WAA Seminar- und Beobachtungswochenende

Mariazell, 24. - 26. Oktober 2003

Man sagt, Mariazell hat zwei Jahreszeiten: Die eine ist kurz und hat keinen Namen; die andere ist lang und heisst Winter. Wie vor jedem Beobachtungswochenende studieren wir schon Tage im voraus die Wettermodelle, allen voran das recht gute BOLAM 21km Modell der Universität Bologna. Doch diesmal nicht (nur) wegen der Wolken; die Zeile, die immer wieder gewählt wird, lautet diesmal Snow Fall. Im Oktober? Vor einem Jahr konnten wir um diese Zeit wegen Wolken zwar nicht beobachten, aber es war warm. Doch heuer kündigt BOLAM das Unheil in Form von 20-30cm Neuschnee in der Nacht von Donnerstag auf Freitag an ...

Freitag, 24. Oktober


Was für ein Empfang im Oktober ...

... da muss man sich die Zeit anders verteiben

Und so kommt es dann auch; selbst Wien erwacht am Morgen des 24. 10. 2003 in winterlichem Weiss, so früh wie zuletzt 1940. Das Verkehrschaos ist zunächst unbeschreiblich, doch am Nachmittag wird es besser. Alle kommen wohlbehalten und auf guten Strassen im Franziskusheim an, wo uns Angelika und Günther Eder willkommen heissen.

Die Strasse auf die Sternwarte aber, die bleibt Fahrzeugen mit Allradantrieb vorbehalten. Das erste, asphaltierte Stück vereist, das unbefestigte Stück am besten mit einer Bobbahn zu vergleichen. Günther mit seinem Suzuki und ich mit meinem Subaru werden dieses Wochenende oft Taxi spielen.


Winternachmittag mit Nebensonne

Nach einem kurzen Besuch auf der Sternwarte - zu beobachten gibt es wegen Wolken leider nichts - kehren wir ins Tal zurück. Den Abend verbringen wir im gemütlichen Wintergarten des Franziskus-Heims, und mit der Zeit werden die Gespräche immer hochprozentiger, aber auch immer weniger astronomisch.

Samstag, 25. Oktober


Wo ist bloss meine Schiausrüstung?

Ein strahlender Wintermorgen - äh, bitte, es gilt eigentlich noch Sommerzeit - lockt uns bald in die recht eisige Kälte. Während der Nacht hat es auf -10°C abgekühlt. Die Meldung des Wettermoderators im Radio: "So kalt wird es in Mariazell im Oktober nur ein bis zwei Mal in 100 Jahren" ist auch kein Trost.


Winterlicher Willkommensgruss

Freisichtige Sonnenflecken als Zeitvertreib

Zu Mittag fahren wir auf die Sternwarte, um die Sonne zu beobachten. Der Anblick von der Stehralm ist ein einzges Wintermärchen.

Eine Spaziergängerin kommt vorbei mit den Worten "So mild für Mitte Februar!" Ich überlege kurz, ob es sich wirklich um einen Zeitsprung handelt. Aber nein, es ist Ende Oktober 2003, und tiefster Winter hier in Mariazell. Wir beobachten kurz die Sonne, die zwei enorme, freisichtige Fleckengruppen zeigt. Im Fernrohr sind sie eine Wucht.

Am Nachmittag steht unser neu überarbeitetes Seminar Besser beobachten - Jupiter und Saturn auf dem Programm. Wir haben uns kurzerhand entschlossen, das Seminar nicht auf der Sternwarte, sondern ebenfalls im Franziskusheim zu veranstalten. So ersparen wir uns viele Shuttle-Fahrten auf die Sternwarte.


Unser Seminar findet diesmal ...

... im Seminarraum des Franziskusheims statt

In den Pausen gibt es einen Blick zur Sonne ...

... und eine Stärkung an Günthers Kaffeebar

Eigentlich sind alle guter Dinge, und mit drei Shuttlefahrten können nach dem Abendessen im Franziskusheim alle auf die Sternwarte transportiert werden. Doch leider empfangen uns oben wieder -- Wolken.

Das Wetter hat nicht gehalten, eine hohe Störung hat uns erfasst. Wie zum Trotz stelle ich mein 12" LX-200 im Garten auf - wozu habe ich zu Mittag den Platz freigeschaufelt? - und auch Günther aktiviert das 16" LX-200 in der Kuppel. Zum Glück kommen doch ein paar Wolkenlöcher vorbei und lassen uns den einen oder anderen Blick zum Himmel werfen. Neben Mars (grauslich durch das Seeing) und Saturn (schon merklich besser) gehen sich eine Reihe anderer Objekte aus: M15, M2, M31, M33, h+Chi Per, M45, M37. Die Klassiker halt. Aber so ist die Nacht wenigstens kein Totalausfall.

Gegen 2 Uhr MESZ (!) bemerken wir, dass es viel wärmer geworden ist. Statt anfangs -6°C hat es 0°C und es beginnt zu tauen! Das Wetter stellt sich wieder einmal um. Wir machen die Zeitumstellung zur richtigen Zeit und fahren dann ins Tal.

Sonntag, 26. Oktober

Der Nationalfeiertag beginnt wieder sonnig, wird aber zusehends wolkiger. Rasch noch einmal auf die Sternwarte, um die Sonne zu beobachten. Und mein 12" LX-200 abzuholen.


Wintertraum, Fortsetzung


Unglaublich, dieser Anblick

Und auch der Anblick der Sonne ist unglaublich.
Angelika geniesst die warmen Strahlen sichtlich.

Die Sonne ist nach wie vor mehr als einen Blick wert, auch eine dritte Fleckengruppe entwickelt sich prächtig. Sie steht allerdings im Schatten der beiden Riesengruppen und etlicher Protuberanzen, die mit dem H-Alpha-Filter recht gut zu sehen sind, trotz der Cirren.

Zu Mittag heisst es, von Angelika, Günther und Mariazell Abschied zu nehmen. Wir kommen wieder, zur Winter Star Party im Dezember. Also ehrlich: Winter haben wir schon, jetzt brauchen wir nur mehr die Party. In diesem Sinn: Auf Wiedersehen bis 12. Dezember!

Alexander Pikhard.