tramaca usw. Die Fahrtpreise sind im Vergleich zu Österreich unglaublich niedrig, die Fahrt Antofagasta-Calama kostet im TUR-Bus nur 2500 Pesos, das sind weniger als 5 Euro fuer eine 3 1/2-stuendige Fahrt ueber 220 km. Die 1 1/2 stündige Fahrt von Calama nach San Pedro kommt fuer ca. 120 km auf 1500 Pesos, das sind 3 Euro - Unglaublich! Der Fahrpreis San Pedro-Antofagasta über 350 km nonstop beträgt 3800 Pesos. Die Bus-Terminale in den Orten sind übers Internet vernetzt und so sind die Fahrkarten zugleich Platzkarten, man hat einen nummerierten Sitz, jeder Bus fährt mit Chauffeur und einem Schaffner, die Schaffner kontrollieren an Hand von Computerausdrucken die Fahrkarten und Fahrgäste und kümmern sich um das Fernsehprogramm. Das Gepäck bekommt einen nummerierten Anhänger oder Kleber, man selbst einen nummerierten Gepäckzettel, den man ja nicht verlieren sollte! Zusätzlich sind die Busse der Klasse +Semi-Cama+ im Vergleich zu unseren extrem bequem eingerichtet, klimatisiert, 8o cm Sitzabstand, Liegesitze mit ausklappbaren Fussstuetzen, Fernsehen waehrend der Fahrt, ueber jedem Sitz Kopfhoerer fuer den Filmton. Von Antofagasta nach Calama wurden wir mit: +Wirbelsturmkatastrophen+, +Tierkindern+, +Carnosaurier-Palaeontologie in Patagonien+ unterhalten, waehrend der kürzeren Fahrt nach San Pedro sah ich den Spielfilm +U 571+. In Calama mußte ich mich leider von meiner attraktiven Reisegefährtin trennen, da Marketa Freunde in der Stadt besuchen wollte. Ich fuhr allein weiter durch die immer wüstenhafter werdende bergige Landschaft in Richtung der langsam am Horizont auftauchenden Andenkette. Gut in San Pedro angekommen, mein Hotel ist wieder die bewährte +Casa Don Tomas+, die Reception war schon informiert und hatte auch die von Marketa reklamierten noch fehlenden Voucher meiner zusaetzlichen Hotelaufenthalte in San Pedro, Antofagasta und Santiago als Faxe schon bereit - ich wuesste nicht, was ich ohne diesen Engel angefangen haette!!!

23. März: Heute Morgen nach dem Frühstück bin ich in den Ort gegangen, um mit Alain Maury den morgigen Trip zum Monturaqui-Krater zu fixieren. San Pedro hat eine sehr hübsche und gepflegte grüne zentrale Plaza, umgeben von den diversen Amtsgebäuden, Rathaus, Carabineri, eine fahrbare Wechselstube der Staatsbank mit Satellitenschüssel, Rotes Kreuz, Post, Wechselstuben, Internetlokalen, Andenkenläden, einer gedeckten +Einkaufsmeile+ und der Kirche. Die strahlend weiß getünchte Kirche, in Adobebauweise mit Lehmdach und einem Dachstuhl aus Kakteenholz errichtet, ist ein wichtiges Baudenkmal und stammt aus dem 17. Jahrhundert. Alain hat in der Caracoles ein eigenes Reisebuero, sehr nett eingerichtet, mit einem hohen, kuehlen Schilfdach und fünf mietbaren Internetanschluessen, an deren einem ich gerade sitze. Es gibt überhaupt in San Pedro fast an jeder zweiten Ecke ein Internetlokal, auch die Restaurants haben größtenteils Web- Anschlüsse für ihre Gäste. Alain wird mich also morgen um 9.00 Uhr vom Hotel abholen und wir werden um zirka 18 Uhr wieder zurueckkommen. Dann "kleine" Pause und um 23.30 holt mich Al vom Hotel ab zum Beobachten bis 6.00 Uhr frueh - Hurraaa!! Er ist ein netter Typ und kann sogar ein bisschen Deutsch, so dass wir uns in einem Gemisch von Deutsch und Englisch verstaendigen koennen.

24. März: Heute war der grosse Tag meiner Expedition zum Monturaqui-Impaktkrater, der weitab von allen befahrenen Straßen in unwegsamem Berg- und Hügelland südlich der Salar de Atacama liegt. Um 9 Uhr holte mich Alain Maury, der Besitzer und Betreiber der oertlichen oeffentlichen Sternwarte, der auch ein Exkursions- und Reisebuero betreibt, vom Hotel ab. Nachdem wir Getränke und Proviant besorgt hatten, fuhren wir mit einem gemieteten maechtigen Chevrolet 4x4 in hohem Tempo nach Sueden, entlang der Salar de Atacama auf unserer rechten Seite, links begleitet von der unfassbar imponierenden Kette der sich unaufhoerlich aneinander reihenden Fünf- und Sechstausender, darunter viele alte Bekannte von der Altiplano-Exkursion - Licancabur, der rauchende Lascar, Menigues, Incahuasi und andere. Eine Weile fuhren wir noch auf asphaltierten Strassen, dann kamen wir auf Schottertrassen, die auf Grund ihrer guten Bauart jedoch ein hohes Tempo erlaubten. Wir waren schon weit, weit im Sueden, ca. 200 km suedlich von San Pedro, konnten schon gut den schneebedeckten, fast 7000 m hohen Vulkan Llullallaico und den schwarzen Doppelgipfel des näheren Tambillo sehen, als wir uns einer unseren Weg kreuzenden neuen Hochspannungstrasse naeherten. Alain holte nun den GPS hervor und wir fuhren dann auf den diversen Transportwegen und Begleittrassen der Hochspannungsleitung weiter suedwestlich. Mehrmals wurden wir von den Zufuhrwegen zu den Mastbaustellen in die Irre gefuehrt, aber wir konnten uns mit Hilfe des GPS immer in der allgemeinen Richtung orientieren. Bald war es Zeit, die gebahnten Wege zu verlassen und nun begann das eigentliche Abenteuer, auf spaerlichen, kaum sichtbaren Fahrspuren vielleicht frueherer Abenteurer fuhren wir nun laengere Zeit querfeldein, mussten mehrere trockene Bachbetten kreuzen, Steine aus dem Weg raeumen, wenn sie zu hoch lagen und Löcher ausfüllen. Aber unser braver Chevrolet schaffte alle Huerden bzw. Steine, Gruben, Querrillen und Bachbetten, obwohl wir einmal sehr unangenehm hart aufsetzten. Danach musste Alain kontrollieren, ob kein Schaden an Oelwanne oder den Differentialen aufgetreten ist - in unserem Fall in dem unwegsamen Gelaende, weitab von aller Hilfe (OEAMTC, ARBOE...) waere das eine Katastrophe gewesen. Dann nahmen wir ueber Stock und Stein einen kleinen Huegel und ploetzlich lag ein imponierend weites Rund vor uns, mit teilweise steil abfallenden Haengen, in der Mitte von einer kleinen weissen Seeablageung geschmueckt. Im Hintergrund im Sueden ueberragte der maechtige, doppelgipflige Vulkan Tambillo als ein Merkzeichen diesen bisher einzigen, etwa 100.000 Jahre alten Impaktkrater Chiles. Die Steigung war ein Teil des erhoehten Randwalles gewesen und wir blieben nun knapp am Rande stehen. Geschafft! Erleichtert stiegen wir aus und warfen einen ersten Blick in den nun vor uns liegenden Krater. Wieder war ich von der allgemeinen Maechtigkeit des Eindruckes gefangen genommen, genau wie 1999 in Südafrika beim ersten Anblick des Tswaing-Kraters. Der Impaktkrater, vor dem ich hier stand, dieses nach kosmischen Maßstäben winzige, nach Menschenmaßstäben aber riesige Rund, 400 m Durchmesser, bis zu 40 m tief, war als sogenannter kleiner, schuesselfoermiger Krater, visuell und geistig im Ganzen erfaßbar, um so viel besser als die Wunde eines kosmischen Einschlags in der Erdkruste vorstellbar als viele beruehmtere und groessere Objekte, wie zum Beispiel das Nördlinger Ries, Lappajärvi und erst recht Vredefort!. Nachdem ich mich satt gesehen hatte, bat ich Alain, in den Krater hinunterzugehen, um einen Groessenvergleich fuer den Film und die Fotos zu bekommen. Es war wirklich verblueffend, wie winzig das eine Menschlein in der Mitte des Kraters aussah, obwohl es ja nur 40 m in der Tiefe und knapp 200 m in der Weite entfernt war. So kann man sich viel besser die für die Umgebung in viele Kilometer weitem Umkreis katastrophale Wirkung des Einschlags vorstellen, der eine Energie von schaetzungsweise 10 Megatonnen TNT entwickelte, wobei der kosmische Körper nach den aufgefundenen Spuren ein Eisenmeteorit von nur etwa 25 m Durchmesser war. Nach vielem Fotografieren und Filmen begannen wir beide nach Meteoritenresten, Iron shales und Impaktiten zu suchen, Alain mit einem Suchgerät, ich mit den Augen. Leider ohne viel Erfolg, ausser Granit-, Tuff- und vulkanischen Deckgesteinstruemmern, die den Boden des Einschlagsortes bildeten, konnten wir nichts finden. Die Rueckfahrt verlief dank des GPS und der schon von uns gebahnten Spuren flotter und stoerungsfrei. Programmgemäß kamen wir um ca. 18 Uhr bei Alains Haus an, das er mit seiner chilenischen Gattin und seinem Sohn bewohnt. Es liegt etwa 5 km südlich von San Pedro, vor dem Licht des Ortes geschützt und ist nach der örtlichen Gegebenheiten ebenerdig in Adobebauweise, mit Schilfdach und mit einem nach oben offenen runden Innenhof erbaut. Den Innenhof umgeben die einzelnen Wohnräume, darunter befindet sich ein wunderschoenes Badezimmer mit versenkter Wanne. Von einer gemütlichen Terrasse, wo wir eine Erfrischung zu uns nahmen, hat man einen herrlichen Blick auf den +Hausberg+ von San Pedro, den herrlichen Sechstausender Licancabur. Auf meine Bitte trug er mit meiner Hilfe sein Instrumentarium auf die weite Flächen vor seinem Haus, wo er die öffentlichen Sternfuehrungen abhaelt, damit ich es filmen und fotografieren kann. Er hat einen 120er- Apochromaten auf einer Atlux-Montierung, ein Meade LX 200 10" sowie einen 33 cm-Dobson, die alle bei den Fuehrungen Verwendung finden. Am Abend zeigt er in der Stadt vor seinem Reisebuero mit dem LX 200 den interessierten Passanten Himmelsobjekte, auch als Werbung fuer seine Sternwarte gedacht. Ab Mitternacht koennen die Geraete beim Haus bis in die Frueh einzeln gemietet werden. Selbstverstaendlich gibt es auch die ganze Nacht hindurch einen Dauerimbiss, fur Leute, die eine Staerkung brauchen. Das Wetter und die Durchsicht sind, natuerlich abhaengig von der Jahreszeit, meist von hervorragender Guete, ähnlich den Verhältnissen in Namibia. 23.30 Uhr - Alain kommt mit dem Wagen vorgefahren, um mich zum Beobachten abzuholen, aber ich kneife, ich bin nach dem anstrengenden Monturaqui-Trip einfach zu müde und zu abgestumpft. Alain ist etwas pikiert, aber er meint dann auch, er sei auch sehr müde - kein Wunder bei der langen Wüsten- und Geländefahrt. Wir verabschieden uns und ich mache mit ihm für morgen vormittag einen Besuch im Reisebüro aus, um zu bezahlen.

25. März: Ich gehe zu Alain in den Ort, von der Casa Don Tomas durch die Tocopilla und Antofagasta zur Plaza, wo ich in zwei Internetläden testhalber je 100 Euro wechsle. Ich bekomme im ersten für 100 Euro 67.500 Pesos, im zweiten 65.500 Pesos, also eine Differenz von 4 Euro. Ich gehe dann zur Caracoles, die sozusagen die +Mariahilferstraße+ von San Pedro ist. Hier hat Alain sein Reisebüro. Da er noch nicht da ist, setze ich mich an den Computer und fange an, e-mails zu schreiben. Schließlich taucht Alain auf und wir fangen an, abzurechnen. Die Tages-Miete des Geländewagens macht 40.000 Pesos aus, das Benzin 26.000 Pesos und seine Begleitung und Führung bewertet er mit 60.000 Pesos. Schließlich einigen wir uns auf die glatte Summe von 120.000 Pesos, also ungefähr 200 Euro. Seiner Frau schenke ich als Andenken ein Päckchen Rooiboos-Tee aus Südafrika, was sie mit einer erfreuten Umarmung quittiert. Am Abend Abschied von Marketa, wir treffen uns um 20 Uhr im Restaurant +Encanto+ in der Caracoles. Da sie am nächsten Tag eine Führung zu den Tatio-Geysern hat und deshalb schon um 3 Uhr aufstehen muß, müssen wir es leider kurz machen. Ich überreiche ihr als Abschiedsgeschenk einen blauen Alpaca-Schal und ein Paar silberne Lapislazuli-Ohrklips. Wir trinken noch zusammen einen Pisco sour, küssen und umarmen uns, dann steigt sie auf ihr Fahrrad und entschwindet so wohl für immer aus meinem Leben.Wir versprechen uns aber, per e-mail in Verbindung zu bleiben.

26. März: Fahrt mit dem TUR-Bus nach Antofagasta. Kurzer Aufenthalt in Calama. Während der Fahrt in dem weiten Tal, in dem die Straße nach Antofagasta verläuft und eine Schmalspur-Bahnlinie, konnte ich mehrere Schwefel-Tagbaue sehen. Hier wird der Schwefel einfach aufgebaggert und verladen. Auf der Bahnlinie verkehren in erster Linie lange Züge mit Schwefelsäure-Kesselwaggons für die Kupfergewinnung. Was mir hier besonders auffiel, waren auf viele Kilometer die Straße begleitende mäandernde Flußläufe mit oft meterhohen Steilufern und einem gelben Schwefelgerinne (!) in der Mitte. Anscheinend hat es hier vor Millionen Jahren während einer extremen vulkanischen Phase ganze Flüsse von Schwefel gegeben, die wie Wasser ihre Betten ausgewaschen, vertieft haben und dann erstarrt sind. Mit dem Taxi vom Bus-Terminal zum Hotel. Am späten Nachmittag bummle ich in die Stadt, vorbei am Ufer, vorbei am Club de Yates seligen Angedenkens, zur palmenreichen zentralen Plaza Colon mit Denkmälern, Springbrunnen und dem Modell von Londons Uhrturm +Big Ben+, der 1910 von der englischen Kolonie Antofagastas gestiftet wurde.

27. März: Fahrt mit dem Taxi zum Flughafen Antofagasta. Ich checke mein Gepäck ein und sage der Angestellten dabei: +Por favor! Ventana izquierda!+ (Bitte Fensterplatz links), und ernte ein Lächeln. Da es noch sehr früh ist, setze ich mich in die Lounge, die ich mit meiner Diners Club-Karte benützen kann, lasse mir ein Glas Mineralwasser geben und klinke mich ins Internet ein, um meine Reiseberichte zu ergänzen. Schöner Flug entlang der Anden mit Airbus A 320 der LAN-Expreß, kalter Imbiß und Getränke trotz der relativ kurzen Flugstrecke. Ankunft in Santiago, mit Taxi zum Hotel Fundador wie gehabt. Am späten Nachmittag gehe ich wieder in die Stadt, durch die um diese Zeit sehr belebte Fußgängerzone an der Alameda vorbei zur Plaza de Armas. Hier hat sich bei der Kirche eine Art Floh- und Künstlermarkt etabliert. An einer Anzahl von Ständen werden Ölgemälde verschiedenster Sujets und Qualität angeboten, es gibt Schnellmaler, Porträtisten, auf Sesseln sitzt eine Reihe von Tarot-Wahrsagern, Männer und Frauen bunt gemischt, hier einige junge Leute, die mit einfachen Spraydosen, ähnlich wie mit Luftpinseln, und viel Geschick atemberaubend realistische Landschaften von interstellaren Phantasiewelten mit Monden, Sonnen, Sternen, beringten Planeten und Kometen produzieren. Ich bedauerte es sehr, keine Möglichkeit zu haben, einige dieser hervorragenden Fantasiebilder erwerben und transportieren zu können. In einer Ecke des Platzes stehen nach Beginn der Dämmerung sogar Fernrohre, mit denen die Besitzer gegen Entgelt die Passanten einen Blick auf den gerade in halber Phase stehenden Mond werfen lassen. Bei den Teleskopen handelt es sich um 2+-Refraktoren und einen 3+-Newton, sogenannte +Kaufhausfernrohre+, auf der bekannt wackligen Montierung, die mit mächtigen, schwarz lackierten Pappröhren eindrucksvoll auf die doppelte Dicke und Länge aufgemöbelt wurden. Bei einigen Instrumenten hängt am Stativ ein Plakat mit Daten über den Mond, zu meinem Erstaunen ist alles astronomisch korrekt angegeben. Das Geschäft geht nicht schlecht, immer wieder wirft jemand einen Blick durch eines der Instrumente.

28. und 29. März: Mit dem Taxi wieder zum Flughafen Santiago. Beim Einchecken bekomme ich eine VIP-Karte, die mich zur Benützung der großen und sehr vornehmen Lounge berechtigt. Hier läßt es sich eine Weile aushalten. Ich trinke Kaffee, Orangensaft, knabbere Gebäck und blättere in den aufliegenden Zeitschriften. Boarding time: Ich begebe mich nach links zu meinem Platz 6 D in dem ebenfalls funkelnagelneuen Lufthansa-Airbus A 340-600, der mich in gut 16stündigem Flug über einen Zwischenhalt in Buenos Aires über Nacht nach Frankfurt bringen wird. Dann geht es am nächsten Tag weiter mit der AUA nach Wien, heimwärts. Und damit wären die vielen schönen Tage in Chile und auch mein Reisebericht zu Ende!