Bioastronomy 2007

Persönliche Eindrücke und Aufzeichnungen zur Konferenz

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Am Montag um 8.30 begannen die Vorträge. Offensichtlich hielt das Hotelmanagement die Teilnehmer der Konferenz für extremophile Lebensformen, denn der Vortragssaal war zunächst tiefgekühlt. Im Laufe der Woche wurde es dann besser.


Der Vortragssaal ...


... zunächst etwas tiefgekühlt.

Der erste Tag stand ganz im Zeichen der organischen Chemie im All. Komplexe organische Moleküle sind Vorläufer des Lebens. Daher beschäftigen sich viele Astronomen mit der Erforschung der zahlreichen chemischen Reaktionen in molekularen Gaswolken ferner Galaxien, in interstellaren Wolken und protoplanetaren Scheiben. Auf welchem Weg organische Moleküle letztlich in und auf Planeten landen, ist noch umstritten.

Am Nachmittag standen Objekte in den äußeren Bereichen unseres Sonnensystems im Mittelpunkt. Die chemischen Vorgänge auf der Oberfläche von Kuipergürtelobjekten (z.B. Pluto, Charon, Eris), Zentauren und Kometen sollen weiteren Aufschluss darüber geben, wie sich organische Moleküle zu immer komplexeren Formen verwandeln bis letztlich die Grundbausteine des Lebens entstehen können.

In diesem Zusammenhang hielt auch Dr. Pascale Ehrenfreund ihren Vortrag über die mögliche Bedeutung von PAHs (Polyaromatischen Kohlenwasserstoffen) als Übergangsmoleküle von unbelebter Materie zu einfachsten Lebensformen. Die gebürtige Wienerin ist eine Kapazität auf dem Gebiet der Astrobiologie und hat seit 2003 eine Professur für Astrobiologie an der Universität Amsterdam.


Pascale Ehrenfreund im Gespräch ...


... und bei ihrem Vortrag.

Die erste Posterpräsentation schloss den Montag ab. Neben den Vorträgen sind Poster eine weitere Möglichkeit für Wissenschaftler, ihre Forschungsarbeit zu präsentieren. "Postersessions" geben den Tagungsteilnehmern die Gelegenheit, mit Fachkollegen über ihre Arbeit zu reden. Und damit das Fachsimplen nicht zu trocken verläuft, gab es dazu Käse, Süßes und Getränke.


Buffet und Poster ...


... laden zum Plaudern und Erfahrungsaustausch ein.

Dienstag waren Titan und Mars die Hauptthemen der Vorträge.

Daten und Bilder der Cassini und Huygens Sonden haben in den letzten beiden Jahren aus dem geheimnisvollen, verhüllten Titan eine reale, greifbare Welt gemacht. Viele Analogien zwischen Titan und der Erde machen die Erforschung dieses größten Saturnmondes besonders interessant. Beide Welten werden durch ähnliche geologische Prozesse geformt. Dem Kreislauf des Wassers auf der Erde entspricht der Methankreislauf auf Titan. Wie die Erde ist Titan ständigen Veränderungen unterworfen.

Die Modelle der Titanatmosphäre, die man vor Cassini/Huygens erstellt hatte, sind noch immer anwendbar, auch wenn einige überraschende neue Details entdeckt wurden. Besonders intensiv werden die so genannten Tholins untersucht - komplexe, organische Feststoffe, die in der Atmosphäre gebildet werden und zu Boden fallen. In Laborstudien versucht man herauszufinden, was damit unter verschiedenen Bedingungen (z.B. bei Kontakt mit flüssigem Wasser) geschieht. Mit Hilfe von Cassini und Beobachtungen mit Teleskopen sollen die Laborergebnisse dann entweder bestätigt oder widerlegt werden.

Auch die Frage nach möglichem Leben auf Titan wurde angesprochen. Auf der Oberfläche des Mondes ist Leben kaum vorstellbar. Doch Modelle des inneren Aufbaus lassen auf Titan unter einer Eiskruste einen tiefen Ozean aus einem Wasser-Ammoniak Gemisch vermuten. Man ist zuversichtlich, dass mit Hilfe der Cassini Sonde dieser Ozean bald nachgewiesen werden kann. Hier wäre Leben in Form von Mikroorganismen nicht auszuschließen.

Der Saturnmond Enceladus ist ein weiterer Kandidat für einen Ozean unter der Eiskruste. Eine im Rahmen des ESA Programms "Cosmic Visions 2015 - 2025" eingereichte Mission TANDEM könnte in nicht ganz ferner Zukunft die Oberflächen von Enceladus und Titan untersuchen.

Unserem Nachbarplaneten Mars waren zwei besonders interessante Vorträge gewidmet. Dave DesMarais vom NASA Ames Research Center fasste Ergebnisse der beiden Mars Exploration Rover zusammen. Während die Daten des Opportunity Rovers im Meridiani Planum auf eine komplexe Vergangenheit mit Wasser an und unter der Oberfläche hinweisen, zeigten die ersten Ergebnisse des Rovers Spirit im Gusevkrater keine Hinweise auf Wasser in der Vergangenheit dieses Kraters. Erst der Aufstieg auf die 2,5 km von der Landestelle entfernten Columbia Hügel erlaubte es, auch älteres Gestein zu untersuchen. Diese Gesteinsschichten weisen Spuren von Veränderung durch Wasser auf.

Kritische Worte kamen danach von Jean-Pierre Bibring vom Institute d'Astrophysique Spatiale in Frankreich. Die Mars Express Sonde der ESA kartografiert die Oberfläche des Mars. Landschaftsformen auf dem Mars, die offensichtlich durch fließendes Wasser gebildet wurden, besagen noch nicht, dass das Wasser hier über lange Zeit stabil war. Daten der Instrumente auf Mars Express zeigen, dass es nur in der frühesten Zeit des Mars stabiles, flüssiges Wasser gegeben haben kann. Nur in dieser frühen Periode könnte sich Leben entwickelt haben. Vor etwa 3,8 Milliarden Jahren veränderten dann heftige vulkanische Aktivitäten das Klima und die Bedingungen auf der Marsoberfläche grundlegend. Will man also nach Spuren von Leben auf dem Mars suchen, so müsste man die alten Hochländer auf der Südhalbkugel untersuchen, nicht jene Flusstäler, in denen Wasser nur sehr kurz vorhanden war.

Nun ein kleiner Einschub über den Ablauf der Konferenz. Jeder eingeladene Vortrag soll maximal 30 Minuten dauern, ein vom Wissenschaftler selbst angemeldeter Vortrag soll maximal 15 Minuten dauern. Dabei sind ein paar Minuten für Fragen schon eingerechnet! Sehr knappe Zeiten, aber anders ist ein so umfangreiches Programm nicht durchzubringen. Der dem jeweiligen Vortragsblock vorsitzende Wissenschaftler hat die Aufgabe, seine vortragenden Kollegen mit mehr oder noch mehr Nachdruck zum Einhalten der Zeiten zu bewegen. Eine Aufgabe, die von den verschiedenen Vorsitzenden mit unterschiedlichsten Mitteln wahrgenommen wurde: von verschiedensten Klingel- und Weckertönen, über nicht ganz erst gemeinte Drohungen (bei Zeitüberschreitung die Robbespierre Methode anzuwenden) bis hin zu - man höre und staune - einem Zauberstab mit Geräuschentwicklung. Harry Potter macht auch vor der Wissenschaft nicht halt!

Der Donnerstag Vormittag war eher biologischen Themen gewidmet. Vorträge zur Entstehung von Viren und Zellfunktionen sowie zu Leben in extremen Umgebungen standen auf dem Programm. Für die Astronomie ist die Forschung in diesen Gebieten insofern von Bedeutung, weil man mit diesen Erkenntnissen die möglichen Orte für die Entstehung von Leben außerhalb der Erde besser abschätzen kann.

Der Nachmittag war hauptsächlich der Forschung nach der Entstehung des Lebens auf der Erde gewidmet. Ein Vortrag mit dem bezeichnenden Titel "Life, Gravity and Everything" befasste sich mit Experimenten an Kleinstlebewesen (Würmer und co.) unter verschiedenen Bedingungen der Gravitation - sowohl Mikrogravitation (Schwerelosigkeit) als auch Hypergravitation (bis zu 100 g!). Es zeigte sich, dass diese winzigen Lebewesen alle möglichen Zustände recht gut überleben und erstaunlich anpassungsfähig sind.

Der letzte Tag, Freitag, begann mit dem Thema Extrasolare Planeten. Durch verschiedene Entdeckungsmethoden, wie der Transitmethode oder der Suche nach Mikrogravitationslinseneffekten, gelingt es, immer mehr Detailinformation über Planeten um andere Sterne zu finden. In der nahen Zukunft werden bessere Instrumente auf der Erde und neue Weltraumteleskope die Zahl der entdeckten Exoplaneten enorm steigern.

Aber gerade durch die Entdeckung so vieler fremder Planetensysteme kam das frühere Modell der Entstehung von Planeten ins wanken. Besonders die Bildung von Gasriesenplaneten gibt Rätsel auf: Hat sich das Gas um einen zuvor entstandenen festen Körper gesammelt, oder bildeten sich Gasplaneten aus Verdichtungen in der Scheibe um den jungen Stern? Beobachtungen in verschiedenen Wellenlängenbereichen mit zukünftigen Großteleskopen werden diese Frage wahrscheinlich lösen können. Weitere Frage, an deren Beantwortung geforscht wird, sind: Können lebensfreundliche (habitable) Planeten auch in extremen Systemen (Doppelsternsystemen, Systeme mit Gasriesen ganz nahe beim Stern, ...) entstehen? Wie wirken sich nahe kosmische Ereignisse (Supernovae, Gammaausbrüche) auf die Entwicklung von Leben aus? Welche Rolle spielen die anderen Planeten eines Systems für die Entwicklung von Leben auf einem erdähnlichen Planeten?

Von einigen wenigen Exoplaneten konnte man bereits Details der Atmosphäre untersuchen. Erst Mitte Juli wurde der Nachweis von Wasserdampf in der Atmosphäre eines "heißen Jupiters" bekannt gegeben. Giovanna Tinetti stellte diese Entdeckung ihres Forschungsteams vor.

Wenn in den nächsten Jahrzehnten die ehrgeizigen Missionen Terrestrial Planet Finder (TPF) der NASA oder Darwin der ESA verwirklicht werden, dann wird es möglich sein, auch erdähnliche Planeten genau zu studieren. Daher wird bereits jetzt erforscht, welche Moleküle in der Atmosphäre eines Planeten auf Leben hinweisen und mit diesen zukünftigen Instrumenten auch nachweisbar sein werden. Methan, Ozon und Wasserdampf stehen hier ganz oben auf der Liste.

Der letzte Vortragsblock gehörte SETI (Search for extraterrestrial intelligence), den laufenden und zukünftigen Projekten dieses Programms. Danach gab es noch einige Gedanken, wie man Astrobiologie (aber auch andere Wissenschaften) einem breiteren Publikum zugänglich machen könnte. Gerade in Amerika ist man sich der Bedeutung von Öffentlichkeitsarbeit für die Wissenschaft sehr bewusst. Ich möchte mit einem Satz des letzten Sprechers, Ed Prather von der Univ. of Arizona, schließen: "Education and outreach isn't a side issue." - Bildung und Öffentlichkeitsarbeit ist keine Nebensache. Es spielt sehr wohl eine Rolle, wie die Öffentlichkeit über die Wissenschaft denkt.

Text und Fotos: Anneliese Haika