Am Ende unserer Reise im Süd-Westen der USA stand noch der lange
erwartete Besuch beim JPL (Jet Propulsion Laboratory) in Pasadena. Über
Wolfram Patzl hatten wir schon von Wien aus den Kontakt zu Sue Kientz geknüpft.
Sie arbeitet im JPL und hatte uns die Führung organisiert. Bei der
Anmeldung lernten wir D.J. Byrne kennen, der uns und 6 oder 7 andere herumführen
sollte.Die übrigen Gäste bei der Führung waren alle in irgendeiner
Weise mit dem JPL verbunden - Angestellte
des JPL oder deren Angehörige. Wir waren die einzigen "richtigen"
Besucher.
D.J. (niemand kennt seine vollen Vornamen) ist ein Computerfachmann, der überall dort im JPL eingesetzt wird, wo man ihn braucht. Er hat uns eine ganz tolle Führung gegeben, sodaß wir am Ende, nach 1 1/2 Stunden, erstaunt waren, wie schnell die Zeit vergangen war.
Die Führung begann in dem Saal, wo auch die Pressekonferenzen abgehalten
werden. (Ja, genau der Saal, in dem die strahlenden Mitglieder der Mars
Pathfinder Mission das erste Farbpanorama vom Mars der Presse vorgeführt
haben.) Dort sahen wir zunachst einen Film, der über die Geschichte
und die vielfältigen Aufgabenbereiche des JPL informiert. Die Sprecherin
des Films ist übrigens Jody Foster.
Wie uns D.J. erklärte, hat das Jet Propulsion Laboratory heute
weder mit Jet noch mit Propulsion (=Antrieb) zu tun. Es beschäftigt
sich mit unbemannten Missionen zur Erforschung unseres Planetensystems
und der Erde. Dazu gehören nicht nur die vielen Raumsonden (Galileo,
Cassini, die verschiedenen Mars Sonden, Voyager 1 und 2, ...) und Erdsatelliten
sondern auch die WFPC2 am Hubble Space Teleskop sowie das Deep Space Network.
Letzteres besteht aus drei, über den Erdball verteilten, riesigen
Radioantennen (die größte hat 100 m Durchmesser), mit deren
Hilfe der Kontakt zu den Raumsonden aufrecht erhalten wird.
In dem Saal stehen mehrere kleine Modelle von Raumsonden und eine der vier original Voyager Sonden. Es ist ein weitgehend funktionstüchtiges Exemplar. In den 60 und 70er Jahren wurden von einer Raumsonde oft gleich mehrere Exemplare gebaut, so auch von der Voyager Sonde. Zwei Voyagers wurden ins All geschickt, weil man damals mit 50% Wahrscheinlichkeit damit rechnen konnte, daß der Start in einer Explosion endet. Doch die Voyagers hatten beide Glück. Die zwei am Boden gebliebenen Sonden wurden im Falle von Problemen als Versuchsobjekt für Lösungsmöglichkeiten verwendet. Was mich etwas erstaunte, war die Größe der Voyager Sonde. Ich hätte sie mir kleiner vorgestellt. An der Vorderseite der Sonde ist die berühmte Platte mit den Nachrichten für Außerirdische angebracht. Auf einer Schautafel daneben sind alle Bilder, die auf der Platte gespeichert sind, zu sehen. Sie sollen einen Querschnitt durch die vielfältigen Lebensformen und -räume auf der Erde geben. Ob sich die Außerirdischen da wohl auskennen werden? Beide Voyager Sonden senden noch immer Daten zur Erde. Mittlerweile sind sie dabei die sogenannte Heliopause - die Zone, wo der Sonnenwind auf das interstellare Medium trifft - zu erreichen. Die Signale brauchen derzeit ca. 10 Stunden in eine Richtung.
Unser Rundgang führte uns nun aus dem Empfangszentrum hinaus über das ausgedehnte Gelände des JPL. Die Gebäude sind über ein großes Areal verstreut, dazwischen gibt es Parkanlagen und Straßen für den interen Verkehr. Unmittelbar hinter dem Gelände erheben sich die San Gabriel Mountains.
Die nächste Station in unserer Führung war das Gebäude,
in dem Raumsonden zusammengebaut werden. Als Besucher darf man nur durch
eine Glasscheibe in die Halle blicken. Derezeit werden keine Sonden gebaut,
aber es steht unter anderem ein 1:1 Modell der Cassini Sonde (diesmal keine
Ersatzsonde sondern wirklich "nur" ein Modell) in der Halle. Daneben eine
als Mechaniker angezogene Puppe in Menschengröße. Cassini ist
noch wesentlich größer als die alten Voyager Sonden!
Der Raum selbst ist mehrere Stockwerke hoch und muß absolut staubfrei
gehalten werden. Die Arbeitskräfte müssen sogenannte "Bunnysuits"
mit Haube und Mundschutz tragen, ähnlich wie Ärtze bei einer
Operation. Die Luft wird von der Decke nach unten geblasen. Der Fußboden
besteht aus vielen Gittereinsätzen, durch die die Luft und eventuell
hereinkommender Staub abgesaugt werden. Leichtes Rätselraten verursachten
die an die vier Wände gemalten Buchstaben für die Himmelsrichtungen.
D.J. vermutete, daß die Ausrichtung des Erdmagnetfeldes für
manche Geräte eine Rolle spielen könnte. Da der Raum keine Fenster
hat, muß man sich so behelfen. Eine Dame aus der Gruppe meinte zwar,
daß es in dem Fall genügen müßte, die Nordrichtung
anzuschreiben. Doch D.J. meinte, wenn man wochenlang hier drinnen bei Kunstlicht
arbeitet, weiß man nicht mehr wo oben und unten ist. Also besser
alle Richtungen beschriften.
Als nächstes gingen wir in ein anderes Gebäude, das "Microlab".
Hier werden Geräte im Miniaturformat entwickelt und gebaut, denn in
Raumsonden muß alles möglichst platzsparend untergrbracht werden.
Eine ganze Reihe von Modellen zeigt die verschiedenen Geräte, die
schon entwickelt wurden. Was ich aber noch interessanter fand, war der
Blick hinter die Glasscheiben, wo die Techniker in den Staubschutzanzügen
an der Arbeit waren. Die einzelnen Labors, in die man hineinsieht, wirken
ziemlich angeräumt mit technischen Geräten.
D.J. erklärte uns, daß das JPL seine Erfindungen nicht kommerziell
nutzen darf. Wenn eine Erfindung auch außerhalb der Raumfahrt Verwendung
findet, dann kommen andere Firmen und machen das große Geld damit.
Wir beendeten die Führung mit einem Besuch im Mission Controll
Center. Auch diesen Raum darf man nur von einer Besuchertribüne hinter
Glas bestaunen. Der Blick kam mir bekannt vor: Hier dürfen bei besonderen
Anlässen Fernsehkorrespondenten ihre Berichte aufnehmen.
Zu dem Raum hörten wir folgende Geschichte: Nachdem immer mehr
Missionen des JPL gleichzeitig ablaufen, war der Raum irgendwann hoffnungslos
überfüllt. Darauf hin hatten sie die Idee, die Daten zu den jeweiligen
Zentren der Missionen umzuleiten, sodaß niemand mehr in diesem Raum
arbeiten mußte. Soweit so gut. Doch nach einiger Zeit kam die Order
von "oben", daß es für die Besucher nicht gut aussieht, wenn
der Kontrollraum immer völlig leer ist. Daher wurden nun doch wieder
einige Missionen hierher verlegt - damit sich was tut, wenn Besuch kommt.
Große Bildschirme zeigen Bilder der verschiedenen Missionen (für
die Besucher), andere Videowände zeigen die Zeit bis zu den nächsten
großen Ereignissen an: noch soviele Tage bis zur Begegnung von Galileo
mit Io, noch soviele Tage bis zum nächste Start eines Satelliten,
noch 5 Tage bis zu Bills Pensionierung, ...
An der Wand der Besuchertribüne hängt ein Größenmodell
der Planeten. Für jeden Planeten hängt eine entsprechend große
Scheibe an einer Pinwand: Merkur, Venus, Erde, Jupiter, .... oops! D.J.
war sich ganz sicher - als er das letzte Mal da war, gab es noch einen
Mars! Da war wohl ein Souvenierjäger am Werk gewesen.
In einer Vitrine steht ein kleines Modell von einem der drei Deep Space
Network Radioteleskope. D.J. berichtete uns begeistert, wie beeindruckend
es ist, so eine riesige Antenne in Bewegung zu sehen.
Damit endete der offizielle Teil der Führung. Wir gingen danach
natürlich noch in das Souveniergeschäft des JPL. Da es sich am
Gelände befindet, ist es nicht öffentlich zugänglich und
wird hauptsächlich von den 5000 Angestellten des JPL genutzt.
Den Abschluß bildetet ein Mittagessen in der JPL Cafeteria mit
Sue, D.J. und noch einem Freund der beiden. Dabei gewannen wir den Eindruck,
daß die Stimmung unter den Angestellten am JPL sehr locker, entspannt
und freundschaftlich ist.
Auf dem Weg zum Parkplatz fiel mir auf, daß die Geschwindigkeitsbegrenzung für den Parkplatz in Kilometern und Meilen angegeben ist (das ist in den USA sonst sehr selten). Ich mußte an die Marsmission denken, die wegen der Verwechslung von Maßeinheiten schief gegangen war und konnte mir ein Schmunzeln nicht verkneifen. Haupsache am Parkplatz werden beide Maßeinheiten angegeben!
Anneliese Haika
Bilder unter http://eis.jpl.nasa.gov/~skientz/images/jpl/.