Deep Sky!

Hohe Wand / NÖ, 1050 Meter Seehöhe, 15. 12. 2004

20041215wvo20.html

Beobachter:Wolfgang Vollmann
Datum:15. 12. 2004
Zeit:20.45 bis 22.45 MEZ
Ort:Hohe Wand / NÖ, 1050 Meter Seehöhe
Instrument:Freies Auge, Fernglas 16x70 auf Stativ
Bedingungen:

Durchsicht:sehr gut (1)
Aufhellung:sehr gut (1)
Freis. vis. Grenzgroesse:6.5
Temperatur:0 °C
Wind:kein

Bericht:

Am 11., 13. und 15.Dez. konnte ich bei exzellenten Bedingungen über der Hochnebeldecke beobachten. Ich kann mich nicht erinnern, schon einmal einen wesentlich besseren Himmel gesehen zu haben. Gut, ich war noch nie in Namibia, konnte aber schon ein paar mal in den Hochalpen auf 2700 Meter Seehöhe beobachten. Diesmal hat auf der Hohen Wand in NÖ auf 1050m Seehöhe nicht viel auf so einen Himmel gefehlt: Grenzgrösse 6,5mag und eine schwach mit freiem Auge sichtbare Dreiecksgalaxis M 33.

Unter solchen Bedingungen ist besonders die Milchstrasse mit freiem Auge ein Genuss! Der besondere Höhepunkt war für mich die erstmalige Beobachtung der Strasse nach Polaris. Das ist ein Dunkelband, das etwas nordöstlich von Zeta Cephei (ζ Cep) beginnt und sich dann über den Cepheus zwischen Beta und Gamma (β und γ Cep) bis fast an Polaris (α UMi) heranschlängelt. Es war weniger durch seine eigene Dunkelheit als durch das schwache Leuchten des Milchstrassengrundes daneben sichtbar. Ein einzigartiges Detail unserer Milchstrasse, ein Dunkelnebel, der bis Ursa Minor reicht! Die "Strasse nach Polaris" ist sowohl auf dem Bild von Cepheus im Sternbilderatlas von Credner/Kohle (http://www.allthesky.com/constellations/cepheus/constell.html) als auch auf der schönen Aufnahme von Jerry Lodriguss (http://www.astropix.com/HTML/WIDE/CONST01.HTM) zu sehen. Am besten finde ich sie sichtbar auf den Aufnahmen von Eckhard Slawik (Die Milchstrasse. Eine Panorama-Aufnahme unserer Galaxie. Spektrum Akademischer Verlag). Mich würden Hinweise zu weiteren Aufnahmen sehr interessieren!

Mit freiem Auge war die Milchstrasse fantastisch schön und reich strukturiert. Besonders bemerkenswert finde ich z.B. dass das schwache Hintergrundleuchten der Milchstrasse in solchen guten Nächten fast bis zur Andromeda-Galaxie M 31 heranreicht. Auch der Dunkelnebel um Tau Cassiopeiae (τ Cas) war deutlich als elliptischer Fleck erkennbar, ebenso die schlangenförmigen Dunkelbänder in der nördlichen Kassiopeia, die etwa bei Beta (β Cas) beginnen und zwischen Gamma und Kappa (γ und κ Cas) nach Osten ziehen. Diese Einzelheiten sind ebenfalls auf der oben erwähnten Aufnahme von Lodriguss deutlich sichtbar.

Mit freiem Auge und UHC- bzw. O III-Filter (die "Nebelfilterbrille") war für mich nicht nur der Rosetten-Nebel im Einhorn als schwaches Leuchten sichtbar -- das habe ich schon öfters sehen können. Ich konnte auch zum zweiten Mal Barnards Loop im Orion eindeutig mit freiem Auge sehen! Es war nicht nur der hellste Teil nordöstlich von M 78 erkennbar, sondern auch grössere Teile des Bogens nach Süden.

Im Fernglas 16x70 auf Stativ durchwanderte ich die Milchstrasse und bewunderte die Sehenswürdigkeiten: den Nordamerika-Nebel NGC 7000, der auch ohne Filter deutlich seine Gestalt inklusive Mexiko und Dunkelwolke Barnard 352 (B 352) im nördlichen Teil zeigte. Daneben sah ich den Pelikan-Nebel IC 5067-70; er zeigte ein rundes Nebelchen zwischen 56 und 57 Cygni und etwas nördlich davon und schwache Nebelschleier zwischen den beiden Sternen und südlich davon -- alles erstmals ohne Filter gesehen!

Begeistert hat mich eines meiner Lieblingsobjekte, der Offene Sternhaufen NGC 7789 in der Kassiopeia: das Fernglas zeigte nicht nur den üblichen Nebelfleck mit wenigen Lichtpünktchen, sondern löste den Sternhaufen in hundert(e) feine schwache Einzelsterne auf -- fantastisch schön!

Natürlich betrachtete ich auch die Andromeda-Galaxie M 31 im Fernglas: sie war über das volle Gesichtsfeld von 4 Grad lang zu sehen; auch mit freiem Auge war sie auffallend länglich. Mehrmals hinsehen musste ich am der Nordwestrand der Galaxie: es waren tatsächlich die beiden dunklen Staubstreifen der M 31 auf der Seite von M 110 (NGC 205) im Fernglas 16x70 sichtbar!

Für mich das erste Mal im Fernglas war auch die ganz leichte und eindeutige Sichtbarkeit des Merope-Nebels NGC 1435 in den Pleiaden M 45 im 16x70: fast auffallend hell zog der Nebel von Merope nach Süden und machte dann den charakteristischen Knick. Das zusammen mit den strahlenden Sternen des "Siebengestirns" war einfach schön!

Wirklich prächtig war auch die Gegend des Grossen Orionnebels M 42/43. Der Nebel war hell und deutlich grünlich, das Trapez zeigte selbst bei der nur 16-fachen Vergrösserung im Fernglas seine vier Sterne, der dunkle Finger des "Fischmauls" ragte von Osten in den Nebel, M 43 war schwach aber eindeutig erkennbar. Auf der Ostseite zieht ein Filament des Orionnebels nach Süden zu Iota Orionis (ι Ori): es war fast bis Iota zu verfolgen! Die Nebel um 42 und 45 Ori, NGC 1973-75-77 waren als elliptische Wolke fast hell zu sehen. Der sehr schwache Nebel um Iota Ori, NGC 1980 war eindeutig zu erkennen! Dann der wunderbare Sternhaufen des Orion-Gürtels, Collinder 70, mit mehr als 100 Sternen im Gesichtsfeld, der Flammen-Nebel NGC 2024, und vieles mehr.

Aufgrund von Hinweisen auf der amastro-Liste versuchte ich auch eine Beobachtung des Hexenkopf-Nebels IC 2118 westlich von Rigel (β Ori). Er war im 16x70 wirklich an zwei Abenden sichtbar, als formloses sehr schwach leuchtendes "Nebelriff", etwa 2 bis 2,5 Grad lang in Nord-Süd-Richtung und ein Grad breit in Ost-West-Richtung, etwas östlich von Psi Eridani (ψ Eri).

In diesen Nächten beobachtete ich noch viele weitere Sehenswürdigkeiten des Himmels, machte Skizzen und Notizen. Aber in Erinnerung wird mir bleiben, dass ich viele "Wunder des Weltalls" mit eigenen Augen sehen konnte. Die lange Fahrt auf den Berg hat sich gelohnt, und mein "Fernrohr-Graffl" ist mir auch nicht abgegangen, das freie Auge und das Fernglas waren vollkommen genug.