4. Jupitermonde und Lichtgeschwindigkeit

Jupitermonde

 

Der dänische Astronom Ole Rømer verwendete Verfinsterungen des Jupitermondes Io als fernes Lichtsignal, um die Lichtgeschwindigkeit zu bestimmen. Rømers Verfahren ist eigentlich sehr einfach und kann leicht, auch mit kleinen Fernrohren, nachvollzogen werden. So kann jeder den Versuch unternehmen, die Lichtgeschwindigkeit selbst zu bestimmen

 

4.1. Jupitermondverfinsterungen als erste globale Uhr


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Die Umlaufzeiten der Jupitermonde um Jupiter sind sehr konstant. Da sie im Verhältnis zur recht langen Umlaufzeit des Jupiter um die Sonne sehr kurz sind, wirkt sich die - wegen der Exzentrizität der Jupiterbahn - unterschiedliche Bahngeschwindigkeit des Planeten über einen Zeitraum von einigen Wochen auch kaum auf die Umlaufzeit der Jupitermonde in Bezug auf die Sonne (die synodische Umlaufzeit) aus. Somit treten Verfinsterungen von Jupitermonden in sehr regelmäßigen Abständen ein.

Um den Seefahrern eine bessere Orientierung zu ermöglichen, legte der französische Astronom Giovanni Cassini die Verfinsterung der Jupitermonde in Zeittafeln nieder. Mit einer solchen "globalen Uhr" sollte die Längenbestimmung auf See ermöglicht werden.


 

4.2. Ole Rømer und die Lichtgeschwindigkeit


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Als aber Ole Rømer zur Verbesserung der Zeittafeln von Cassini die Monde des Jupiter nochmals beobachtete, stellte er merkwürdige Abweichungen fest: Wenn die Erde dem Jupiter am nächsten war, stimmte alles vorzüglich, doch im nächsten halben Jahr "ging der Jupiter nach" d.h. der nächste Austritt des Mondes Io aus dem Jupiterschatten erfolgte nicht nach 42,5 Stunden, sondern ca. 13 Sekunden später. Römer stellte zusammen mit Cassini in der Zeit zwischen August und November 1676 eine Verspätung von 10 Minuten fest. Hieraus schloss Rømer, dass auf dem Weg der Erde von der Konjunktionsstellung in die Oppositionsstellung sich die Verspätungen bis 22 Minuten summieren (eine Zeitspanne, die auch damals schon gut messbar war). Im nächsten halben Jahr kam der Schatteneintritt zu früh und als die Erde wieder die Konjunktionsstellung erreichte, war alles wieder im Lot.

Rømer führte die verspäteten Schattenaustritte des Jupitermondes Io auf die Bewegung der Erde um die Sonne zurück. Dadurch, dass sich die Erde in dieser Phase vom Jupiter weg bewegte, muss das Licht eine längere Strecke zurücklegen. Aus dieser Erkenntnis eröffnete sich für ihn eine Möglichkeit zur Bestimmung der Lichtgeschwindigkeit. Rømer bestimmte die Lichtgeschwindigkeit 1676 zu 214.000 km/s - ein Wert, der zumindest die Größenordnung dieser Geschwindigkeit richtig beschreibt.


 

4.3. Die Lichtgeschwindigkeit selbst bestimmen


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Die Lichtgeschwindigkeit kann - zumindest in ihrer Größenordnung - leicht selbst anhand von Io-Verfinsterungen bestimmt werden. Man benötigt dazu ein Fernrohr und eine genaue Uhr, um die Zeiten des Verschwindens oder Wiederauftauchens von Io zu bestimmen (man muss sich auf eine Erscheinungsform festlegen, also auf Verschwinden vor bzw. Auftauchen nach der Opposition).

Wolfgang Vollmann beschreibt in seinem Papier "Die Beobachtung der Jupitermonde und ihrer Erscheinungen", erschienen im Sternenboten 6/2003, eine Beobachtung zur Ermittlung der Lichtgeschwindigkeit:

"Die erste Beobachtung von 1 VE gelang mir am 26.Feb.2003 um 21h33m35s MEZ, die bisher letzte am 29.Apr.2003 um 20h20m01s. Wenn ich vom ersten Termin mit der mittleren synodischen Umlaufzeit von Io von 1,76986 Tagen (das sind 152.916 Sekunden) 35 Io-Umläufe weiterrechne, erhalte ich ein Verfinsterungsende am 29.Apr. um 20h14m32s MEZ. Beobachtet wurde das Verfinsterungsende aber 5m29s später! Der Unterschied entsteht durch die Laufzeit des Lichts, da Jupiter am 26.Feb. 4,4243 AE, am 29. Apr. aber bereits 5,2439 AE entfernt war. Der Unterschied beträgt 0,8196 AE, das sind 122,6 Millionen Kilometer. Für diese Strecke brauchte das Licht 5m29s, also läßt sich die Lichtgeschwindigkeit zu 372.000 Kilometer pro Sekunde ableiten -- in der richtigen Größenordnung!"


 

4.4. Zur Genauigkeit


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Das Verfahren, die Lichtgeschwindigkeit aus Verfinsterungen von Io zu ermitteln, ist sehr empfindlich auf einen Fehler in der synodischen Umlaufzeit. Eine Abweichung von rund einer Sekunde in der synodischen Umlaufzeit wirkt sich in einer Abewichung von rund 10% (!) in der Lichtgeschwindigkeit aus.

Nicht unwesentlich ist auch der genaue Wert für die Astronomische Einheit (AE oder auch A.U. für Astronomical Unit); der heute gültige Wert von 1 AU = 149.597.870.691 ± 30 m wurde aus Radarmessungen der Venus ermittelt; Cassini bestimmte die Astronomische Einheit zu ca. 140 Mio. km aus Parallaxenmessungen des Mars.

Es soll an dieser Stelle nicht unerwähnt bleiben, dass die Entfernung Erde - Sonne schon um 200 v. Chr. von Eratosthenes (der ja auch den Erdumfang sehr genau bestimmen konnte) anhand von Mondfinsternissen zu [einem heutigen Wert von] 148,47 Mio. km bestimmt wurde; allerdings nahm Eratosthenes noch eine Kreisbahn an.


 
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