Die neue und die alte Nova im Adler und zwei Comeback-Novae

Wien 21, 19. 06. 2005

20050619wvo23.html

Beobachter:Wolfgang Vollmann
Datum:19. 06. 2005
Zeit:23.00 MESZ
Ort:Wien 21
Instrument:Newton 105/445mm
Bedingungen:
Bericht:

Zunächst gelang mir eine weitere Beobachtung der Nova Aquilae 2005 = V1663 Aql: bei 110-facher Vergrösserung konnte ich gerade noch den Vergleichsstern 12,3mag erkennen, tiefer ging es in der noch immer andauernden Dämmerung und dem starken Mondlicht nicht. Die Nova schätzte ich auf eine Helligkeit von 12,2mag. Sie ist also seit meiner ersten Beobachtung am 13.Juni eine Grössenklasse schwächer geworden -- das ist zu erwarten dass die Helligkeit mehr oder weniger rasch abnimmt. Manche Novae benötigen für eine Helligkeitsabnahme um 3 Grössenklassen nur 3-4 Tage (z.B. die Nova Cyg 1975 = V1500 Cyg), sind also "schnelle" Novae. Andere wieder brauchen ein 3/4 Jahr (z.B. die Nova Del 1967 = HR Del); man bezeichnet sie als "langsame" Novae.
Weitere Beobachtungen dieser Nova machte ich am 13.Juni und am 19.Juni 2005; dort gibt es auch Verweise zur Lichtkurvenzeichnung und eine Aufsuchekarte mit Vergleichssternen.

Die Nova Aql 2005 suche ich immer per "sternhupfen" ("starhopping") vom Stern Theta Serpentis auf. Das ist ein sehr hübscher Doppelstern mit 22 Bogensekunden Abstand -- die beiden weissen und in der Helligkeit wenig unterschiedlichen Sterne bieten vor allem bei schwacher Vergrösserung einen besonders schönen Anblick. Im Fernglas 10x50 kann ich diesen Doppelstern gerade noch auflösen und erkennen, wenn ich die Arme beim Beobachten im Liegestuhl aufstütze um das Glas ruhig zu halten: die beiden Sterne sind ziemlich knapp beieinander. Im 105mm Newton gefällt mir θ Ser besonders gut bei schwacher Vergrösserung von 15 und 19x -- das ist bei der kurzen Brennweite des kleinen Astroscan mit einem Okular von 30 bzw. 24mm Brennweite leicht erzielbar. Bei dieser Vergrösserung sind die beiden Sterne gerade so weit getrennt dass es einfach schön aussieht!

Nicht weit von Theta Ser geht es zur hellsten Nova der letzten 300 Jahre: der Nova Aql von 1918 = V603 Aql. Sie gehört auch noch ins Sternbild Adler. Sie wurde am 8.Jun.1918 als Objekt der ersten Grössenklasse entdeckt und wurde in wenigen Stunden fast so hell wie Sirius -- als Maximalhelligkeit werden -1,4mag angegeben! Nach einigen Monaten war die Helligkeit bis auf 6.Grösse gesunken (März 1919). Die "alte Nova" ist aber immer noch im kleinen Fernrohr sichtbar! Sie hat meist um die 12.Grösse. Heute Abend beobachtete ich sie und schätzte die Helligkeit auf 12,0mag -- gleich hell wie die der Vergleichsstern 12,0mag auf der AAVSO-Karte (die Vergleichssternkarten sind hier zu sehen: AAVSO B Karte und AAVSO D Karte). Die Nova Aquilae 1918 war die letzten Jahrzehnte um die 12mag hell, wie die Beobachtungen vieler Sterngucker in der AAVSO Datenbank zeigen. Es ist sehr wenig wahrscheinlich, dass sie in den nächsten Jahren wieder einen Helligkeitsausbruch zeigen wird, aber wer weiss.....
Mehr über Novae steht in diesem Artikel: http://www.aavso.org/vstar/vsots/0501.shtml. Einen sehr schönen Vergleich der Lichtkurven verschiedener Novae der letzten 20 Jahre hat Gary Poyner zusammengestellt: http://www.garypoyner.pwp.blueyonder.co.uk/novae.html.

Am selben Abend beobachtete ich zwei "Comeback-Novae", bei denen ein erneuter Helligkeitsausbruch erwartet wird. Der offizielle Name ist wiederkehrende Nova bzw. rekurrente Nova. In der Nördlichen Krone steht die wiederkehrende Nova von 1866 und 1946: T Coronae Borealis. Ich schätzte ihre Helligkeit auf 10,5mag. Sie ist meistens um die 10mag hell und erreichte im Ausbruch 1866 aber immerhin die 2.Grösse und 1946 die 3.Grösse -- der schöne Sternring der Nördlichen Krone muss damals mit freiem Auge ziemlich verändert ausgesehen haben! Wer selber nachschauen will was sich bei dieser Nova tut, kann diese Karte dazu benutzen: AAVSO D Karte

Die zweite "Comeback-Nova" dieses Abends macht es derzeit besonders spannend: es ist RS Ophiuchi (im Sternbild Schlangenträger). Diese wiederkehrende Nova zeigte bereits Ausbrüche in den Jahren 1898, 1933, 1958, 1967, und 1985. Die Zwischenzeiten sind zwar sehr unregelmässig aber immerhin könnte man spekulieren dass ein weiterer Helligkeitsausbruch unmittelbar bevorsteht.... im Maximum erreicht RS Oph immerhin 5. bis 6.Grösse und ist dann noch mit freiem Auge sichtbar! Heute Abend beobachtete ich den Stern aber im Minimum und schätzte die Helligkeit auf 10,7mag. Dazu benutzte ich die Aufsuche- und Vergleichssternkarten der AAVSO: A Karte, B Karte, C Karte und D Karte (in zunehmendem Massstab und mit schwächeren Sternen). Ein sehr guter Artikel zu RS Oph ist hier zu lesen: http://www.aavso.org/vstar/vsots/0500.shtml. Eine schöne Lichtkurve von RS Oph seit 1977 mit dem Ausbruch von 1985 hat Gary Poyner erstellt: http://www.garypoyner.pwp.blueyonder.co.uk/rsoph.html.