Fotonacht in Wien

Wien 12, 20. 12. 2004

20041220api18.html

Beobachter:Alexander Pikhard
Datum:20. 12. 2004
Zeit:18.30 bis 00.30 MEZ
Ort:Wien 12
Instrument:12" Meade LX200, Minolta Dimage Z1, Philips ToUCam Pro, StarlightXpress MX916
Bedingungen:
Durchsicht:sehr gut (1)
Aufhellung:gut (2)
Seeing:gut (2)
Freis. vis. Grenzgroesse:4.5
Temperatur:-4 °C
Wind:kein
Bemerkungen:Für Wiener Verhältnisse unglaublich klar!
Bericht:

Eigentlich hatte ich heute nur vor, einen Blick zum Kometen C/2004 Q2 Machholz zu werfen; doch es sollte anders kommen. Beruflich im 37. Stockwerk des Millennium-Tower unterwegs, fesselte mich die unglaubliche Fernsicht. Der Schneeberg zum Greifen nahe, so dass man fast hinüberspringen wollte. Es würde also eine recht gute Beobachtungsnacht werden.

Das helle Mondlicht lässt mich zunächst von einer Fahrt auf die Sofienalpe oder gar die Ebenwaldhöhe Abstand nehmen - eigentlich ein Fehler, wie sich herausstellen wird - doch die Resultate sollen auch aus Wien senstationell werden.

Ich stelle das Fernrohr auf die Terrasse und lasse es einmal ordentlich auskühlen. Nach etwa einer Stunde ist es dann so weit temperiert, dass Beobachtungen sinnvoll werden.

Ich beginne mit dem Mond. Wow, was für eine interessante Phase. Plato ist gerade einmal zur Gänze beleuchtet, von Copernicus nur ein ganz kleiner Teil, dafür ist Eratosthenes wirklich umwerfend. Der Bogen der Apenninen ist auch noch sehr schön, und im Süden stehen Tycho und Clavius nahe dem Terminator.

Die Libration in Länge ist nach wie vor sehr stark und jenseits des Mare Crisium sind einige seltene Formationen zu beobachten, vor allem die Mare Humboldtianum, Marginis, Smythii und Australe.

Ich beginne mit dem obligaten Schnappschuss mit der Digicam.


Digicam-Schnappschuss vom Mond

Das Seeing erweist sich als recht gut und so kommt Kamera Nummer 2 zum Einsatz, die WebCam. Mit ihr mache ich einige Sequenzen von besonderen Mondregionen.


Tycho und Clavius

Eratosthenes


Apenninen


Alpen und Plato


Mare Australe

Mare Smythii

Mare Undarum

Mare Marginis


Mare Humboldtianum

Na, das war ja eine ausgiebige Fotosession am Mond. Jetzt aber zum Kometen. Nachdem C/2004 Q2 Machholz visuell sehr beeindruckend ist, beschliesse ich ein Foto mit einem huckepack montierten 135mm Tele und der StarlightXpress MX916 (Kamera Nummer 3). 30 Sekunden. Gut. Vertägt mehr. 60 Sekunden. Sehr gut, verträgt trotz der recht geringen Höhe mehr. 120 Sekunden. Ausgezeichnet. Deutlich kommt der breit gefächerte Schweif heraus. Natürlich muss jetzt ein Flatfield her, genauso wie ein Dunkelstrom, aber was soll's, Zeit habe ich ja.


C/2004 Q2 (Machholz), 120 Sekunden

Ermutigt von diesem einen Bild eines tief stehenden Objekts wage ich mich in dieser Konfiguration (F=135mm, f/8, HiRes-Modus mit 752x580 Pixel, leider schwarzweiß, da ich hier keine Filter unterbringe) an Deep Sky. Ich beschließe Serien. Diese haben den Vorteil, in der Kälte allein vor sich hin zu belichten, während ich im warmen Schlafzimmer in aller Ruhe Stargate schauen kann ...


Orionnebel und Nachbarschaft, 10 x 120 Sekunden

Bei zwei Minuten Belichtungszeit macht sich die Bildfelddrehung (nahe des Meridians) noch nicht so störend bemerkbar. Die Aufnahme zeigt überraschend viele Details; Neben M42 und M43 noch die Nebelgruppe NGC 1973-75-77 um den Running Man, den offenen Sternhaufen NGC 1981 (ganz oben), das Nebelgebiet NGC 1980 um ι Orionis, den winzigen Reflexionsnebel NGC 1999 (ganz unten, wenn man's weiss). Der diffuse Fleck rechts oben nahe dem Rand ist der extrem rote veränderliche Stern S Orionis, er wird von der Optik nicht scharf abgebildet! Die Aufnahme entstand übrigens gänzlich ohne Filter - und das bei hellem Mondlicht aus der Stadt heraus.

Jetzt werde ich mutig. Und für meinen Mut belohnt ...


Flame- und Pferdekopfnebel, 15 x 2 Minuten

Gänzlich ohne Filter gelingt es mir, den Pferdekopfnebel aus der Stadt und bei Mondlicht sichtbar zu machen. Gut, er springt einem nicht entgegen, aber immerhin, er ist zu sehen. Und die Details im Flammennebel sind eigentlich nicht so schlecht, wenn man vergleicht. Auch der kleine Reflexionsnebel NGC 2023 ist als solcher zu erkennen. Ich bin beeindruckt, was heute Nacht möglich ist.

Ob es an der rötlichen Färbung der Nebel liegt? Nein, wie das nächste Beispiel zeigt.


Pleiaden, 10 x 2 Minuten

Die Nebel der Pleiaden sind blau und dennoch kann sich der Merope-Nebel, aber auch andere, deutlich vom Hintergrund lösen. Es ist die Durchsicht! Keine Frage, heute ist die Nacht der Nächte in Wien. Das gibt's nicht oft.

Es ist schon recht spät (gut, eine weite Heimreise entfällt heute), ein Blick zu Saturn sagt mir aber doch noch, den muss ich haben. Also montiere ich noch einmal die Webcam.


Saturn, aus ca. 400 von 1600 Frames à 1/25 Sekunde

Mit diesem gar nicht so schlechten Bild vom Saturn beende ich eine sehr erfolgreiche Fotonacht, und das Mitten in Wien, unweit der Lichtverschmutzung des Bahnhofs Meidling, des TwinPark und des Knoten Vösendorf.