CCD-Nacht

Sternwarte Mariazell, 19. 09. 2003

20030919api20.html

Beobachter:Alexander Pikhard
Datum:19. 09. 2003
Zeit:20.00 bis 03.00 MESZ
Ort:Sternwarte Mariazell
Instrument:12" Meade LX-200, StarlightXpress MX916
Bedingungen:

Durchsicht:gut (2)
Aufhellung:gut (2)
Seeing:ausreichend (3)
Freis. vis. Grenzgroesse:6.5
Temperatur:18 °C
Luftfeuchtigkeit:hoch
Wind:kein
Bemerkungen:Unglaublich mild für die Jahreszeit, daher auch das fatale Seeing. Durchsicht später nicht so gut wegen Dunst.

Bericht:

Erste Nacht des 11. CCD-Workshop in Mariazell. Eine Premiere: Es ist der wärmste CCD-Workshop aller Zeiten. Bis 22 Uhr beobachte ich im T-Shirt, danach tuts ein Pullover (natürlich "der" offizielle WAA-Sweater). Vor allem die aus Deutschland angereisten Teilnehmer sind von diesen Witterungsbedingungen überrascht. Sie bestaunen den Sternenhimmel so enthusiastisch wie unsereins den Himmel in Namibia, während die "Eingesessenen" den Himmel aus "durchaus gut, etwas dunstig einstufen. Ich denke, wir können über unsere Bedingungen noch froh sein!

Ich baue mein 12" LX-200 vor der Sternwarte auf und montiere so ziemlich alles, was ich an elektronischen Bildempfängern habe. Die WebCam wandert aber bald wieder in den Koffer: Die Wärme hat ihren Preis in Form eines total schlechten Seeing und der Mars ist zu vergessen, die ganze Nacht über.

Ich habe vor, mit meinen Astronomik RGB-Filtern zu experimentieren; und noch ein Experiment steht auf dem Programm: Der Einsatz von zwei (!) f/5.6 Fokalreduzierern! Nachdem die Tests mit f/3.3 Reduzierern erfolglos waren - die Verzeichnung war zu stark - nun ein zweiter Versuch, zu scharfen Aufnahmen mit schnellem Öffnungsverhältnis zu kommen. Schon ein erstes Testbild zeigt: Volltreffer! Der Fokus geht sich aus und die Sterne sind bis zum Rand hin gestochen scharf. Jetzt habe ich aus meinem LX-200 ein schnelles Instrument mit in etwa f/3.5 gemacht, da sind auch die Nachführungenauigkeiten des LX-200 kein Thema mehr. Von 180 Aufnahmen ist eine einzige Ausschuss, weil ein Flugzeug durchs Bildfeld geflogen ist!

Nach einem SW-Test an M31 geht es an RGB. Ich nehme pro Objekt und Farbe bis zu 30 Aufnahmen zu je 20 Sekunden Belichtungszeit auf, Dunkelstrom und Flatfield werden natürlich auch korrigiert. Macht immerhin 90 Aufnahmen pro Objekt und damit eine Gesamtbelichtungszeit von 90 x 20 = 1800 Sekunden oder einer halben Stunde. Damit ist klar: In Farbe ist CCD nicht wesentlich schneller als herkömmliche Fotografie. Aber viel einfacher.

Bei der Ausarbeitung der Bilder verwende ich weisse Sterne zur Kalibrierung. Interessanter Weise sind die R-, G- und B-Faktoren nicht konstant, offenbar spielt die Höhe der Objekte über dem Horizont auch eine Rolle, die Extinktion ist eben nicht weiss. Die Ausarbeitung erfolgt mit AstroArt 3.0, das Summieren mit Bilddrehung - wegen der azimutalen Montierung - perfekt beherrscht und eine sehr komfortable RGB-Komponierfunktion hat.

Jetzt die Bilder dieser Nacht:


M31, 20 x 20 Sekunden. Testaufnahme für die Fokalreduktion.


M57, 30 x 10 Sekunden pro Farbkanal. Ein Klassiker.


M33, 30 x 20 Sekunden pro Farbkanal. Hier war es sehr schwierig, die zarten Farben zu betonen,
doch die hellen HII-Gebiete wie links NGC604 kommen recht deutlich lachsrosa heraus.


NGC281 in der Cassiopeia, 30 x 20 Sekunden pro Farbkanal. Auch eine Herausforderung.


Cirrus-Nebel NGC6960 (Ausschnitt), 30 x 20 Sekunden pro Farbkanal. Wieder war es sehr
schwierig, die zarten Farben herauszubekommen, ohne sie zu übertreiben. Aber schön.


Der Hellix-Nebel NGC7293, 30 x 20 Sekunden pro Farbkanal. Auch ein Klassiker.

Jedenfalls ist eines klar: Viele Objekte pro Nacht sind nicht drin. Der Mond geht auf, bald danach Saturn. Das schlechte Seeing macht beide Objekte unattraktiv, dennoch halte ich den Mond mit der Digitalkamera fest. Der Grund: Die gute Sichtbarkeit des Mare Orientale!


Der abnehmende Mond im 50mm Plössl. An Grimaldi erkennt man deutlich die extreme Libration.


Detailausschnitt vom Mare Orientale. Deutlich erkennt man die zwei konzentrischen Wälle
der Montes Rook und Montes Cordilliera mit den dazwischen liegenden dunklen Gebieten.

Gegen drei Uhr bin ich der letzte Beobachter, der seine mittlerweile schon sehr feuchten Sachen einpackt. Im Osten strahlen sie vom Himmel: Orion, Stier, Zwillinge, Kleiner Hund und auch der Sirius ist schon aufgegangen. Es wird wohl doch bald Winter werden. Und wenn das Seeing morgen besser ist, dann gibt's vielleicht bald die erste Farbaufnahme vom Orionnebel ...