Unser Besuch im Mt. Wilson Observatory wurde von Wolfram Patzl eingefädelt. Über ihn bekamen wir Kontakt zu Sue Kientz, einer Mitarbeiterin des JPL, die eine Sonderführung für uns organisierte (und gleich selber mitmachte). Die Führung wurde von Pam Gillman gehalten, und war eigentlich mehr ein Spaziergang und ein nettes Plaudern.
Treffpunkt war bei Sues Haus in Pasadena; von dort fuhren wir über eine wildromantische Bergstraße auf den Mt. Wilson. Nach einem eher feuchten und nicht zu heissen Frühling blühen dort noch die Yukkas.
Die einzelnen Gebäude des Observatoriums liegen locker verstreut zwischen Föhren versteckt, man sieht kaum von einem zum nächsten. Dazu kommt noch, dass wir einen sehr schönen Tag erwischt haben, der Himmel war wolkenlos und die Luft angenehm warm, obwohl man dort doch auf knapp zweitausend Metern Höhe ist. Aus dem Smog von Los Angeles ist man bereits heraus, die Dunstglocke tief unten im Tal ist deutlich zu sehen und wirkt auf den ersten Blick wie eine Wasserfläche.
Die erste Station war die Kuppel des 60 inch-Reflektors. Ein Gerät dieser Größe wirkt ungeheuer beeindruckend, wenn man direkt daneben steht. Das Instrument wird in erster Linie fotografisch genutzt, eine visuelle Beobachtung ist aber nach wie vor möglich, der Okularstutzen ist vorhanden und braucht nur bestückt zu werden. Direkt neben dem Instrument lagern zwei Tubusteile mit unterschiedlichen Aufhängungen für den Primärfokus; damit können unterschiedliche Verwendungen des Instruments konfiguriert werden. Der Kran zum Bewegen der massiven Konstruktionen ist ebenfalls in die Kuppel eingebaut. Die Nachführung befindet sich unterhalb der Kuppel; dort findet sich auch ein Raum mit Computern, der ein ferngesteuertes Arbeiten mit dem Instrument ermöglicht. Beim Verlassen des Gebäudes sahen wir noch die im Original erhaltenen Kästchen früherer Beobachter, z. B. Hubble und Babbock, irgendwie ein eigenartiges Gefühl.
Beobachtungszeit auf diesem Instrument ist im Prinzip allgemein erhältlich, muss aber bezahlt werden.
Als Nächstes konnten wir den 100 inch-Reflektor bewundern, allerdings nur aus der Besuchergalerie, und damit ist der Gesamteindruck auch nicht so überwältigend wie in der Kuppel des 60 inch-Reflektors, man ist doch ein gutes Stück vom Instrument entfernt. Trotzdem wirkt es natürlich sehr massig. Aufgrund der Montierung kann nicht in hohen nördlichen Breiten beobachtet werden, das Instrument ist zwischen zwei in Nord-Süd-Richtung aufgestellten Pfeilern aufgehängt. Der südliche ist erheblich niedriger, aber der nördliche muss konstruktionsbedingt höher sein und schränkt damit die Bewegungsfreiheit des Teleskops in dieser Richtung deutlich ein.
Auf den verschiedenen Wegen zwischen Gebäuden tauchten immer wieder kleine Kuppeln auf, die zum Interferometer Projekt CHARA gehören. Die Kuppeln für CHARA sind durch Rohre verbunden, die auf den ersten Blick wie Wasserleitungen wirken, tatsächlich wird hier das Licht weitergeleitet. CHARA soll bald voll funktionstüchtig sein, man ist dabei, die letzten Fehler auszumerzen.
Ein weiteres Teleskop, das TIE Teleskop, steht für Schulen und Ausbildung zur Verfügung. TIE ist ein Akronym für "Telescopes In Education"; für Schüler steht hier ein 24 inch-Reflektor zur Verfügung. Auch nicht schlecht...
Zwischen den Gebäuden für astronomische Zwecke finden sich immer wieder Häuser für die Astronomen, die zum Teil das ganze Jahr dort oben wohnen. Das ist natürlich sehr praktisch, im Winter aber nicht unbedingt lustig; Schneefälle sind ganz normal, und die Auffahrt ist dann zweifellos anstrengend und gefährlich.
Zum astronomischen Betrieb gehören nicht nur Kuppeln, Coumputerräume oder Verwaltungsgebäude, sondern auch eine alte Werkstatt und eine Bibliothek. Die Werkstatt enthält etliche originale Geräte, die mit Treibriemen aus Leder an eine zentrale Kraftquelle angeschlossen werden können. Die Stromversorgung erfolgte früher mit einem Generator, der zwar nicht mehr verwendet wird, aber nach einer Restaurierung durch eine private Gruppe voll funktionstüchtig ist. An die Bibliothek angeschlossen ein Erholungsraum mit Flipper (mit Planetenmotiven) und Billardtisch.
Ende und eigentlicher Höhepunkt der Führung war ein Besuch im Solar Tower, Pams Arbeitsplatz. An der Spitze eines ca. 45 Meter (150 feet) hohen Stahlturms wird das Sonnenlicht mit Spiegeln gefangen und durch eine Linse senkrecht nach unten gespiegelt. Die Spiegel werden täglich händisch ausgerichtet; dazu fährt jemand mit einer Art Lastenaufzug auf der Aussenseite des Turms hoch - nur für Schwindelfreie zu empfehlen! Ungefähr auf Erdniveau wird das Bild der Sonne ausgewertet. Am Grund eines Schachtes werden Spektra des Sonnenlichtes erzeugt. Die tägliche Arbeit der dort beschäftigten Astronomen besteht im Sammeln von Daten: Magnetogramme, helioseismologische Daten, aber auch visuelle Skizzen von Sonnenflecken. Wirklich überraschend ist der Eindruck, der in den zwei kleinen, engen Räumen entsteht; alles ist ein bisschen improvisiert, die Computer sind teilweise nicht die Jüngsten. Pam spricht von Geldproblemen und der Notwendigkeit, zu publizieren, um 'in business' zu bleiben. Trotz all dieser Schwierigkeiten werden hier unter anderem Daten für die heilioseismologische Forschung erarbeitet. Es ist ganz faszinierend, einmal dort zu stehen, wo die teilweise spektakulären Neuigkeiten der Forschung ihren Anfang nehmen.
Bilder unter http://curves.labiker.org/images/mt-wilson/!
The Mt. Wilson Observatory 150-Foot Solar Tower: http://www.astro.ucla.edu/~obs/intro.html
Robert Glock
Die WAA plant für das Jahr 2002 eine Astronomiereise in den Südwesten USA mit Besichtigung der wichtigsten Sternwarten in dieser Region.