Deepsky am Stadtrand: Planetarische Nebel

Wien 21, 17. 09. 2004

20040917wvo21.html

Beobachter:Wolfgang Vollmann
Datum:17. 09. 2004
Zeit:21.00 bis 01.00 MESZ
Ort:Wien 21
Instrument:Refraktor 130/1040mm (Astrophysics 130EDT)
Bedingungen:

Durchsicht:gut (2)
Seeing:gut (2)
Freis. vis. Grenzgroesse:5.0

Bericht:

Kleine Planetarische Nebel sind eine Klasse von Beobachtungsobjekten, die auch unter Stadtrandbedingungen noch gut beobachtbar sind. Diese Nebel haben (sehr) hohe Flächenhelligkeiten und werden durch den aufgehellten Himmel nicht sehr beeinträchtigt. Sie "vertragen" auch hohe Vergrösserungen, ähnlich wie in der Planetenbeobachtung (da passt der Name "Planetarischer Nebel" einmal gut!). Hohe Vergrösserungen sind besonders an kleineren Fernrohren sehr wirksam zur Erkennung von Einzelheiten: für das menschliche Auge braucht ein Objekt einfach eine bestimmte Winkelgrösse, damit es gut wahrnehmbar wird. Dieser "Trick" wurde vom amerikanischen Deepsky Beobachter Roger N. Clark beschrieben, besonders in seinem Buch "Visual Astronomy of the Deep Sky". Siehe auch folgende Seite: http://clarkvision.com/visastro/omva1/.

Ab 21h00 MESZ beobachtete ich heute: als erstes Objekt war NGC 6572 im Schlangenträger dran. Bei 43x erschien der PN (Planetarischer Nebel) sternförmig und hell. Bei einer Vergrösserung von 208x war er ganz eindeutig ein kleines sehr helles Scheibchen und kein Stern. Mit 3x Barlowlinse und 6mm Ortho-Okular erreiche ich 520x. Bei dieser Vergrösserung war der PN gut zu fokussieren mit einem etwas schwächeren Stern, der ein knappes Gesichtsfeld folgt (nur 5' Feld...). Das Seeing ist heute nicht so berühmt; in den besseren Momenten erscheint der PN als etwa 10" grosse Scheibe, rund und ohne deutlich auszumachendes Detail. Insbesondere kann ich keinen Zentralstern erkennen.

Noch höher am Himmel stand NGC 6210 im Herkules. Der erschien schon bei 43x auffallend grösser als ein Stern und nebelig. 208x zeigte ein sehr deutliches Scheibchen mit einer schwächeren kleinen Hülle herum. Das meiste Detail zeigte bei längerer Beobachtung 520x: der PN ist etwas elliptisch, ca. 15x20" gross und länglich im Positionswinkel (PW) 75°. Der Zentralstern taucht immer wieder auf und ist in guten Momenten mit ruhigerer Luft eindeutig zu erkennen und kein Grenzobjekt mehr. Im Nebel tauchen auch immer wieder hellere Stellen auf, vor allem nördlich und südlich des Zentralsterns.

Nicht unbedingt klein ist der PN M 27 im Füchschen. Er ist aber so hell, dass er auch im 7x50 Sucher bereits gut erkennbar ist! Ich beobachtete ihn in der letzten Zeit mehrmals. Auch heute bietet 208x das beste Bild: der Nebel hat die Form eines "angebissenen Apfels" und der Nebel ist strukturiert mit unregelmässiger Helligkeitsverteilung. Der Bogen am Nordrand ist auffallend, der am Südrand weniger. Dafür gibt es im Südteil eine deutlich hellere Stelle, etwas vorangehend vom Zentrum. Wie schon mehrmals kann ich den Zentralstern in den Momenten besseren Seeings eindeutig erkennen: ich bin nun vollkommen davon überzeugt, dass die Beobachtung real ist, da sie mir nun schon mehrmals gelungen ist. Nicht schlecht wenn ich bedenke dass mir die erste Sichtung mit einem 12" Dobson am ITT 1998 auf der Emberger Alm gelungen ist! Ein weiterer Stern im Nebel ist sogar noch heller als der Zentralstern: er steht nördlich und vorangehend des Zentrums. Immer wieder blinken auch einige weitere Sternchen im Nebel auf; ich kann sie aber nicht halten oder den Ort genau definieren, also spielt mir da schon die Wahrnehmung Streiche...

Schon vor einigen Tagen beobachtete ich IC 5217 in der Eidechse. Dieser PN erscheint bei 115x noch fast stellar. Er zeigt aber einen deutlichen "UHC-Blinkeffekt", wenn ich ihn mit und ohne UHC Filter vor dem Okular rasch hintereinander beobachte. Da der UHC-Filter hauptsächlich das Licht der OIII und der Hβ Linie durchlässt, erscheint der PN mit und ohne Filter etwa gleich hell. Sterne die in allen Spektralbereichen strahlen, sind mit Filter deutlich schwächer. Dieser Blink-Effekt kann auch vollkommen sternförmig erscheinende PN eindeutig im Sternfeld identifizieren helfen. 260x zeigt den PN eindeutig flächig, noch besser als aber wieder 520x. Der PN erscheint als kleiner heller Nebel mit vielleicht 5 Bogensekunden Durchmesser. Er ist recht rund, zeigt keinen Zentralstern und wird nach aussen langsam schwächer, ist aber gut begrenzt (kein verwaschener Rand).

Natürlich durfte bei den Beobachtungen auch der Ringnebel M 57 in der Leier nicht fehlen! Er zeigt schon bei 43x deutlich sein "Rauchringerl". Als beste Vergrösserung für Einzelheiten stellte sich aber 260x heraus: der Ring ist dann sehr deutlich elliptisch, genauer etwa in "Zitronenform" mit spitzeren Enden. Die Ellipse erscheint länglich in PW 60 Grad etwa. Das Innere des Rings erscheint eine Spur heller als der Himmel rundherum. Vom Zentralstern kann ich nichts erkennen -- der war auch im 18" Dobson nicht immer leicht! Interessant waren die Helligkeitsabstufungen im Ring: das nördliche Segment auf der Schmalseite am Aussenrand war eindeutig heller zu sehen. Auch auf der Südseite erscheint der Ring aussen ein wenig aufgehellt. Mit der genauen Karte des Ringnebels kann ich den folgenden Stern 13,0mag sehr leicht und den mit 14,1mag südlich-folgend durchaus und öfters erkennen. Das ist ein Ergebnis, das ich nun schon häufig erzielt habe, der 130mm Refraktor reicht unter diesen Bedingungen -- freisichtige Grenzgrösse 5,0mag -- bei hohen Vergrösserungen (200-260x) bis etwa 14,0 bis 14,5mag.
Artikel: http://c3po.cochise.cc.az.us/astro/deepsky02.htm und Karte: http://c3po.cochise.cc.az.us/astro/images/M57!dss2_3.jpg.

Ein schwieriges Objekt ist NGC 6803 im Adler. Bei 115x ist der PN vollkommen stellar, ich kann ihn aber mit dem UHC-Blink identifizieren. 208x zeigt ihn eben flächig, aber besser ist 520x: ein helleres Zentrum ist zu sehen mit einer wenige Bogensekunden durchmessenden Nebelhülle herum.

Viel grösser ist sein Nachbar NGC 6804 im Adler. Bei 43x ist der Nebel angedeutet, bei 115x gut sichtbar, das meiste Detail zeigt aber 208x. Am Ostrand "pickt" ein hellerer Stern am Nebelrand. Sehr schwach und sehr schwierig ist auch der Zentralstern sichtbar. Sehr undeutlich aber immer wieder angedeutet ist eine Art Ringform bzw. hellere Bogenstücke: der Nebel erscheint im Zentrum etwas dunkler als am Rand. Diese Einzelheiten konnte ich an zwei verschiedenen Beobachtungsabenden erkennen, sie scheinen also real zu sein.

Nahe dem Pol der Ekliptik befindet sich NGC 6543 im Drachen. 43x zeigt einen eben von Sternen unterscheidbaren etwas grösseren hellen Nebelstern. Am besten ist wieder 520x: der Zentralstern ist schwach, leuchtet aber immer wieder in der Mitte des Nebels auf -- eindeutig sichtbar! Der ganze Nebel ist elliptisch, ca. 30x20 Bogensekunden etwa, länglich in PW 30° etwa. Sehr zart angedeutet gibt es im Nebel helle Strukturen: wie eine unterbrochene Ringform bzw. Bogenstücke gibt es hellere Bereiche: ein Bogenstück folgt dem Zentralstern und geht nach Süden etwas hinaus, das andere ist vorangehend und windet sich nach Norden etwas hinaus. Ein wenig erinnern mich diese Strukturen an die Spiralarme einer Spiralgalaxie!

Recht unbekannt aber leicht sichtbar ist PK 64+5.1 = Campbells Hydrogen-Star (Campbells Wasserstoffstern) im Schwan. Ort 2000.0: 19h34,76m +30°30,6'. Er ist bei 115x leicht sichtbar, aber vollkommen sternartig. Bei 208x beginnt er ein wenig grösseren Durchmesser als ein Stern zu zeigen, aber erst 520x lässt deutlich die Natur als PN erkennen! Bei dieser Vergrösserung ist der dominierende Zentralstern sichtbar, der von einer Nebelhülle umgeben ist. Sie hat insgesamt nur etwa 5 Bogensekunden Durchmesser. Eine genaue Karte war zum Aufsuchen unerlässlich.

Eine kleine Überraschung bei hoher Vergrösserung war auch NGC 7027 im Schwan. Er ist bei 115x nicht mehr sternförmig, aber auch hier ist 520x sehr interessant: dieser PN erscheint mit zwei Nebelkernen, fast wie ein bipolarer Nebel! Der hellere Teil ist nördlich-vorangehend. Deutlich kleiner und schwächer ist südlich-folgend eine zweite runde Nebelkondensation zu erkennen. Im helleren Teil blinkt eine sternartige Verdichtung auf und ist eindeutig sichtbar -- fast wie ein Zentralstern! Der hat aber laut Katalog 16.Grösse und ist sicher nicht erkennbar.

Die Beobachtungen ab IC 5217 wurden in der letzten Schönwetterperiode ab 5.Sept. gemacht. Sie zeigen gut, was am Stadtrand mit einer freisichtigen Grenzgrösse von 5,0mag in guten Nächten möglich ist. Mein Beobachtungsort liegt etwa zwischen den Bedingungen nahe der Stadtmitte von Wien (z.B. Wiener Urania Sternwarte, freisichtige Grenzgrösse in guten Nächten 3,5 bis bestenfalls 4,0mag) und einem guten Landhimmel wie in Payerbach/NÖ (in guten Nächten bis 6,5mag).

Noch mehr über Planetarische Nebel findet man hier: http://www.blackskies.com/