Margaretener Filmnächte 2009

Science Fiction im Park 09
16. bis 20. Juni 2009

Bruno-Kreisky-Park, Wien

Zum dritten Mal steht heuer eines unserer ambitioniertesten Street Astronomy-Projekte auf dem Programm, die Mobile Sternwarte bei den Margaretener Filmnächten 2009; Ottokar Lhotskys gute Kontakte zum Veranstalter machen dies auch heuer wieder möglich. Wie 2007 und 2008 ist auch heuer wieder das Rahmenthema "Science Fiction im Park". Heuer wieder zu einem passenderen Zeitpunkt, nachdem 2008 die Fussball-EM alles durcheinander gebracht hatte.

Zuerst ein paar Gedanken

Ambitioniert deshalb, weil es wohl kaum einen Ort gibt, an dem weniger mit Astronomie gerechnet wird, als an der lichtdurchfluteten Wienzeile, und wo das Nachtleben durchaus als "spannend" zu bezeichnen ist. Aber Street Astronomy ist auch Street Work und wie ein hoch interessantes Symposium an der Wiener Urania am Freitag dieser Woche zeigen sollte, wir dürfen hier keine Mühen scheuen, denn die Situation im Jahr der Astronomie ist durchaus vergleichbar mit jener zur Zeit Galileis.

Zur Zeit Galileis stand Astronomie in Widerspruch zum Zeitgeist, heute steht sie mit allen Bildungsinhalten in Widerspruch zur Freizeitkultur (vizebürgermeister Michael Ludwig). Das muss kein Widerspruch sein. Wir bringen Astronomie zur Freitzeitkultur und sprechen junge Menschen und Kinder an, denn "Inspire them while they are young!" Warum gerade Astronomie? "Space is inspiring and exciting!" (Marjorlein van Breemen, NEMO Science Center, Amsterdam). Ohne Kooperation funktioniert heute keine wissenschaftliche Wissensvermittlung (Jocelyne Landeau Constantin, ESOC Darmstadt). "Children are 20% of our population but 100% of our future" (Haim Harari). "Astronomy leads to a win-win-situation in scientific outreach" (Blandina Baranes, ESPI, Wien).

Wir gehen nach Margareten zu den Filmnächten, Carter Emmart vom Hayden Planetarium New York geht nach Medellin und Kambodscha. Gut, wir fangen halt klein an ...

Dienstag, Donnerstag und Samstag war für unseren Auftritt vorgesehen, als Alternative Mittwoch und Freitag.

Dienstag, 16. Juni

Am Dienstag ist aber an die Errichtung unserer Station nicht zu denken. In der Hoffnung auf die in Aussicht gestellte Wetterbesserung gehen wir zwar um 17 Uhr in Stellung, wegen der immer wieder auftretenden leichten Regenschauer und vor allem des starken und böigen Windes ist jedoch an ein Ausladen der Ausrüstung aus den Autos nicht zu denken. Um 20 Uhr verlassen wir daher - auch auf Anraten des Veranstalters - den Tatort, und versprechen dafür, am nächsten Tag zu kommen, weil die Wetterprognose für den Mittwoch vielversprechend ist. Viel zu spät und auch zu kurz klart der Himmel später auf.

Mittwoch, 17. Juni

Ein Sommerabend.

Es kommt, wie die Prognose versprochen hatte, und sehr warm. Bevor die Sonne noch hoch hinter der Berufsschule gegenüber am Wienfluß untergeht, können wir sie noch durch das 4½" Vixen Spiegelteleskop mit Glassonnenfilter herzeigen: Sehr fad, da gänzlich ohne Flecken. Dafür bescherte uns das letzte Sonnenzipferl in einem Dachkanteneinschnitt für Augenblicke eine punktförmige Lichtquelle die interessante Schattenphänomene am Würstelstand-Container demonstrieren ließ. Nun mußten entfernte terrestische Ziele herhalten: Satellitenantennen mit Alien-Gesichtern, Minutenanzeigen bei Straßenbahnstationen usw.

Roland findet mit seinem 18 Zoll Dobson den Polarstern samt Begleiter, für längere Zeit das einzige Objekt am noch hellen Himmel. Allen, die bisher noch nichts zu sehen bekommen hatten, versprechen wir den Saturn, der ab ca 20.30 Uhr mit dem Feldstecher auszunehmen ist. Nur, heuer ist er ein anstrengender Planet: Da das übliche Oh und Ah neuerdings meist ausfällt, sind laufend Erklärungen ob seines untypischen und ringlosen Aussehens notwendig.


Der Altkanzler entsteigt dem UFO?

Bei Einbruch der Dunkelheit - um 22.30 Uhr - steht unsere tapfere Mannschaft schon einige Stunden im Einsatz.


Hier Kino, ...


... hier Mobile Sternwarte

Die MA33 hat dankenswerter Weise wieder die Radwegbeleuchtung am Abschnitt entlang des Bruno-Kreisky-Parks abgeschaltet, sonst ginge gar nichts hier. Erfreulich: Der Begriff Lichtverschmutzung ist hier, auch bei unseren Gästen, durchaus schon bekannt. Ein erster, kleiner Erfolg der Astronomie. Gut, wo, wenn nicht hier, würde man sagen, denn die Wiener Innenbezirke 5 bis 9 sind die Hochburg der Grünen. Hier darf man durchaus Bewusstsein für Umweltthemen erwarten, und Lichtverschmutzung gehört dazu. Übrigens: Die Sicherheit an dem stark befahrenen Radweg leidet nicht durch die drei abgeschalteten Leuchten. Die nahe Station der U4 und ein etwas sinnlos in die Gegend leuchtendes Werbeplakat geben noch immer genug Licht ab.

Saturn ist das Objekt des Abends, gut beobachtbar auch aus der Stadt heraus (auch wenn das manche nicht mehr für möglich halten).


Saturn über dem Lichtermeer, man beachte die paar abgeschalteten Leuchten.
Links unten ein Schnappschuss aus der Hand am 18" Dobson.

Es gibt kaum ein Objekt, das mehr begeistert, als Saturn. Abgesehen vom Mond vielleicht. Als einziger Planet am Abendhimmel hat er es natürlich schwer - und wir mit ihm. Der ständigen Frage nach seinen Kollegen kann ja nur mit Verweis auf die Morgenstunden begegnet werden. Auch der Mond - stark im Abnehmen - hält sich verdeckt, wird aber gelegentlich zu theoretischen Erklärungen der Himmelsmechanik herangezogen. Dabei fällt generell auf, dass das Publikum mit fortschreitender Nacht zunehmend interessiert und diskussionsbereit ist, bzw. verständnisvoller in astronomischen Belangen.

Und an alle, die meinen, es ginge auch ohne Fernrohre: Wie sollen wir denn an diesem Ort, wo gerade einmal zwei Dutzend Sterne an einem sehr klaren Abend wie heute mit freiem Auge zu sehen sind, für Astronomie begeistern?


Rege Diskussionen am Fernrohr


Ein Blick "hinter" die Kulissen

Es ist wichtig, auch kleine Fernrohre dabei zu haben. Viele unserer Gäste haben selbst eines und holen sich bei uns wichtige Tipps.


Wichtige Tipps zum Fernrohr ...


... und zur Beobachtung

Der Himmel ist in der Tat so klar heute, dass auch freisichtig und mit dem Feldstecher einiges sinnvoll ist - vor allem, als um 0 Uhr endlich die monumentale Fassadenbeleuchtung der Mollardschule abgedreht wird.


Freisichtige Erklärungen


Blick durch das Fernglas


Die Mobile Sternwarte vor der monumental beleuchteten Mollard-Berufsschule. Ist diese Beleuchtung
wirklich notwendig für einen reinen Zweckbau? Das ist doch nicht der Kreml!

Unser Team hält bis 1.30 Uhr aus und zeigt nach Abschaltung der Beleuchtung der Mollardschule noch jede Menge Deep Sky Objekte. BesucherInnen berichten am nächsten Tag begeistert darüber, etwa über die Whirlpoolgalaxie M51. Mitten aus der Stadt. Das ist es!

Donnerstag, 18. Juni

Die erste Tropennacht in diesem Jahr. Es ist drückend heiss.


Rockmusik und ...


... Freizeit im Park

Wir beginnen unser Programm, als die Sonne hinter der Mollardschule verschwindet. Es ist heiss, jenseits der 30°C im Schatten. Es ist laut. Eine Hardrockband spielt im Bruno-Kreisky-Park. Hunderte Leute im Park versuchen, sich angesichts der Hitze möglichst wenig zu bewegen. "This could be anywhere" ... ein Park in Brooklyn, Amsterdam, Paris, Madrid, Sidney, wer weiss.


Die Sterne gibt es derzeit nur auf dem Plakat

Klar, dass wir um diese Uhrzeit noch keine Sterne zeigen können. Die Sonne ist schon weg, also bleiben nur terrestrische Ziele.


Ein Baukran ...


... ist das erste Objekt im Fernrohr


Die Kids finden es dennoch ...


... ur-cool!

Kinder, aber auch Erwachsene, finden trotzdem Gefallen an den terrestrischen Zielen; viele kommen später wieder, um Sterne zu sehen. Es dauert eine Weile, bis ich mit dem Skywatcher Refraktor und Pocket Stars auf meinem Handy Arcturus finden kann (warum ich nicht den LXD-Polkopf mit Goto-Steuerung mitgenommen habe, weiss ich nicht; vielleicht die Hitze ...).


Arcturus bei Tag

Ein Stern bei hellem Tag auf blauem Himmel, das ist schon eine Attraktion.


Das Kino wird aufgebaut


Wir zeigen schon einen Stern

Jetzt sind es noch die Kinder, die unsere Sternwarte eifrig besuchen; später müssen sie schon nach Hause.


Fernrohre sind für Kinder ...


... immer eine tolle Attraktion

In der Dämmerung ...


Die Mobile Sternwarte in der Blauen Stunde

... ist dann aber Saturn die Attraktion Nummer 1.


Saturn. Webcambild im 6" Skywatcher, man beachte das gute Seeing

Per Webcam zeigen wir gleich allen auf einmal den Saturn durchs Fernrohr, "Konkurrenz" zum Kino und als "Nebenprodukt" gibt es ein tolles Bild, eines der besten in dieser Saison. Danach montieren wir wieder ein starkes Okular. Als wir unseren Gästen erklären, wie selten es ist, Saturn von der Seite zu sehen, sind sie gleich noch mehr beeindruckt. "Nur alle 15 Jahre ..." - das ist doch eine lange Zeit!


Kino hier ...


... Saturn da

Nach Ende des Films ergießt sich ein wahrer Besucherstrom über unsere Sternwarte. Michael kann mit seinem 12" Dobson dank abgeschalteter Straßenbeleuchtung auch Deep Sky Objekte zeigen, allen voran den Kugelsternhaufen M13. Der kleine 4" Newton zeigt beharrlich den Polarstern, hier ersparen wir uns das händische Nachführen und können doch einen Stern im Fernrohr zeigen.


Gut besuchte Mobile Sternwarte


Hier geht es zum Polarstern ...


... und hier zu M13

Auch in dieser Nacht muss eher mit Gewalt gegen ein Uhr Schluß gemacht werden, da offensichtlich nicht nur Radfahrer dort spät in der Nacht unterwegs sind - sondern jede Menge Astronomiebegeisterte. So soll das Internationale Jahr der Astronomie sein - doch halt, wir machen das doch schon jahrelang; da macht sich Routine und eine gewisse Professionalität bemerkbar.

Wir sind auf dem richtigen Weg. Doch der wirkliche Durchbruch zu einer erneut aufgeklärten Gesellschaft kann nur über die Schulen erfolgen, und hier stossen alle derzeit gegen eine Mauer. Unser Bildungssystem muss sich öffnen, muss sich verändern. Wer dies verhindert, verhindert die Zukunft und beschwört so die Vergangenheit herbei. Und das wollen wir alle nicht.

Am Abend des 19. Juni zieht eine Kaltfront mit Regen über Wien und auch am 20. Juni verhindert schlechtes Wetter die Mobile Sternwarte. Nach Rücksprache mit dem Veranstalter verzichten wir auf eine Teilnahme an der letzten Filmnacht.

Text und Fotos: Alexander Pikhard und Ottkar Lhotsky