Deep South

Hohe Wand, Gasthof Postl, 14. 07. 2007

20070714twe20.html

Beobachter:Thomas Weiland
Datum:14. 07. 2007
Zeit:20.30 bis 01.30 UT
Ort:Hohe Wand, Gasthof Postl
Instrument:Maksutov-Newton 127/762 mm; 40- bis 4-mm-Okulare (19x bis 190x)
Bedingungen:
Durchsicht:sehr gut (1)
Aufhellung:gut (2)
Seeing:ausreichend (3)
Freis. vis. Grenzgroesse:6.0
Wind:kein
Bemerkungen:Heiter
Bericht:

Wieder einmal ist es so weit: ein Deep-Sky-Wochenende steht vor der Tür, und angesichts des prachtvollen Wetters entschließe ich mich noch in letzter Minute, auf die Hohe Wand zu fahren. Normalerweise wird der Himmel dort nicht so dunkel, wie ich es von der Ebenwaldhöhe oder dem Waldviertel her gewohnt bin (siehe Karte der Lichtverschmutzung in Österreich), doch heute ist die Luft so klar, dass ich selbst die Lichtkegel von Wiener Neustadt und Wien als wenig störend empfinde. Was liegt also näher, als gerade nach tief stehenden Objekten Ausschau zu halten, die bei dunstigem Himmel kaum zur Geltung kommen. Natürlich ist mein Maksutov-Newton 127/762 mm wieder dabei, bestückt mit Okularen zwischen 40 mm und 4 mm (19x bis 190x).

Traditionellerweise beginne ich die "Tour de Sud" im Skorpion, über dessen Kopf heuer Jupiter strahlt. Ein Blick zu ihm lässt die einzige Schwäche dieser Nacht erkennen: das Bild will und will nicht ruhig werden. Dafür tritt das Spinnentier mit freiem Auge umso deutlicher in Erscheinung, selbst μ und die Schwanzsterne (κ, λ, υ und G) sind leicht zu sehen, ebenso M 6 und M 7, die Deep-Sky-"Paradeobjekte" in dieser Region. M 4, der bekannte Kugelsternhaufen unweit Antares, erscheint mit wie gewohnt prächtig (63,5x), M 80 hingegen bleibt, was er ist: ein kleiner diffuser Fleck.

Auf den Geschmack gekommen, besuche ich im Schlangenträger einen Kugelsternhaufen nach dem anderen: M 19, M 9 und M 107, M 12, M 10 und M 14. Anschließend schwenke ich zu M 5 im Kopf der Schlange, welcher auf Grund seiner größeren Höhe auch stärkere Vergrößerungen verträgt (127x). Zum Vergleich: M 3, bereits nördlich des Himmelsäquators in den Jagdhunden gelegen, sieht auch nicht besser aus.

Mittlerweile ist das Bild des Schützen so weit über den Horizont gestiegen, dass sich ein Blick zu seinen "Schätzen" lohnt. Allen voran M 22, einer der prächtigsten Kugelsternhaufen am Himmel, der trotz seines tiefen Standes mit M 13 konkurriert. M 28 nimmt sich dagegen äußerst bescheiden aus. Ähnlich ergeht es M 21, doch M 23 und M 25, ebenfalls offene Haufen, treten wieder deutlicher hervor. Einfach umwerfend ist der Blick zum freisichtigen M 8: mit dem offenen Haufen NGC 6530 assoziiert und von dunklen "Lagunen" durchzogen gehört dieser Emissionsnebel mithin zum Schönsten, was der Sommerhimmel zu bieten hat. Subtiler nimmt sich hingegen der schwach schimmernde M 20 aus, aber auch er ist mit seiner unverkennbaren Dreiteilung ("Trifid") von eindrucksvoller Güte.

An dieser Stelle tut ein wenig Abwechslung gut, und Komet C/2006 VZ13 LINEAR ist schnell gefunden. Trotz seiner großen Höhe über dem Horizont (N' Bootes) lässt er außer einer ca. 6-7' messenden, zentral verdichteten Koma nicht viel erkennen. Ausdrucksvoller erscheint da schon die Doppelgalaxie M 51 / NGC 5195 in den Jagdhunden, wenngleich sich der Anblick des Paares nicht im geringsten mit jenem in Roland Grafs Dobson messen kann.

Doch halt: so weit nach Norden wollte ich eigentlich nicht, also schwenke ich zurück zum Schützen, dessen Große Sternwolke gerade ihren Höchststand erreicht. Noch prächtiger nimmt sich ihr kleineres Pendant (M 24) aus, zumal es haargenau ins Gesichtsfeld des 40-mm-Okulars passt. Folgt man dem Band der Milchstraße nach Norden, so stößt man zunächst auf M 18, einen relativ kleinen, unscheinbaren offenen Haufen, bevor man zu M 17, einem weiteren Emissionsnebel, gelangt. Schon bei kleinen Vergrößerungen erinnert sein hellster Bereich an eine Ente oder einen Schwan. M 16 schließlich, freisichtig und bereits im Schwanz der Schlange gelegen, beeindruckt durch die herrliche Kombination von Nebel und Haufen.

Wer nun meint, damit sei der Südhimmel für kleine Geräte erschöpft, der irrt, denn mit dem ausgedehnten Kugelsternhaufen M 55 harrt ein weiteres Juwel der Betrachtung. Naturgemäß schwieriger (was die randliche Auflösung betrifft) erscheinen weiter entfernte Haufen, und so geben sich M 54, M 69, M 70 und M 75 eher "bedeckt".

Zum Abschluss unserer Reise durch den Schützen suchen Alex, Roland und ich ein herausforderndes Objekt: NGC 6822 ("Barnard's Galaxie"), welche zu unserer Lokalen Gruppe gehört. In der Tat müssen wir genau hinsehen, um das äußerst schwache Wölkchen zu erfassen, und das unabhängig vom Gerät.

Nach solcherart anstrengenden Zielen tut der Anblick des südlich der "Schild-Wolke" gelegenen M 11, eines kompakten, dreieckig umrissenen offenen Haufens, wohl. Er zählt zweifellos zu den sommerlichen Höhepunkten, kein Wunder, dass es matte "Verwandte", wie der benachbarte M 26, schwer haben.

Mittlerweile ist es am Himmel Herbst geworden, und während Mars und die Plejaden langsam höher steigen, werfe ich noch kurz einen Blick auf ein paar Kugelsternhaufen östlich der Milchstraße. Zunächst ist da M 30 im Steinbock, der auf Grund seines tiefen Standes nicht den Rang einnimmt, der ihm gebührt. M 2 im Wassermann profitiert bereits von größerer Höhe, und M 15 wiederum, nördlich des Himmelsäquators im Pegasus gelegen, ist trotz beginnender Dämmerung eine Wucht!

Am nächsten Morgen ist der Himmel einmal mehr strahlend blau, und während ich noch meinen Kaffee genieße, sehe ich bereits Roland an seinem Dobson, auf der Suche nach dem Roten Planeten. Ob er ihn bei Tag wohl finden wird? Kein Problem, gegen 09h45m MESZ geht er ihm ins "Netz", und das ohne Teilkreise, versteht sich. Ein würdiger Abschluss einer außergewöhnlichen Nacht!