Marsabend

Cobenzl, 29. Oktober 2005

Es hat bis Ende Oktober gedauert, ehe ein Sternabend auf dem Cobenzl bei guten Wetterbedingungen zustande kommt. Eigentlich gegen die Wettervorhersage, die die stabile Hochdrucklage durch beständigen Hochnebel im Wiener Becken beeinträchtigt sah. Doch es kam anders, und die Ursache ist wohl der heftige, trockene Wind aus Nordosten.


Über Wien: Dunst, aber kein Hochnebel

Schon am Vormittag geben wir grünes Licht für die Aktion am Cobenzl und legen den Ersatzort Ebenwaldhöhe ad acta. Zu sehr ist uns noch der windige Abend in Erinnerung. Mars in Erdnähe, das ist für viele unserer Beobachter interessant und so wundert es uns nicht, dass heute eine grosse Instrumentenflotte auffährt.


Einmal mehr wächst unsere Station unter dem Café-Restaurant


Venus, tief am Himmel und grotesk verzerrt

Schon in der Aufbauphase haben wir ein Objekt im Visier, nämlich die tief stehende Venus. Sie ist durch das Seeing grotesk verzerrt. Bald geht auch der Mars auf und der Sternabend kann beginnen.


Unsere auffällige Station hoch über Wien

Anfangs kommen Besucher nur zögerlich, doch im Lauf des Abends dann doch recht zahlreich. Viele zufällig und wundern sich, warum die Aktion nicht angekündigt wurde. Sorry, liegt nicht an uns. Mehr als eine Pressekonferenz plus eine mehr als umfangreiche Presseaussendung zu diesem Thema kann man nicht machen. Aber immerhin, einige Medien berichten ja doch von unseren Marsaktionen.


Erklärungen im stimmungsvoll - und astronomisch gut - beleuchteten Zelt ...


... und unter freiem Himmel, wo die Sternbilder erst einmal gefunden werden wollen

Aber nicht nur Mars wird bestaunt. Der Himmel ist heute sehr klar und läßt uns auch einige Deep Sky Objekte zeigen: Den schönen Doppelstern Albireo, die offenen Sternhaufen h+χ im Perseus und M52 in der Cassiopeia, den schönen Kugelsternhaufen M15 im Pegasus. den Ringnebel in der Leier und den Andromedanebel.

Es ist aber auch ein toller Instrumentenpark vorhanden: Rolands 18" Dobson, ein 45cm Spiegelteleskop; Claus' 14" computergesteuertes Schmidt-Cassegrain, also ein 35cm Spiegel; mein 12" SCT, ein 30cm Spiegel, ebenso computergesteuert, genauso wie das 10" SCT der WAA, ein 25 cm Spiegel. Ein Starfire-Refraktor und ein paar kleinere Instrumente runden das Programm ab, so viele so große Instrumente gibt es nur auf sehr großen Volkssternwarten, heute Abend sind wir in Österreich die größte.


Trotz seiner Größe ist der 18" Dobson noch sehr besucherfreundlich


Das 14" LX200GPS ist ein sehr schweres Geschütz


Das 12" LX200 blickt zum Mars


Ebenso das 10" LX200GPS


Ein größerer und ...


... ein kleinerer Refraktor

Mars steigt höher, nach und nach wird auch der Blick zum Mars immer schärfer, auch wenn der starke, böige Wind wirklich spektakuläre Blicke verhindert. Zunächst werden wir Zeugen, wie der Planet langsam rotiert. Als dann die Webcams am 10" und am 12" LX200 eingesetzt werden, können wir unseren staunenden Besuchern sogar Vallis Marineris und Olympus Mons zeigen. Ersteres als ganz kleinen, dünnen Streifen, der gerade am Marsrand verschwindet, zweiteren als hellen Fleck in der Nordhemisphäre des Mars, der langsam zum Marsrand wandert. In seiner Nähe sehen wir auch einen deutlichen Staubsturm.


Mars rotiert; 6 Webcamsequenzen aus je 900 Frames am 12" LX200
zwischen 20.27 und 21.58 Uhr MEZ wurden zusammengesetzt

Die große dunkle "Welle" in der oberen Bildhälfte, die im umkehrenden Fernrohr Mars heute das Antitz eines Halloween-Kürbis verleiht (wie passend), ist das Mare Sirenum. In der hellen, relativ unstrukturierten Nordhalbkugel (unten) erkennt man zwei helle Flecken. Der vorausgehende ist Olympus Mons, der nachfolgende muss wohl ein Staubsturm sein, da an dieser Stelle normalerweise keine helle Formation zu sehen ist. Am rechten Rand verschwinden zwei dünne, längliche Strukturen. Die obere (südliche) ist Solis Lacus, die untere ist Valles Marineris. Wir sehen die größten Sehenswürdigkeiten auf dem Mars! Moderne Technik macht's möglich.

Gegen 23 Uhr haben uns die letzten Besucher verlassen; viele hatten heute einen unerwarteten Kontakt mit dem Universum, und einige haben auch angesichts des einen oder anderen Blicks ins Universum den Stellenwert unserer irdischen Existenz (wieder)erkannt. Unglaublich, wie wenig die meisten über das Weltall wissen - dabei würde gerade dieses Wissen helfen, das eigene Handeln und Denken richtig zu positionieren.

So haben wir einmal mehr der Astronomie einen großen Dienst erwiesen. Die Regelmäßigen Sternabende hier (oder anderswo) sind ein Auslaufmodell; doch bei besonderen Anlässen, und Mars in Erdnähe ist ein solcher, wird es sie auch weiterhin geben, die Mobile Volkssternwarte, bereit für die eine oder andere Überraschung.

Text und Fotos: Alexander Pikhard