Doch auch sonst hatte sich einiges verändert; die am Freitag noch recht verwaiste Hütte war zum Bersten voll und so waren wir die ersten Stunden umlagert von Schaulustigen, darunter zahlreichen Kindern, sodaß sich die Frage nach dem Überbrücken der Dämmerung gar nicht stellte, eher das Aufbauen zu einem Hindernislauf wurde. Kaum zu glauben, wie oft man die Frage "Kann man da durchschauen?" mit "Später!" beantworten mußte.
Unsere Gruppe war angewachsen, wir hatte straken Zuwachs aus Wr. Neustadt erhalten. Auch vom Verein Kuffner-Sternwarte, den eigentlichen Pretul-"Entdeckern", waren viele Beobachter da, und auch einige Leute vom Institut für Astronomie. In Summe ein reges Treiben, zum Glück waren genug Instrumente da, so kam's zu keiner Drängerei.
Erste Objekt war das Neulicht, also die hauchdünne Sichel des zunehmenden Mondes. Wurde in praktisch allen Instrumenten angeschaut, ebenso wie Merkur, der einzige helle Planet des Abends - und überhaupt der einzige in dieser Nacht, auf den sich unsere Fernrohre richteten.
Die weiteren Objekte, die vornehmlich dem Herzeigen dienten, waren Vega, Ep Lyr, Beta Cyg, M3, M13, M92, M57, später auch M11 und die Nebel im Schützen. Wie auf einer Volkssternwarte (Leute, die gerne in Ruhe beobachten, wird der Platz daher vor allem an Samstagen weniger ansprechen...), es war die Hölle los. Erste gegen 23.30 Uhr legte sich der Trubel und man konnte ans Beobachten denken. Vorher war es aber ohnedies noch zu hell.
23.25 Der mit -2mag prognostizierte Iridium-Flare war ein Rohrkrepierer von +3mag und wurde von der Menge ausgebuht.
Wir hatten eigentlich viele unserer selbst gesteckten Ziele bereits in der herrlichen ersten Nacht vom 2. auf den 3. Juni erreicht, und so konnten wir uns entspannt dem Vertiefen widmen. Mein persönliches Ziel war Ophiuchus, um den ich in der Nacht zuvor irgendwie einen Bogen gemacht hatte.
Zunächst mit P14:
M10 recht groß, sehr große diffuse Zentralregion, vor der sich aber einige sehr helle Sterne befinden, die Zentralregion geht gleitend in den Hintergrund über und der Außenbereich des Haufens ist sehr locker und wirkt sogar unregelmäßig. Der Haufen wirkt sehr plastisch, bedingt durch den Umstand, daß gerade vor der Zentralregion einige helle Sterne stehen.
M12 als Kontrast besitzt wesentlich weniger helle Sterne, die diffuse Zentralregion ist etwa gleich groß wie jene von M10, vielleicht eine Spur größer, aber wesentlich weniger Einzelsterne vor und um das Zentrum. Die Sterne sind auch eine Spur schwächer als bei M10. Auch hier entsteht der Eindruck einer leicht unregenmäßigen Struktur.
M14 ist interessant. Die diffuse Kernregion ist größer als jene von M10 und M12, sehr zu meiner Überraschung. Die Sterne sind wesentlich schwächer, nur einige ganz schwache Sterne vor dem Zentrum und in den Außenbereichen, der Haufen sieht eher wie ein großer diffuser Fleck aus und bei indirektem Sehen sieht man sehr viele sehr schwache Sterne (schwächer als 13mag). Schwache Konzentration. M14 ist also deshalb scheinbar schwächer als M10 und M12, weil die Einzelsterne scheinbar schwächer sind, nicht weil der Haufen kleiner ist.
NGC6366 KStH Oph ist extrem schwach, das nur als kleine, diffuse Aufhellung in der Mitte des Gesichtsfeldes zu erkennen ist. Nur mit indirektem Sehen zu erkennen, keine Sterne.
IC4665 OStH Oph. P40. Sehr helle Sterne, noch immer größer als ein Gesichtsfeld. Sehr locker. Eher ein Feldstecherobjekt.
Weiter mit P21:
NGC6426 KStH Oph kleiner, diffuser, nebeliger Fleck mit leichter
Konzentration, ganz wenige Sterne bei indirketem Sehen.
NGC6572 PlNeb Oph sehr klein, sehr hell, bläulich-grünlich,
heller Zentralstern, kleine innere Hülle, größere sehr
schwache diffuse Hülle. Sehr interessant.
NGC6633 OStH Oph wieder ein sehr großer Haufen, weit größer als ein Gesichtsfeld. Eher für kleinere Instrumente (oder ein Fall für Fokalreduktion, doch ich war zu faul zum Umbauen).
NGC6535 KStH Ser serh klein, zentrale Verdichtung, sonst rund,
diffus, keine Sterne.
NGC6539 KStH Ser größer als 6535, diffus, keine Konzentration,
keine Sterne.
NGC6517 KStH Oph konzentriet, diffus, keine Sterne, sehr klein.
NGC6309 PlNeb Oph hochinteressantes Objekt, "Box-Nebula", winzig klein, weißlich, bei sehr starker Vergrößerung erscheint das Objekt wie zwei an der Kante aufeinandergestapelte Rhomben, daher wahrscheinlich der Name (P7). Das Objekt ist definitiv eckig, wahrscheinlich so ein "Polsterzipf", wie er bei planetarischen Nebeln ja öfter vorkommt. Voilà, das ist das Objekt der Nacht! Knapp N ein schwaches Sternchen, und mit dem Nebel sieht das Ganze aus wie ein linkskursives kleines "i". Es gibt seltsame Objekte am Himmel, und dieses ist eines davon.
NGC6356 KStH Oph hell, mittelgroß (natürlich kleiner
als M10 und M12), stark konzentriert, diffuse Hülle, bei indirektem
Sehen kaum Einzelsterne.
M9 gleich in der Nähe, endlich wieder ein auflösbarer
Haufen, etwas größer als 6356, konzentriert, große diffuse
Region, zeigt - vor allem im Zentrum - einige schwache Sternchen.
NGC6342 KStH Oph sehr klein, diffus, konzentriert, rund, keine
Sterne
NGC6440 KStH Sgr fast identisch, klein, rund, diffus, konzentriert
NGC6401 KStH Oph das einzig interessante ist ein heller Vordergrundstern.
Keine Konzentration, keine Sterne.
NGC6325 KStH Oph noch schwächer, ganz kleiner diffuser
Fleck, der nur mit indirektem Sehen zu erkennen ist. Schön langsam
unspektakulär.
M19 recht groß, sehr große Zentralregion, kleine
deutliche Hülle, sehr viele sehr schwache Sterne. Gut aufgelöst.
Leider kippen die Bedingungen und sind bei weitem nicht so gut wie in der Nacht zuvor. Es steigen von S her Dunstschichten auf, die Region im Süden ist kaum mehr zu beobachten. Auch der restliche Himmel wird zusehends kontrastärmer.
NGC6284 KStH Oph recht hell, konzentreirt, bei indirektem Sehen
einige wenige Sternchen. Sehr schön. Unterscheidet sich von den recht
unscheinbaren Objekten, die zuvor beobachtet wurden.
NGC6293 KStH Oph sehr hell, stark konzentriertes Zentrum, große
diffuse Hülle, bei indirektem Sehen sind einige Sternchen zu erkennen.
NGC6316 KStH Oph klein, helles Zentrum, rund, diffus, keine
Sterne.
NGC6304 KStH Oph etwas größer, weniger konzentriert,
rund, einigermaßen hell, diffus, bei indirektem Sehen einige ganz
wenige Sterne (?)
M62 sehr schön, sehr hell, helles Zentrum, ziemlich groß,
sehr viele schwache Sterne, die man trotz der geringen Höhe - und
den nicht ganz optimalen Bedingungen - gut auflösen kann. Sehr schön.
00.30 Nachdem die Bedingungen nicht mehr so gut sind - die nördliche Milchstraße ist noch sehr gut, aber im S wird es immer schlechter, und nachdem wir schon eine (in meinem Fall sogar zwei) schöne Beobachtungsnächte hinter uns haben, lassen wir es gut sein.
Fazit: Nachdem sich der Trubel gelegt hatte, eine schöne Beobachtungsnacht mit vielen interessanten Objekten. Dennoch - wer den Himmel mit etwas mehr Muße genießen will, sollte vielleicht nicht gerade an einem Wochenende, und schon gar nicht an einem Samstag die Pretul besuchen. Es gibt andere schöne Beobachtungsplätze, die keine touristisch dermaßen erschlossenen Ziele sind. Für unsere Gruppe war dieses Wochenende ja ein Ausnahmefall, schon in Kürze werden wir uns wieder in beschaulicherer Rund unter dem Sternenhimmel einfinden - wenn das Wetter mitspielt. Und das hat dieses lange Wochende ein paar Bonuspunkte sammeln können.
APi