Reisebericht Rio

Rio de Janeiro, Brasilien, 25. 08. 2004

20040825hcs00.html

Beobachter:Herbert Csadek
Datum:1. bis 11. 08. 2004
Ort:Rio de Janeiro, Brasilien
Instrument:
Bedingungen:

Bericht:

Unser Mitglied Herbert Csadek besuchte vom 1. bis zum 5. August dieses Jahres die 67. Jahrestagung der Meteoritical Society in Rio de Janeiro und nahm danach noch bis 11. 8. an einer Exkursion in den Mato Grosso zum Araguainha-Krater teil. (Anm. d. Red.)

Rio, und vor allem die Copacabana, ist noch viel schöner als auf den Fotos und in den Filmen und im Fernsehen. Meer, Landschaft, Stadt, Strand ergeben einen wundervollen Zusammenklang. Die Copacabana vor allem mit ihren unzähligen sportlichen Betätigungssmöglichkeiten (vor allem Beachvolleyball in allen Altersklassen, Beachfußball, Ballspielen), Liegeplätzen, Imbißbuden, Palmenhainen, gepflegten städtischen Bedürfnisanstalten (!) und den unzähligen Straßenhändlern, die trotz ihrer Geschäftstüchtigkeit nicht allzu aufdringlich sind, ist einfach einmalig! Eine besondere Attraktion ist der nächtliche Straßenmarkt auf der Promenade, "Night Fair" genannt, der mit beleuchteten Buden ab 8 Uhr bis nach Mitternacht geöffnet ist und einen preiswerten Querschnitt durch alle denkbaren Andenken und möglichen Mitbringsel bietet. Eindrucksvoll ist auch das Copacabana-Fort am Arpoador mit seiner historischen Kanonenallee und den beiden riesigen Panzerkuppeln mit 20 cm- und 30 cm-Geschützen von Krupp sowie das Militärmuseum mit seiner Ausstellung zur brasilianischen Geschichte.

Taxifahren ist spottbillig, die Taxis sauber, die Fahrer ehrlich. Geschichte: Bin mit einem an der Straße herangewunkenen Taxi zum Astronomischen Museum gefahren, haben Abholen in 2 Std. ausgemacht, er kommt pünktlich, auf der Rückfahrt mache ich mit ihm am Abend Fahrt zum Flughafen um 18 Uhr aus. Beim Hotel merke ich, daß ich zu wenig Reais habe, will schnell Euro wechseln im Hotel, aber der Fahrer (Marcilio heißt er) sagt, ich soll dann am Abend alles bezahlen und fährt weiter. Er ist dann am Abend auch wieder pünktlich da und bringt mich flott zum Flughafen. Natürlich gebe ich ihm auch ein gutes Trinkgeld!

Am Donnerstag besuchte ich das Museo de Astronomia e Ciencias Afins (MAST), es handelt sich dabei das 1827 gegründete Observatorio Nacional, ehemals Kaiserliche Sternwarte. Der Campus mit den Sternwartengebäuden liegt nun wie so viele andere ältere Observatorien nun mitten in dem Lichtermeer einer Großstadt. Ausgestattet ist die früher gute wissenschaftliche Arbeit leistende Sternwarte (Südhimmel, Carte du Ciel)mit zwei schönen Refraktoren in freistehenden Kuppeln, einer von Heyse, Dresden, 21 cm, aus dem Jahr 1922, dieser dient dem Führungsbetrieb. Das andere Instrument ist ein 32 cm-Cooke-Refraktor aus 1896, welcher durch langen Nichtgebrauch und Vernachlässigung im tropischen Klima fast total devastiert war. Aber in den Jahren 1984-85 wurde er mitsamt seiner Kuppel liebevoll restauriert und ist nun ein wahres Schmuckstück geworden. Eine Fotoausstellung in der Kuppel zeigt den schwierigen Werdegang seiner Wiederaufersthung. Drei Passageinstrumente befinden sich in nebeneinander stehenden Hütten mit abklappbaren Dächern (Zenitalteleskop, Askania- und Bamberg-Meridiankreise). In einer weiteren Kuppel befindet sich ein Photoheliograph, auf die Refraktoren folgt die Kuppel des 45 cm-Spiegelteleskops, leider versperrt. Daneben befindet sich ein unterirdischer Heliograph mit 1 m großem Sonnenbild. Zentraler Punkt ist vor allem das wunderschöne, gut erhaltenen Hauptgebäude der Sternwarte aus dem Jahr 1882, ganz in gelb und weiß gehalten (wie unser Wiener Schloß Schönbrunn) - aber unter Palmen auf einem Hügel mit wundervoller Aussicht auf einen Teil von Rio. Und da drin eine unglaublich umfassende Sammlung von mechanischen und optischen astronomischen Geräten aus den letzten 200 Jahren, eine Bibliothek, Schausäle mit astronomischen Vorführungen ... In einem Gang "aufgebahrt" ein riesiger Holztubus, 50 cm Dm., 5 m lang, mit seinem in einer Vitrine liegenden alten 3o cm-Objektiv aus den Anfangsjahren der Sternwarte. Wunderschön alles!!!

Einige Tage vorher fuhr ich auch wieder mit einem Taxi zum Planetarium von Rio. Es ist Eigentum einer städtischen Stiftung, sehr groß angelegt, architektonisch eindrucksvoll gestaltet. Das Hauptinstrument ist seit 1998 ein neuer Universarium VIII-Projektor. Ausstellungssäle, Vortragsräume und Teleskope in Kuppeln auf dem Dach dienen der weiteren Volksbildung. Vergangenes Jahr hatte das Planetarium 350.000 Besucher. Das Gebäude wird aber derzeit renoviert und ist eine riesige Baustelle mit eingeschränktem Publikumsbetrieb.

Von Kriminalität habe ich nichts bemerkt, allerdings wurde einmal mein Taxi bei einer Verkehrskontrolle am späten Abend von Polizisten mit gezogenen Pistolen kurz angehalten. Der Fahrer schaltete die Innenbeleuchtung ein und dann konnten wir sofort weiter fahren.

Die anschließende 5tägige Exkursion zu dem größten Impaktkrater Südamerikas, Araguainha Dome - 40 km Dm., mit 2 Inlandsflügen nach Goiania im Staate Goias, war auch sehr interessant und ergab 4 kg Impaktite-Proben zum Untersuchen. Von Goiania nach Araguainha und zu unserem Standquartier in dem kleinen Städtchen Ponte Branca mußten wir dann noch fast 600 km mit dem Auto fahren, allerdings auf guten Asphaltstraßen. Das ist dort eine weite, hügelige Prärielandschaft mit vereinzelten Bergen, in unserem Gebiet zum Impakt gehörend (central uplift), einzeln stehenden Grüppchen von Bäumen und Palmen, kleinen Wäldchen, Bächen und Flüßchen. Hauptsächliche Wirtschaft und Besiedlung besteht aus Buckelrindern (Zebus), die die Gegend überall weiß sprenkeln. Temperaturen waren, da Winter, angenehm warm und trocken. Die Wege im Kratergebiet waren Sand-, Staub- und Schotterstraßen, aber unser kleiner Fiat (in Brasilien gebaut) schaffte sie auch mit unseren 5 Personen spielend.

Weitere Attraktionen waren in Rio eine Fahrt mit der elektrischen Zahnradbahn auf den Corcovado, den höchsten Aussichtsberg mit der berühmten Christusstatue, eine Tagesfahrt mit dem Segelschiff und Marimba-Musik inklusive Caipirinha-Drinks um die Tropischen Inseln der Laguna Verde. Tags darauf schließlich eine abendliche Barbecue in einem Churrascaria-Restaurant. Höhepunkt war natürlich wieder das Abschlußdinner im vornehmen Yachtklub von Rio mit Capoeira-Vorführung, bei dem ich mit einer feschen, deutschsprechenden Amerikanerin, einer zarten Japanerin und einer robusten amerikanischen Chinesin tanzen konnte - bis die Musik leider um 12 Uhr Schluß machte. Schluchz!

zum Anhang:

Sternwarten und Museumsgelände 1. Hauptgebäude mit Museum 2. Zenitalteleskop 3. Bamberg-Meridiankreis 4. Askania-Meridiankreis 5. Photoheliograph 6. 21 cm-Refraktor 7. 32 cm-Refraktor das weiße Gebäude links von 7. ist das 45 cm-Spiegelteleskop, der weiße Kreis darüber der Heliograph