Doppelsterne für Ferngläser: Lambda Arietis

Wien 21, 11. 01. 2006

20060111wvo19.html

Beobachter:Wolfgang Vollmann
Datum:11. 01. 2006
Zeit:19.45 MEZ
Ort:Wien 21
Instrument:Refraktor 130/1040mm
Bedingungen:
Durchsicht:ausreichend (3)
Bericht:

Lambda Arietis (λ Ari) ist ein hübsches Doppelsternsystem für das Fernglas am Ort 1h57.9m +23°36' (2000.0): in 37 Bogensekunden Abstand vom 4,8mag hellen Hauptstern steht der Begleiter 6,7mag. Das ist schon im 10x50 Fernglas eindeutig zu erkennen -- der Stern ist daher auf der Fernglas-Doppelstern-Liste der Gruppe S33 enthalten. Der Widder steht jetzt am frühen Abend sehr günstig und der noch immer helle Mars zeigt den Weg dorthin -- versuchen Sie es! Lambda Ari wird im Washington Double Star Catalog (WDS) auch unter der Bezeichnung H V 12 = Herschel-Doppelstern Klasse 5, Nummer 12 mit der Kodierung H 5 12 geführt. Er wurde allerdings schon vor William Herschel von Christian Mayer entdeckt, wie die schöne Webseite von J.S.Schlimmer zeigt.

Im Fernrohr sind dann noch zwei weitere schwache weit entfernte Begleiter zu sehen: der Washington Double Star Catalog (WDS) nennt Begleiter C mit 9,7mag in 188" Abstand und Begleiter D mit 9,9mag in 270" Distanz. Auf den ersten Blick durch meinen 130mm Refraktor bei 35x fällt auf, dass die Begleiter C und D nicht etwa gleich hell sind sondern D deutlich heller ist als C, um mehr als eine Grössenklasse!

Peter Wienerroither hat im Rahmen seines fotografischen Doppelstern-Projekts auch sehr gute Bilder von Lambda Ari mit seinem 106mm Refraktor bei einer Brennweite von f=1100mm angefertigt:

Externer Link: http://homepage.univie.ac.at/peter.wienerroither/pwafods/01579+2336.htm
Das Bild hat Norden oben und Osten links, so wie im Fernglas.

Auch auf Peters Bild ist Begleiter C deutlich schwächer als D zu erkennen. Wenn ich seine Grünaufnahmen fotometrisch auswerte erhalte ich eine Helligkeitsdifferenz C-D von 1,5 Grössenklassen -- der Wert dürfte etwa auf 0,1mag genau sein und recht gut der visuellen Helligkeit entsprechen. Wenn ich mir mit dem Sternkarten-Programm Cartes du Ciel die Gegend ansehe wird dort für C eine Helligkeit von 11,41mag aus dem Hubble Guide Star Catalog (GSC; etwas ungenaue Helligkeiten) und für D eine Helligkeit von 9,75mag aus dem Tycho-2 Katalog (viel genauer) angezeigt: mein gemessener Helligkeitsunterschied von 1,5mag dürfte also schon hinkommen.

Bei Lambda Arietis wollte ich auch ausprobieren, ob Peters CCD-Aufnahmen genauer zu vermessen sind als meine Webcam-Aufnahmen. Ich machte daher am 11.Jan.2006 zwei kleine Webcam-Videos mit meinem 130mm Refraktor, der eine sehr ähnliche Brennweite hat wie der bei Peters Aufnahmen benutzte Refraktor mit Barlowlinse. Die entstandenen Bilder sind lange nicht so schön wie die CCD-Aufnahmen. Ausserdem kann ich den Begleiter C auf meinen Aufnahmen nicht mehr messen: er ist zu schwach, die kurze Belichtungszeit der Webcam reicht nicht ganz so weit. Aber die Messergebnisse sind genauso gut und stimmen erstaunlicherweise fast vollständig überein! Dabei habe ich zwei unterschiedliche Verfahren zur Vermessung benutzt: auf meinen Webcam Aufnahmen eine "Drift-Astrometrie", also ohne Referenzsterne aber mit bekannter Brennweite und auf Peters CCD-Aufnahmen eine klassische Astrometrie mit sechs Refernzsternen:
Komponenten Webcam
Distanz
Webcam
PW
CCD
Distanz
CCD
PW
A-B 37,4" 47,5° 37,5" 47,5°
A-C --- --- 188,7" 75,8°
A-D 270,7" 84,8° 270,5" 84,7°

PW = Positionswinkel. Webcam-Aufnahmen bei f=1040mm am 11.Jan.2006, CCD-Aufnahmen bei f=1100mm am 14.Okt.2005. Die fast vollständige Übereinstimmung freut mich sehr -- anscheinend funktionieren meine Messverfahren sehr gut!

Die hellen Komponenten A und B gehören anscheinend wirklich zusammen: sie zeigen eine gemeinsame Eigenbewegung und haben in den mehr als 200 Jahren seit den ersten Doppelstern-Messungen ihre Distanz und ihren Positionswinkel nicht messbar verändert. C und D zeigen aber weniger Eigenbewegung und scheinen weiter entfernte Hintergrundsterne zu sein. Dadurch verändert sich die Distanz zu A über die Jahre langsam (siehe WDS).