Landung der Sonde Huygens auf Titan

Institut für Weltraumforschung, Graz, 14. Jänner 2005

Endlich besinnt man sich auch in Europa bei grossen Forschungsereignissen der Öffentlichkeit. So macht das Institut für Weltraumforschung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Graz die Landung der Raumsonde Huygens - an deren Entwicklung und wissenschaftlicher Mission das IWF in beachtlichem Ausmass beteiligt ist - zu einem öffentlichen Event. Fast 20 WAA-Mitglieder sind der Einladung des IWF gefolgt und fiebern heute gemeinsam mit den Wissenschaftlern und Technikern des Instituts und seiner Partner dem grossen Ereignis entgegen.


Das moderne Institutsgebäude

Das "Atrium" füllt sich

Natürlich wird der Nachmittag und Abend von dem Warten auf die Ergebnisse aus dem ESA-Kontrollzentrum in Darmstadt geprägt. Eine Live- Schaltung über Satellit und Internet verbindet das IWF mit dem Nervenzentrum dieser ambitionierten europäischen Weltraummission.


Die Show beginnt. Der niederländische Moderator kann "Huygens" perfekt aussprechen!

Die Technik der Mission - und auch die Natur mit der rund 80-minütigen Signallaufzeit von Saturn zur Erde - machen die Sache spannend. Während die Landung auf Titan in Wirklichkeit längst Geschichte ist, werden wir erst in einigen Minuten erfahren, ob es überhaupt geklappt hat. Denn zuerst überträgt Huygens seine Daten zur Muttersonde Cassini, und erst die sendet sie - mit einer Laufzeit von fast 80 Minuten - zur Erde. Aber jetzt ist eben nicht jetzt, Raum und Zeit sind nicht trennbar, dessen sollten wir uns heuer, 100 Jahre nach Veröffentlichung der Speziellen Relativitätstheorie, eigentlich bewusst sein. Die Anmoderation wird unterbrochen durch eine Meldung aus Darmstadt ...


Die Stimmung ist zum Zerreissen gespannt (auf dem Treppenabsatz in der Mitte Prof. Dr. Wolfgang Baumjohann, Direktor des IWF) ...

... als sich die Projektleiter zur ersten Pressekonferenz einfinden

Die Geste sagt alles: Europas ambitionierte Weltraummission war erfolgreich! (v.l.n.r: David Southwood, ESA Director of Science, Edelgard Buhlmann, Bundesministerin für Bildung und Forschung in Deutschland, Jean-Jacques Dordain, Generaldirektor der ESA)

“This is a great achievement for Europe and its US partners in this ambitious international endeavour to explore the Saturnian system” - Jean-Jacques Dordain dankt allen Beteiligten für den Erfolg der Mission.

Die Stimmung ist gelöst - zeitgenössische Musik als Pausenuntermalung, ...

... auch der Moderator drückt seine Heiterkeit aus ...


... und das Publikum plaudert entspannt in der Pause.

Die Technik hat also geklappt. Aber was ist mit der Wissenschaft? Welche Daten werden da derzeit zur Erde übertragen? Wie sieht es auf Titan aus? Die Spannung steigt erneut ...

Da noch Stunden vergehen, bis die ersten Daten auch nur ansatzweise ausgewertet sind, präsentiert das Team des IWF jetzt die Mission und die Beteiligung des Instituts im Detail.


Instrumente, an denen das IWF beteiligt ist: ACP, ...

... GCMS ...

... und HASI.

Und immer wieder Live-Schaltungen nach Darmstadt

Das Huygens-Team des IWF vor Ort ...

... und in Darmstadt

Draussen ist es dunkel geworden. Der Himmel ist strahlend klar, als wollte er die Freude mit uns teilen. Und hoch über dem Institut strahlt Saturn, 80 Lichtminuten entfernt, wo sich vor kurzem unglaubliches abgespielt hat.


Saturn über dem Dach des IWF

Der Steirische Astronomenverein hat Teleskope hinter dem Institutsgebäude aufgestellt, durch die Saturn bewundert werden kann. Heute ist der Blick zu dem Planeten von einer gewissen Fassungslosigkeit begleitet. Unglaublich, in dieser fernen Welt ist eine kleine Raumsonde gelandet, nach 7 Jahren Flugzeit, und sekundengenau hat jeder der so wichtigen Schritte funktioniert. Der Blick durch ein LX200. Wie viele technische Probleme gibt es schon mit einem vergleichsweise so simplen Gerät. Und dann klappt eine derart komplexe Mission. Hut ab vor den Technikern und Wissenschaftlern!

Wieder wird es spannend. Die Augen sind wieder nach Darmstadt gerichtet.

Das Auditorium blickt angespannt ...

... ins ESOC nach Darmstadt

Und dann verkündet Jean-Jacques Dordain: Huygens ist nicht nur ein technischer, sondern auch ein wissenschaftlicher Erfolg. Alle sechs Bordinstrumente haben funktioniert und Daten geliefert. Später dann der spannende Moment: Das erste Bild aus dieser fremden Welt!


Das erste Bild von Titan. Unscharf, unbearbeitet, und dennoch unbeschreiblich!

Alle sehen dieses Bild zum ersten Mal, und es ist unbeschreiblich. So fremd, so vertraut. Flussläufe, vielleicht eine Küste. Inseln? Wolken? So einen Anblick hatten wir alle schon einmal aus dem Flugzeug, doch das ist Titan, eine Welt, in der die Landschaft aus Eis, die Flüsse aus Methan sein müssen. Kann die Natur mit so exotischen Komponenten so vertraute Formen erzeugen?


Die meisten verlassen zufrieden das Institut. Nicht wir ...

Die "Breaking News" müssen auf die WAA Homepage. Dank der Unterstützung von Dr. Lammer, der bei unserer Jahrestagung Titan und die Mission vorgestellt hat, bekommen wir Internetzugang und können die WAA Homepage quasi live aktualisieren.

Während die meisten Besucher nach dem Ende der offiziellen Veranstaltung nach Hause gegangen sind, bleibt die WAA-Gruppe im Institut. Für 23 Uhr MEZ sind weitere Bilder angekündgit. Jetzt ist es noch viel spannender: Völlig gelöst, völlig offen diskutieren die Wissenschaftler über die Bilder und rätseln wie wir, was man da eigentlich sieht. Erste Schritte auf Neuland für die Menschheit. So und nicht anders muss auch das Gefühl sein, wenn man selbst dort landet. Wo sind wir hier eigentlich?


First science. Erstes Staunen über die Bilder vom Titan.


Vor dem Hintergrund der spektakulären Bilder dankt Prof. Baumjohann den letzten Verbliebenen.

Fast die Hälfte des Publikums zu dieser späten Stunde kommt von der WAA

Es war ein sehr bemerkenswerter Tag. Es war ein unbeschreibliches Erlebnis, quasi am Ort des Geschehens eine grosse Weltraummission live miterleben zu dürfen. Wer sich Spannung und Action wie bei einer Sportveranstaltung erwartet hat, wird vielleicht enttäscht gewesen sein. Doch Wissenschaft und Weltraumforschung bauen eine viel subtilere Spannung auf. Hier passiert nichts hektisch, vergeht viel Zeit, sind die vermeintlichen Höhepunkte kurz und zunächst vielleicht gar nicht spektakulär. Schon ein Zahlenwert jenseits einer kritischen Schwelle kann den Stellenwert einer Bestzeit beim Schirennen haben!

Das IWF hat angekündigt, Events wie diesen auch bei allen künftigen ESA-Missionen, an denen das Institut beteiligt ist, durchzuführen. Wir sind sicher wieder dabei!

Text und Fotos: Alexander Pikhard