Beobachtungsabend: Komet Machholz und die Wintermilchstrasse

Wien 21, 01. 03. 2005

20050301wvo19.html

Beobachter:Wolfgang Vollmann
Datum:01. 03. 2005
Zeit:19.00 bis 20.15 MEZ
Ort:Wien 21
Instrument:Fernglas 8x30, 16x70
Bedingungen:

Bericht:

Heute Abend ist der Komet C/2004 Q2 (Machholz) dem Himmelsnordpol noch näher gerückt: bereits +82°51' beträgt seine Deklination! Nach meiner Rechnung wird er am Abend des 10.März seine nördlichste Deklination von +84°52' erreichen -- da braucht man sich mit dem Nachführen nicht mehr zu beeilen ;-)
Im Fernglas 8x30 erscheint der Komet heute als kleiner Nebel, zentral verdichtet und passt gerade ins Gesichtsfeld mit dem Polarstern. Die Helligkeit schätze ich auf m1 = 5,5mag, heute mit fünf Vergleichssternen. Der 16x70 auf Stativ zeigt den Kometen sehr deutlich zentral verdichtet, der Kernbereich erscheint etwas flächig und nicht ganz sternartig. Gestern im Fernrohr (Bericht 28.Feb.2005) konnte ich bei höherer Vergrösserung einen sternartigen Kern sehen; das zeigt das Fernglas nicht.

Fortsetzung der der Liste meiner Beobachtungen vom 6.Dez.2004-9.Feb.2005:

Datum UT Instrument Helligkeit m1 r Δ H10 Bericht / Anmerkung
2005 Feb.13.75 8x30B 4.9 1.2442 0.6203 4.99  
2005 Feb.27.77 8x30B 5.3 1.3150 0.7621 4.70 Bericht und Foto
2005 Feb.28.85 50mm R, 7x 5.4 1.3217 0.7730 4.75 Bericht
2005 März 1.78 8x30B 5.5 1.3276 0.7825 4.80 dieser Bericht

Ein wenig schaue ich mit den Ferngläsern in der Wintermilchstrasse spazieren. Der schwächste mit freiem Auge sichtbare Stern hat heute 4,8mag -- da ist vom matten Leuchten der Milchstrasse nichts mehr zu sehen, das benötigt viel dunkleren Himmel. Aber die hellen nahen Sternhaufen um das galaktische Antizentrum im Grenzbereich der Sternbilder Fuhrmann, Stier und Zwillinge bieten auch von meinem Balkon aus einen schönen Anblick.

Interessant ist ein Vergleich der drei Fuhrmann-Sternhaufen M 36, M 37 und M 38: im 8x30 ist von dreien am besten M 36 in der Mitte sichtbar: dieser Sternhaufen erscheint als mittelheller Nebelfleck und er ist etwas körnig - fast sind einige Sterne darin zu erkennen. Am zweitbesten sichtbar ist M 37 im Osten: er ist etwas grösser, etwas schwächer und erscheint als Nebelfleck ohne Sterne. Kaum sichtbar im kleinen Fernglas ist M 38 im Westen: ich sehe nur einen sehr schwachen Nebelfleck an der Wahrnehmungsgrenze.
Das grössere Fernglas 16x70 zeigt mehr: M 36 ist auch hier am besten sichtbar: der Sternhaufen ist klein, konzentriert und ich kann etwa 10 Einzelsterne vor etwas nebeleigem Grund erkennen. M 38 ist viel schwerer: er ist etwa doppelt so gross wie M 38 und bleibt ein ziemlich grosser etwas blasser Nebelfleck. Bis zu 10 schwache Sternpünktchen leuchten darin auf. Aber den zweiten Platz in meinem privaten Ranking der drei Sternhaufen nimmt im 16x70 M 37 ein: der erscheint zwar nur als Nebelfleck ohne Sterne, ist aber heller sichtbar da er etwas kleiner als M 38 erscheint.
Die drei Sternhaufen sind sehr unterschiedliche Objekte und ein Vergleich ist mit jedem Fernrohr interessant. Mehr zu diesen Objekten bietet der Messier-Katalog von Hartmut Frommert mit den Einträgen zu M 36, M 37 und M 38.

So hoch oben wird die Beobachtung mit dem geradsichtigen Fernglas 16x70 nach einiger Zeit unbequem. Also gehts hinunter in den Grossen Hund zum Sternhaufen M 41 vier Grad südlich von Sirius. Der hellste Stern des Himmels strahlt im 16x70 wunderschön weiss! In der Gegend von M 41 beobachte ich direkt über Wien, dementsprechend hell ist dort der Himmel. Trotzdem zeigt das Fernglas den Sternhaufen recht hübsch: 15 Sterne sind locker zerstreut über etwa 3/4 Grad zu sehen. Unter dunklem Himmel habe ich den Sternhaufen schon öfters mit freiem Auge gut sehen können.

Noch weiter im Süden etwa ein Grad südlich von Omikron 1 Canis Maioris (ο1 CMa) bei 6h54,2m -24°38' (2000.0) versuche ich den Sternhaufen Collinder 121 im 16x70 zu sehen: zerstreut über etwa ein Grad Himmel sind etwa 10 Sterne erkennbar, sie machen aber nicht so den Eindruck eines Sternhaufens. Schön ist die deutliche gelbe Farbe von Omikron1 CMa, vor allem im Vergleich mit dem helleren Stern Omikron2 CMa im Osten, der ziemlich weiss, fast bläulich strahlt. Eine sehr detaillierte und interessante Arbeit über diesen Sternhaufen von N.T.Kaltcheva habe ich hier gefunden: 2000MNRAS.318.1023K.

Noch weiter im Süden strahlt Delta Canis Maioris (δ CMa) (7h08,4m -26°24', 2000.0). Um diesen Stern gibt es einen sehr hübschen Sternring in "C"-Form, der im 16x70 gut sichtbar ist. Er besteht aus etwa 15 helleren Sternen und beginnt etwa ein Grad südlich und etwas östlich von Delta CMa und zieht östlich über Omega (ω), 27 und 26 CMa etwa mittig zwischen Delta und Omikron2 durch und reicht bis etwa ein Grad südöstlich von Omikron1 CMa. Diese hübsche Figur hat der Sterngucker Thomas Tasche beschrieben und ich finde sie im Fernglas recht auffallend. Sie hat etwa einen Durchmesser von 3-4 Grad, benötigt also ein grosses Gesichtsfeld. In dieser Gegend identifizierten die Astronomen auch die Sternassoziation CMa OB2. Derzeit wird noch ziemlich diskutiert welche Sterne denn dazu gehören: siehe den Artikel von Ben Burningham und Kollegen. Jedenfalls ist das eine Region, die für einen Streifzug durch die Milchstrasse mit dem Fernglas sehr sehenswert ist!