Astronomie in der Algarve

Albufeira/Portugal, 22. 07. 2007

20070722sfl21.html

Beobachter:Thomas Schröfl
Datum:22. 07. 2007
Zeit:21.30 bis 23.00 UT
Ort:Albufeira/Portugal
Geogr. Länge:-8,35
Geogr. Breite:37,083
Seehöhe:0
System:
Instrument:Pentax 75 SDHF
Bedingungen:
Durchsicht:sehr gut (1)
Aufhellung:ausreichend (3)
Seeing:sehr gut (1)
Freis. vis. Grenzgroesse:5.0
Bericht:

Am 18.7. verlassen wir ein brütend heißes Wien, um 14 Tage an der portugiesischen Algarve einen Badeurlaub zu genießen. Im Reisegepäck, wie könnte es anders sein, ist auch der handliche kleine Pentax, die Celestron GoTo.Plattform und die zwei TeleVue Zoomokulare 8-24mm und 3-6mm, denn die Algarve schein ein astronomisch recht günstiges Gebiet zu sein, wie mir das Internet verraten hat. Gibt man nämlich in Goggle die Begriffe "Astronomy" und "Portugal" ein, so erhält man als erste Fundstelle die COAA-Hompage (Centro do Observacio Astronomica no Algarve). COAA ist ein Klein-Hakos in der Nähe der Stadt Portimao, unweit von Albufeira. Klar, daß ich dort einen Besuch eingeplant habe.

Die erste Überraschung kommt gleich nach der Landung in Faro, die ich dank der Eloquenz und des Charmes meiner Tochter, und wohl auch dank einer freundlichen Crew, wieder einmal im Cockpit, diesmal in einer Boeing 737-800, live miterleben durfte. Beim verlassen des Flugzeuges empfängt uns ein fast als kühl zu bezeichnender Wind, jedenfalls wesentlich angenehmer als das Wetter in Wien. Abends finde ich bei einem Strandspaziergang hinter Felsen einen gut vom Streulicht abgeschirmten Platz, doch was tagsüber als angenehm empfunden wird, ist abends schon höchst unangenehm kalt. Doch wer nimmt einen Pullover mit, wenn es schon in Wien so heiß ist. Doch der Erwerb eines solchen wird gar nicht so einfach, denn nach Albufeira sind es gut 15 Minuten mit dem nicht vorhandenen Auto und in der erreichbaren Umgebung gibt es nichts außer Gegend. Einige Tage später unterwegs mit einem Leihwagen wird dann unverzüglich eine portugiesische Fischerjacke erstanden, denn für Astronomie in der Kälte gibt es zuhause genügend Gelegenheit. Klar, daß es von da an auch abends warm war. Die warme Luft bringt auch viel Feuchtigkeit und damit eine deutlich schlechtere Durchsicht. Darüber hinaus wird das Licht des zunehmenden Mondes immer störender. Trotz wahrlich nicht optimaler Bedingungen gehört ein Abend der Astronomie. Rund 10 Grad südlicher läßt auch die Ekliptik entsprechend höher stehen und damit auch Jupiter und den Mond. Vor allem aber ist der Skorpion in seiner Gesamtheit zu sehen, auch wenn der südlich gelegene Teil des Schwanzes doch schon vom Horizontdunst beeinträchtigt ist.

Mein erster Blick gilt dem etwas nordöstlich von Antares stehenden Jupiter. Io steht östlich des Planeten, die drei restlichen galileischen Monde sind westlich nahezu in einer geraden Linie aufgereiht. Bei stärkerer Vergrößerung sind die beiden Äquatorialbänder gut zu sehen. Dann wende ich mich dem Mond zu, der knapp 8 Tage alt ist. Das erste, was mir auffällt, ist das hervorragende Seeing. Auch wenn der kleine Pentax dafür nicht so anfällig ist, sticht es ins Auge; kein Flimmern am Mondrand und kein gleichmäßiges Durchwalken des Bildes. Gäbe es das nur öfter zuhause. Das schreit geradezu nach hoher Vergrößerung. Mit dem Naglerzoom 3-6mm, das entspricht 83-166x, taste ich mich den Terminator entlang. Obwohl mir nur die Auflösung eines Dreizöllers zur Verfügung steht, habe ich noch nie dermaßen viele Details gestochen scharf ausmachen können: Zentralberge in den Kratern, Terrassen in den Kraterwällen, kleinste Krater, feine Rillen, einfach alles an geologischen Formationen, die der Mond zu bieten hat. Beginnend bei Plato wandere ich über Archimedes, über die Dreierkette Ptolemäus, Alphonsus und Arzachel nach Süden bis Moretus.

Das nächste Ziel wird zu einer harten Nuß. In Astronomy Now habe ich tagsüber am Pool gelesen, daß Antares ein Doppelstern ist, aber ein Helligkeitsunterschied von 5,5mag und eine Separation von ca. 2,5'' verlangen mehr als 3 Zoll Öffnung und exzellente Bedingungen, sonst geht der Begleiter im Licht der Hauptkomponente unter. Bei 166facher Vergrößerung vermeine ich Ansätze einer Einschnürung zu erkennen, kann aber bei bestem Willen nicht sagen, ob hier mehr Wunschdenken als harte Fakten zu sehen war.

M24, die Sagittarius Sternwolke, ist zwar ein imposant dichtes Sterngebiet, aber bedingt durch Horizontdunst, Mondlicht und kleine Öffnung bei weitem nicht so eindrucksvoll wie in Hakos. Ein prachtvoller Ausgleich ist dafür der offene Sternhaufen M7 mit einem Durchmesser von mehr als einem Grad. Ich kann rund 40 helle Sterne zählen. Bei stärkerer Vergrößerung fällt mir am südwestlichen Rand des Haufens eine schräg liegende Kette von 5 Sternen auf mit einer Sterngruppe um den mittleren Stern der Kette, eine Formation, die verblüffend dem Kleiderbügel ähnelt.

Aus Hakos ist mir noch der offene Sternhaufen NGC 6231 im Skorpion als eines der schönsten Exemplare seiner Gattung in Erinnerung. Hier steht er nur einige Grade über dem Horizont. Bei 20facher Vergrößerung kann ich 8-10 hellere Sterne erkennen, bei 60facher Vergrößerung zeigen sich dann dazwischen noch einige schwächere Sterne.

Am übernächsten Tag - nun im Besitz eines Leihwagens - erkunden wir die nähere Umgebung. Dabei lasse ich es mir natürlich nicht entgehen im kleinen Ort Poio, nahe bei Portimao vorbeizusehen und die COAA-Sternwarte zu besuchen.

COAA wird seit 20 Jahren vom englischen Ehepaar Dr. Bev und Mrs. Jan Ewen-Smith geführt. Dr. Ewen-Smith ist Physiker (Manchester Universitiy und Cambridge University) und seit vielen Jahren begeisterter Amateurastronom. COAA liegt im kleinen Örtchen Poio, ca. 10km im Landesinneren, nordwestlich der Hafenstadt Portimao, inmitten einer hügeligen und sehr anmutigen Landschaft.


Blick auf das COAA-Anwesen


Blick zu den Beobachtungsplattformen (links außerhalb des Bildes steht die Kuppel mit dem 20 Zoll Newton)

Dr. Ewen-Smith macht mit uns eine Führung durch die Anlage von COAA. Im Haus stehen mehrere sehr gemütliche Zimmer für Gäste zur Verfügung. Der Haushalt und die Verpflegung der Gäste werden von seiner Frau besorgt, während die astronomische Betreuung in den Händen von Dr. Ewen-Smith liegt. COAA verfügt über 4 Plattformen, die 2 Clamshell-Domen und zwei klassichen Kuppeln mit Kuppelspalt versehen sind. Bemerkenswert ist deren Bauweise. Statt aus GFK bestehen sie hier aus einer Stahlrohrkonstruktion, die mit Kunststoffolie bespannt ist, eine leichte und kostengünstige Bauweise, die hier dank des milden Klimas der Algarve möglich ist. An Geräten stehen vier Newton-Teleskope von 8 bis 20 Zoll zur Verfügung und zwar ein 8-Zöller auf einer GP-Montierung, ein 12-Zoll Dobson, ein 12-Zoll Newton auf einer abenteuerlich anmutenden englischen parallaktischen Montierung und ein 20-Zoll Newton auf einer parallaktisch aufgestellten Gabelmontierung. Dazu ist natürlich reichlich Zubehör vorhanden und alles Erforderliche an PC und Software. Die Beobachtungsbedingungen sind hier sehr günstig. 75 Prozent des Jahres sind wolkenfrei und wie ich selbst bestätigen kann sind die Seeingbedingungen in der Regel wesentlich besser als in Mitteleuropa.


8 Zoll Newton auf Vixen GP


12 Zoll Newton

Aufgrund seiner Lage am 37. Breitengrad sind Objekte bis zu einer Deklination von 53 Grad Süd beobachtbar. Im Frühjahr läßt sich daher bereits ω Centauri beobachten, wenn auch nur etwas mehr als 5 Grad hoch und ebenso kommt auch noch Canopus ganz knapp über den Horizont. Die Algarve ist also nicht nur eine hervorragende und landschaftlich überaus reizvolle Gegend für einen Badeurlaub, Auch Astronomie unter hervorragenden Bedingungen kommt hier nicht zu kurz. Nähere Informationen zu COAA bei http://www.coaa.co.uk/