Heiße Sommernacht

Sofienalpe, 19. 07. 2007

20070719api20.html

Beobachter:Alexander Pikhard
Datum:19. 07. 2007
Zeit:20.00 bis 00.30 MESZ
Ort:Sofienalpe
Instrument:12" Meade LX200 mit Philips SPC 900, Canon EOS 350D
Bedingungen:
Durchsicht:ausreichend (3)
Aufhellung:ausreichend (3)
Seeing:ausreichend (3)
Freis. vis. Grenzgroesse:5.0
Temperatur:33-25 °C
Wind:kein
Bemerkungen:Dunstig, von Norden her Aufzug von Cirren als Ausläufer nächtlicher Gewitter.
Bericht:

Wieder so ein heißer Tag mit 38°C im Schatten; BOLAM läßt den Wunsch nach einem astronomischen Chill Out auf der Sofienalpe entstehen, doch zunächst hat es auch hier noch 33°C.


Ein sehr heißer Sommerabend

Der Entschluss, hierher zu fahren, war so spontan, dass er ohne allgemeine Ankündigung erfolgte. Umso überraschender und erfreulicher, dass auch ohne explizite Ankündigung einige hierher kommen, um den Himmel zu genießen. Wieder freuen wir uns auch über interessierte Gäste.


Sehr sommerliche Station


Hier werden Mond und Venus bestaunt

Schon am hellen Tag sind Mond und Venus interessante Objekte. Die Abendsichtbarkeit der Venus wird nicht mehr allzu lang anhalten, ein bis zwei Wochen lang werden wir sie noch beobachten können. Im Fernrohr ist die Venus jetzt schon eine sehr schöne Sichel geworden.


Mond mit "Besucher"


Mond im 12" LX-200 (Mosaik aus drei Aufnahmen mit der Canon EOS 350D)


Venus im 12" LX-200 bei F=3m, Philips SPC 900, IR Passfilter 742nm

Der Sonnenuntergang ist heute noch dramatischer als sonst. Im Norden bauen sich mächtige Gewitter auf. Eine kurze Überschlagsrechnung ergibt eine Entfernung von rund 60km, also sichere Distanz. Ausserdem kommen sie nicht näher.


Ein mächtiger Gewitterturm baut sich vor der Sonne auf, sein Schatten teilt den Himmel


Der untere Teil des Turms bricht zusammen, ...


... der obere Teil hebt ab

Der Abriss des Wolkenturms ist in der Tat spektakulärer als Venus oder Jupiter. Die Wolkenformation ähnelt dem schaurigen Schauspiel eines Atompilzes und erinnert auch frappant an die seltsame Lebensform aus "Encounter at Farpoint", dem Pilotfilm zu "Star Trek: The Next Generation".

Im Norden liegt also eine Wolkenbank, die uns zunächst die Venus vorzeitig raubt.


Vorzeitiger Abschied von der Venus

Somit ist Jupiter unser nächstes Ziel.


Jupiter mit Europa und Io (ganz links). 12" LX-200 bei f/10 (F=3m), Philips SPC 900, IR Sperrfilter.
System I = 188°, System I = 13°.

Bei gar nicht so schlechtem Seeing zeigt Jupiter einmal mehr seine helle südliche Halbkugel, in der das SEB völlig fehlt. Auch das NEB wird dünner, ist aber sehr dunkel.

Jetzt verschwindet auch der Mond hinter der Wolkenbank mit einem unglaublich theatralischem Abgang.


Pastellrot versinkt der Mond - man beachte das aschgraue Mondlicht - im Westen

Allein die Dämmerung mit dem rötlich verfärbten Mond über der düsteren, dampfenden Landschaft ist ein Anblick, den wir eine gute Stunde verfolgen (und fotografieren), ohne uns anderen Objekten zu widmen. Der Anblick ist einfach zu schön. Dann versinkt der Mond hinter den ziemlich stationären Wolken.


Der Mond dringt in die Wolkendecke ein

Es wird jetzt schon merklich früher dunkel. Wir beobachten zunächst Doppelsterne (Albireo, ε Lyrae, ζ Ursae Maioris), aber bald auch Deep Sky Objekte. M57 macht den Anfang, es folgen Kugelsternhaufen (M13, M92, M10, M12, M15) und schließlich der Komet C/2006 VZ13 (LINEAR). Er ist immer noch sehr auffällig, groß, diffus, zeigt aber keinen Schweif.

Im Norden aber toben Gewitter, drei Zellen können wir ausmachen, sie müssen heftig sein, aufgrund der Blitzfrequenz. Immer wieder verfolgen wir das Aufleuchten der fernen Wolkentürme. Blitze sieht man direkt nicht, daher gibt es auch keine interessanten Fotos davon.

Gegen Mitternacht schieben die Gewitter ihre Wolkenschirme dann nach Süden und der Himmel überzieht sich mit Cirren. Immer wieder tun sich Wolkenlöcher auf, um etwa NGC 457 ("E.T.") und h+χ Persei zu beobachten. Doch schließlich ist morgen noch ein Arbeitstag, so dass wir dann doch abbauen. Eine spannende und vor allem spannungsgeladene Nacht, zumindest im Norden.