Mond mit freiem Auge und Fernglas: der "Goldene Henkel"

Wien 21, 11. 11. 2005

20051111wvo22.html

Beobachter:Wolfgang Vollmann
Datum:11. 11. 2005
Zeit:22.45 bis 23.00 MEZ
Ort:Wien 21
Instrument:Freies Auge und Fernglas 8x30
Bedingungen:
Bericht:

Am Abend des 11.November betrachtete ich von 22h45 bis 23h00 MEZ den Mond mit freiem Auge. Ich benützte wieder meine zusätzlich um 0,75 Dioptrien korrigierende "Nacht-Kurzsichtigkeitsbrille" und sah den Mond damit besonders scharf.

Auffallend war mit freiem Auge neben der dunklen Fläche des Regenmeers (Mare Imbrium) vor allem die südwestliche Begrenzung des Regenmeers, der als heller Bogen sichtbare Bergrücken der Apenninen (Montes Apennines). Auch der Krater Kopernikus war mit freiem Auge gut sichtbar: ein kleiner heller Fleck nicht weit von der Lichtgrenze in der Verlängerung des Bergbogens der Apenninen.

Die Regenbogenbucht (Sinus Iridum) ist ein etwa 300 Kilometer durchmessender Einschlagkrater am Nordrand des Mare Imbrium. Sie entstand nach heutigem Verständnis nach dem Aushub des Einschlagbeckens des Mare Imbrium aber bevor die Marelava alles vollständig bedeckte. Ich suchte die Bucht mit freiem Auge, konnte sie aber nicht erkennen. Im Fernglas 8x30 bot sich ein besonderer, wunderschöner Anblick: das nördliche Randgebirge des Sinus Iridum, die Juraberge (Montes Jura) waren bereits vom Sonnenlicht bestrahlt. Grosse Teile des Marebodens der Regenbogenbucht waren noch im Schatten. Der Halbbogen des Jura bildete also eine leuchtende Brücke aus Licht, die einen deutlichen Bogen in den noch dunklen Teil des Mondes bildete: der sogenannte "Goldene Henkel"! Ich weiss nicht woher die Bezeichnung stammt und freue mich über entsprechende Hinweise!

Danach versuchte ich mit freiem Auge etwas von der Auswölbung der Juraberge zu erkennen: bei genauem Hinsehen war die Lichtgrenze (der Terminator) dort eindeutig mit einer kleinen Auswölbung oder Buckel versehen. Sie erscheint sonst glatt und gleichmässig: das Randgebirge des Sinus Iridum ist also unter diesen Beleuchtungsverhältnissen mit freiem Auge sichtbar!

Ich habe noch nirgends ein gutes Foto des ganzen Mondes in dieser Beleuchtungssituation mit dem hellen Bogen der Juraberge gesehen. Die Lage der Lichtgrenze auf dem Mond wird durch die sogenannte Colongitude der Sonne angegeben. Zur Zeit meiner Beobachtung betrug die Colongitude 34,7 Grad. Dieselbe Lage der Lichtgrenze tritt in den nächsten Monaten zu folgenden Terminen ein; um diese Zeiten (wenige Stunden Unterschied sollten nichts ausmachen) könnte sich meine Beobachtung mit freiem Auge und Fernglas wiederholen lassen bzw. kann ein Foto versucht werden: 2005 Dez.11, 13 Uhr MEZ / 2006 Jan.10, 4 Uhr / Feb.8, 18 Uhr / März 10, 8 Uhr / Apr.8, 21 Uhr / Mai 8, 9 Uhr / Jun.6, 21 Uhr / Jul.6, 7 Uhr / Aug.4, 18 Uhr / Sep.3, 6 Uhr / Okt.2, 18 Uhr / Nov.1, 7 Uhr. Wahrscheinlich kommen nur die alle zwei Monate nutzbaren Abendtermine in Betracht: schliesslich ist der 9 Tage alte zunehmende Mond dann am besten zu sehen.