Beobachter: "Nick" Michael Martinides, sowie 7 weitere BeobachterInnen: Irene, Gabi, Monika, Michi, Erich, Manfred und N.N.
e-Mail: michael.martinides@siemens.at
Datum: 03.06.2000
Uhrzeit: ab 21h00 MESZ
Ort: Unterberg(schutzhütte)
Instrumente: MEADE ETX-90EC (d=90mm, f=1250mm) mit Okular SP26 (48x, 1°)
Bedingungen: s.u.
Bericht:
Tagsüber war es sonnig und sehr heiß, kaum windig, leicht dunstig und wolkenlos. Erst am späteren Nachmittag zogen im Westen Wolkenfelder auf. Wir hatten für das Wochenende 2./3. Juni 2000 eine Wanderung zum Unterbergschutzhaus geplant und ein Bericht der WAA brachte mich auf die Idee mein ETX mitzunehmen. Die Abstimmung mit dem Hüttenwirt klappte und so konnte ich meine Ausrüstung vorher mit dem Auto über die Mautstraße zur Unterbergschutzhütte bringen (Kurz nach der Ortschaft Thal gelangt man zu einem großen Parkplatz, von dem aus - durch einen Schranken getrennt - die Mautstraße beginnt. Nach ca. 1 km nimmt man die Abzweigung "rechts" und nach einem weiteren km die Abzweigung nach "links". Man gelangt dann zur Skilift-Bergstation. Bis hierher war die Sand/Schotterstraße problemlos auch mit meinem tiefergelegten Golf befahrbar, die restlichen 300m bis zum Unterbergschutzhaus waren dann nicht mehr so toll, der Weg wird an einer Stelle sehr steil und sehr holprig. Man könnte also im Notfall auch das Auto bei der Liftstation parken und den Rest zu Fuß gehen. Darüber freuen sich auch die Wanderer, denn Automassen auf der Wiese direkt vor der Schutzhütte sind kein toller Anblick).
Vom Unterbergschutzhaus (h=1190m) aus hat man uneingeschränkten Blick Richtung Süden, nach Norden deckt der Unterberg (das Gipfelkreuz ist noch ein "paar" Höhenmeter höher) den Horizont bis ca. 25° Höhe ab. Wir stiegen daher noch zum Gipfel auf, in der Hoffnung, Mond und Merkur nach Sonnenuntergang in der Dämmerung beobachten zu können.
Wir hatten Glück, inzwischen hatten sich die Wolkenfelder im Westen aufgelöst, und bis auf eine ca. 5° hohe Dunstschicht war der Blick Richtung Sonnenuntergang nun frei. Allerdings war es um ca. 21h15 noch so hell, dass weder Mond noch Merkur freisichtig erkennbar waren. Ich hatte mir zwar deren Positionen relativ zu den Umgebungssternen im Sternbild Gemini anhand der Darstellung in "Sky & Telescope" 06/2000 aufgezeichnet, allerdings waren (anfangs) gar keine Sterne erkennbar und so blieb eben nur die Methode "Fischen im Trüben".
Aber bereits wenige Minuten später konnte ich zuerst den Mond und dann auch den Merkur im 10x50-Feldstecher finden. Knapp über der Dunstschicht war die schmale gelbe Sichel des 1,3 Tage alten Mondes zu erkennen. Wenn man sich die Richtung genau einprägte, war der Mond anschließend auch freisichtig erkennbar. Im rasch aufgestellten ETX waren trotz schlechtem Seeings viele Krater in der ungewöhnlichen Perspektive als einzelne schwarze Striche erkennbar.
Aber wo war Merkur ? Hier half mir nun die zu Hause angefertigte Skizze. Anhand der Position des Mondes und seiner scheinbaren Größe konnte nun auch Merkur zuerst im Feldstecher und ab 21h30 mit freiem Auge erkennen: 4 "Finger oberhalb" und 1 "Finger links" vom Mond, an der äußersten Grenze der Dunstschicht, dort wo das helle "gelb-blau" der Dunstes bereits in das dünklere "blau" des Abendhimmels überging, war Merkur der einzige erkennbare Lichtpunkt. Der Wind wurde nun immer stärker und obwohl zuvor beim Mond im ETX noch Details erkennbar waren, tanzte der Merkur nun im Gesichtsfeld so stark umher, dass die Phasengestalt (ca. "Halbmond") von ungeübteren Beobachtern kaum erkannt werden konnte.
Kurz vor 22h war es dann doch schon recht finster geworden und wir begannen mit dem Abstieg zurück zur Unterbergschutzhütte. Länger hätten wir nicht mehr warten dürfen, denn mangels einer vernünftigen Taschenlampe war der Weg nur mehr schwer erkennbar (... ich weiß - unverantwortlicher Leichtsinn - eine Rotlicht-Taschenlampe ist für Wanderungen im Gelände nicht geeignet, ... dafür haben wir am Wegrand ein einzelnes Glühwürmchen gesehen, das uns sonst nicht aufgefallen wäre).
"Unten" bei der Schutzhütte angekommen, war von dem Wind überhaupt nichts mehr zu spüren. Anscheinend schützen der Unterberg im Norden und die Bäume im Süden den Wind recht gut ab.
Ab 23h begannen wir mit dem Aufstellen des ETX auf der leicht abfallenden Wiese, ca. 50m südlich vor dem Unterbergschutzhaus. Die wenigen Lichter der Schutzhütte (keine Außenbeleuchtung !) störten in dieser Entfernung überhaupt nicht mehr. Auch die restlichen Beobachtungsbedingungen waren optimal: es war noch immer ziemlich warm, kein Wind (perfektes Seeing: kein Sternfunkeln und auch im ETX waren die Sterne als unbewegliche, runde Sternscheibchen erkennbar), sehr gute Durchtsicht (im Zenith war M13 freisichtig erkennbar, im Osten war die Milchstraße - zwar nur knapp über dem Horizont - bereits recht gut erkennbar, mit vielen helleren und dunkleren Stellen) und es gab keine nennenswerten Aufhellungen (nur im Nord-Osten ein ca. 5° hohes blaues Band, das möglicherweise von Wien verursacht wurde).
Insgesamt hatten sich die bereits oben genannten 7 Gastbeobachter eingefunden,
darunter der Hüttenwirt Manfred und einer seiner Angestellten. Die
Beobachtungsliste beschränkte sich daher auf folgende "effektvolle"
Objekte:
M13, Kugelsternhaufen (HER): genau im Zenith, freisichtig, im ETX war die Randpartie sehr deutlich in Einzelsterne aufgelöst, aber auch das Zentrum war nicht gleichförmig, sondern "gesprenkelt".
M57, "Ringnebel", Planetarischer Nebel (LYR): nicht besser oder schlechter als sonst auch, die Ringgestalt war aber von Laien sofort erkennbar.
M4, Kugelsternhaufen (SCO): weder der Rand, noch das Zentrum waren in Einzelsterne aufgelöst, allerdings war M4 auch nur 13° über dem Horizont und daher gegenüber M13 im Nachteil.
M27, "Hantelnebel", Planetarischer Nebel (SGE): die sonst vielfach beobachtete "Z"- bzw. "Hantel"-Form war diesmal nicht so ausgeprägt, der Nebel war sehr hell und wirkte eher rechteckig, von einem lichtschwächeren Oval umgeben.
M11, Offener Sternhaufen (SCT): wie auch M27 hatte M11 noch nicht seine optimale Höhe erreicht, trotzdem ein wie üblich toller Anblick: viele einzelne helle Sterne, "V"-förmig angeordnet, nach zwei Seiten hin scharf abgegrenzt und in der Mitte ein sehr heller Stern.
M14, Kugelsternhaufen (OPH): man soll es nicht glauben, aber die drei Kugelsternhaufen M10, M12 und M14 im OPH habe ich bisher noch nie beobachtet. Im Gegensatz zu den beiden anderen Objekten ist M14 anhand von Umgebungssternen am schwierigsten aufzufinden und außerdem weniger interessant: zwar recht hell, aber nicht aufgelöst.
M10, Kugelsternhaufen (OPH): ist einfacher zu finden als M14 und lohnenswerter: ähnlich wie auch bei M13 sind die Randpartien deutlich aufgelöst und das Zentrum nicht gleichförmig, sondern unregelmäßig.
M12, Kugelsternhaufen (OPH): wirkt gar nicht wie ein Kugelsternhaufen, sondern eher wie ein offener Sternhaufen, es sind sehr viele einzelne Sterne erkennbar, nur geringe Zentrumsverdichtung.
IC4665, Offener Sternhaufen (OPH): vergleichbar mit den Pleyaden, am schönsten ist der Anblick im Feldstecher, ca. 1 Dutzend helle Sterne, zu groß für das Gesichtsfeld im ETX.
Um Mitternacht verabschiedeten sich die meisten Gastbesucher und somit konnte ich mich an etwas anspruchsvollere Objekte heranwagen:
M97, "Eulennebel", Planetarischer Nebel (UMA): ausgehend von Beta-UMA war im Feldstecher bzw. Sucher die ungefähre Position anhand der umgebenden Sterne rasch anvisiert. Im ETX stellt sich das Problem, dass bei Deklinationen über 70° der Sucher nicht benutzbar ist, M97 war mit 55° noch problemlos anvisierbar. Bereits beim ersten Blick ins Okular war ein großer runder grauer Fleck erkennbar, der aber durch einen nahe gelegenen helleren Stern sofort überstrahlt wird und wieder verschwindet. Wenn man aber diesen Stern an den Rand des Gesichtsfeldes positioniert oder sich auf M97 konzentriert, ist der PN auch von ungeübteren Beobachtern zu erkennen: als grauer runder Fleck ohne Strukturen, größer als M57 und kleiner als M27.
M81, Galaxie (UMA): die ungefähre Position ist ausgehend von 23UMA und zwei Dreier-Sterngruppen hin zu 24UMA im Feldsteher sehr einfach zu finden. M81 ist dann auch bereits bei dieser Vergrößerung deutlich als nebeliges Fleckchen erkennbar. Sollte also für den Sucher im ETX kein Problem sein ... wäre da nicht die hohe Deklination von 69°: die Basis des ETX stört und der Sucher kann nur mit viel Akrobatik benutzt werden. Entsprechend lange hat es auch gedauert, bis ich dieses eigentlich einfache und helle Objekt im ETX sehen konnte. Sehr schöner Anblick, ein sehr heller kleiner Kern umgeben von einer großen ovalen Scheibe.
Durch die Suche nach M81 war ich so genervt, dass ich anstelle nach M82 zu suchen, den Beobachtungsabend abbrechen wollte, aber dann doch noch rasch einen Blick auf die Milchstraße warf. Inzwischen war es Mitternacht geworden und es war noch immer warm und windstill. Die Milchstraße war nun ein prachtvoller Anblick: die "Wolke" "oberhalb" des Schwans war nicht gleichförmig grau, sondern funkelte und glitzerte - einfach umwerfend, mit vielen helleren und dunkleren Stellen bis hin zum Sternbild Schütze. Also doch noch rasch ein paar Blicke auf die folgenden Vorzeige-Objekte:
M8, "Lagunennebel", Nebel + Offener Sternhaufen, (SGR): freisichtig erkennbar, auch im ETX ein toller Anblick: viele dunklere und hellere Partien, aber nicht ganz so spektakulär wie voriges Jahr am Stuhleck.
M16, "Adlernebel", Nebel + Offener Sternhaufen, (SGR): heller Sternhaufen umgeben von einem runden Nebelfleck.
M17, "Schwanennebel", Nebel + Offener Sternhaufen, (SGR): die Schwanengestalt war sehr deutlich erkennbar.
M23, Offener Sternhaufen (SGR): wunderschön in Einzelsterne aufgelöst.
Noch ein kurzer Blick nach Osten ... kann sich das ausgehen ... da zwischen den Baumwipfeln ... und da ist er:
M31, "Andromedanebel", Galaxie (AND): nur 10° über dem Horizont und doch schon umwerfend hell und groß.
Ein wunderschöner Beobachtungsabend (der nur getrübt wurde durch meine Pollenallergie, die an diesem Tag leider so extrem war, dass ich bis spät in die Nacht hinein durch ständiges Niesen und tränende Augen geplagt wurde) ging nun zu Ende.
Mir hat der Beobachtungsplatz vor dem Unterbergschutzhaus sehr gut gefallen. Die Zufahrt ist einfach, allerdings sollte man sich unbedingt mit dem Pächter vorher abstimmen, die Befahrung der Mautstraße ist Genehmigungspflichtig und Automassen vor dem Schutzhaus sind auch kein toller Anblick. Dafür kann man hier (im Gegensatz zur Ebenwaldhöhe) vor Ort übernachten (reservieren nicht vergessen !) und auch Beobachtungsfläche gibt es reichlich (ohne wildes Bergvolk das vor der Nasenspitze vorbeirast). Schließlich ist man auch gegen den Wind (im Gegensatz zu Beobachtungsplätzen auf Berggipfeln wie z.B. Stuhleck) besser geschützt.
... Herz was willst Du mehr ...
Meine Homepage: http://mitglied.tripod.de/Nick9000/index.html
"Nick" Michael Martinides
Anmerkung der Redaktion: Danke für den tollen Bericht! Vom 30.
6. bis 2. 7. ist schon für die WAA reserviert. Details beim Stammtisch
und beim Beobachtertreff!