Quasare und eine Mini-Kassiopeia im Drachen

Wien 21, 17. 10. 2004

20041017wvo19.html

Beobachter:Wolfgang Vollmann
Datum:17. 10. 2004
Zeit:19.00 bis 21.00 MESZ
Ort:Wien 21
Instrument:Refraktor 130/1040mm
Bedingungen:

Durchsicht:sehr gut (1)
Aufhellung:ausreichend (3)
Freis. vis. Grenzgroesse:5.5

Bericht:

Sonntag Abend wurde es überraschend klar und der Himmel war nach dem Regen sehr durchsichtig -- "frisch gewaschen" eben. Mit freiem Auge war die Milchstrassen-Sternwolke im Schwan zwischen Beta und Gamma Cygni durchaus erkennbar und der schwächste erkennbare Stern im Kleinen Wagen 5.5mag hell -- nicht schlecht für meinen Balkon am Stadtrand von Wien! Daher beobachtete ich bis ab 20 Uhr 30 immer dichtere Wolken aufzogen und die Beobachtung beendeten.

Vor einiger Zeit hat Klaus Wenzel auf der deutschen Deepsky-Mailingliste den Quasar PGC 61965 zur Beobachtung mit kleineren Fernrohren empfohlen und einen Vergleich von zwei Aufnahmen aus dem POSS mit deutlich unterschiedlicher Helligkeit mitgeschickt. Nach mehreren vergeblichen Anläufen ist mir nun die Beobachtung mit meinem Fünfzöller geglückt: am 17.Okt. konnte ich den Stern 14.1mag südlich des Quasars blickweise erkennen und auch den Quasar als sternförmiges Objekt. Ich schätzte die Helligkeit auf 14.2mag. Simbad liefert zu diesem Objekt folgende Daten: http://simbad.u-strasbg.fr: QSO B1831+7310 -- Seyfert 1 Galaxy; Ort 18 30 23.15 +73 13 10.7 (2000.0)

Ganz in der Nähe von PGC 61965 (im Drachen) steht übrigens eine sehr hübsche Sternfigur: die "Mini-Kassiopeia". Bei 43-facher Vergrösserung passt sie gerade ins Gesichtsfeld und sieht der "grossen" Kassiopeia ziemlich ähnlich. Das "Mini-Himmels-W" ist aber höher und weniger breit als das Original. Dafür gibt es aber an fast der richtigen Stelle ein Pendant zu Eta Cas. Im Buch von Archinal und Hynes über die Sternhaufen ist das Objekt als "Kemble 2" am Ort 18h35.0m +72°23' (2000.0) verzeichnet. Die Mini-Kassiopeia im Drachen ist übrigens schon im 7x50 Sucher erkennbar und ein Objekt für klein(st)e Fernrohre!

Am selben Abend beobachtete ich auch wieder den Quasar 1ES 1959+650. Auch der war im Fünfzöller bei 208x wieder sehr schwer, aber ich bin sicher das Objekt zu sehen: es erscheint äusserst schwach und ich schätzte die Helligkeit auf 14.4mag. Die Sterne 2 (12.9mag) und 3 (13.2mag) waren im Fernrohr klar erkennbar, die Sterne 4 und 5 (beide 14.5mag) blinkten immer wieder auf. Die Sternnummern beziehen sich auf diese Karte: http://www.lsw.uni-heidelberg.de/projects/extragalactic/charts/1959+650.html. (Auch) bei diesem Objekt interessieren mich Vergleichsbeobachtungen sehr!

Bei einigermassen klarem Himmel reicht der Fünfzöller am Stadtrand von Wien bei hoher Vergrösserung bei Sternen und sternartig aussehenden Objekten (Quasare) immerhin bis etwa zu einer Grenzgrösse von 14.5mag. Das ist zwar nur mehr blickweise wahrnehmbar aber eindeutig zu erkennen. Meistens benütze ich jetzt 208x fache Vergrösserung mit einem 5mm Weitwinkel-Okular (Pentax XW). Über die Möglichkeiten und Grenzen der visuellen Beobachtung gibt es übrigens einen sehr interessanten Artikel: http://www.efn.org/~mbartels/aa/visual.html.

Meine Seite über Quasarbeobachtungen im Fünfzöller: http://members.eunet.at/vollmann/quasare.htm (Homepage http://members.eunet.at/vollmann).
Sternhaufen-Buch von Brent Archinal und Steven Hynes: Star Clusters, Verlag Willmann-Bell, 2004.
VdS Fachgruppe Deepsky mit Link zur Deepsky-Mailingliste: http://www.fachgruppe-deepsky.de/