Veränderlicher Stern RR Lyrae

Wien 21, 26. 06. 2006

20060626wvo00.html

Beobachter:Wolfgang Vollmann
Datum:26. 06. 2006
Ort:Wien 21
Instrument:Newton 105/445mm, 19x
Bedingungen:
Aufhellung:ausreichend (3)
Freis. vis. Grenzgroesse:4.5
Bericht:

Begünstigt durch schönes Wetter beobachtete ich an diesem Wochende den Prototyp der RR Lyrae Sterne. RR Lyr steht fast an der Grenze der Sternbilder Leier und Schwan am Ort 19h25,5m +42°47' (2000.0). Die Helligkeit dieses Pulsationsveränderlichen schwankt zwischen 7,1 und 8,1mag mit einer Periode von 0,566839 Tagen = 13,6 Stunden.

Ich benützte meinen kleinen 105mm Newton zur Beobachtung. Er zeigt RR Lyr in der gerade richtigen Helligkeit an -- auch eine Beobachtung in der Dämmerung ist schon möglich, schliesslich sind die Nächte jetzt sehr kurz! Bei 19-facher Vergrösserung liefert das kleine Fernrohr auch mehr als drei Grad Gesichtsfeld, auch das ist optimal für RR Lyr. Vergleichssternkarten mit Helligkeiten habe ich selbst erstellt:

Übersichtskarte für RR Lyrae. Norden ist oben, Durchmesser der Kreise 1/2°, 1° und 5°. Der helle Stern links oben ist Delta Cygni (δ Cyg), von dem aus RR Lyr am besten aufgesucht wird. Download Karte zum Drucken

Detailkarte für RR Lyrae. Norden ist oben, Durchmesser der Kreise 1/2°, 1° und 5°. Download Karte zum Drucken.
RR = RR Lyrae; A, B, C, D = Vergleichssterne für RR Lyrae in abnehmender Helligkeitsfolge.

Die Vergleichssternkarten erstellte ich mit dem empfehlenswerten Programm Cartes du Ciel von Patrick Chevalley. Die Vergleichssterne haben folgende Helligkeiten:
SternV-Helligkeit
A7,00mag
B7,57mag
C8,00mag
D8,45mag

Die Helligkeiten suchte ich aus dem Tycho2 Katalog heraus -- die V-Helligkeiten entsprechen sehr nahe den visuellen Helligkeiten. Ich wählte auch Vergleichssterne mit dem Veränderlichen ähnlicher Farbe in nicht zu grossem Abstand.

Hier jetzt mein Ergebnis -- eine Gesamtlichtkurve aus den drei Nächten vom 23./24. bis zum 25./26.Juni 2006:
RR_Lyr_2006_Jun_23_25
Jeder Punkt ist eine Einzelschätzung nach der Argelander'schen Stufenschätzmethode. Links ist die Helligkeit in Grössenklassen aufgetragen. Die Streuung der Beobachtungen ist erfreulich klein! Die Unterschiede beim Anstieg in den Beobachtungen 23./24.Jun. und 24./25.Jun. sowie die merkwürdige "Zacke" vom 25./26.Jun. kann ich mir noch nicht erklären.

Da die Nächte jetzt weit kürzer als die Periode des Sterns sind reduzierte ich meine Beobachtungen aus den drei Nächten in eine Gemeinschaftslichtkurve. Im Diagramm ist unten die "Phase" der Lichtkurve aufgetragen -- 1 ist die Periodenlänge, 0, 1, 2 usw. das Maximum. Eine Beobachtung wurde reduziert indem ich für den jeweiligen Beobachtungstermin im JD (Julianisches Datum) berechnete: Phase = (JD - Maximum)/Periode und davon den Nachkommaanteil nahm. Die heliozentrische Korrektur ignorierte ich für diese erste Auswertung ;-) das wird nachgeliefert! Als Maximumstermin habe ich JD 2453250,5760 angenommen.

Mit drei Beobachtungsnächten zu je 4 bzw. in der dritten Nacht 2 Stunden (schliesslich muss ich Montags früh auf....) lässt sich also schon recht gut die Lichtkurve gewinnen und das Maximum der Helligkeit bestimmen!

Interessant werden weitere Beobachtungen: der Stern RR Lyrae ändert sowohl die Helligkeit als auch den Zeitpunkt des Maximums periodisch. Dieses Verhalten zeigen etwa 1/4 aller RR Lyrae Sterne; es wird als "Blazhko-Effekt" bezeichnet. Mehr darüber ist auf dieser Webseite nachlesbar: http://www.univie.ac.at/tops/blazhko/index.html.

Paul Beck hat auf dem 10.NTT auf der Ebenwaldhöhe einen sehr interessanten Vortrag über RR Lyrae gehalten und sein Beobachtungsprojekt den Stern im September mit CCD-Photometrie zu messen vorgestellt. Damit wollte ich es auch visuell versuchen -- dieser Bericht ist ein erstes Zwischenergebnis davon!