Das große Birr Teleskop

Ein Besuch beim "Leviathan von Parsonstown"

Birr, Irland, 28. September 2004

Seit vor einigen Jahren die Bilder der Restaurierung des historischen Speigeltelekops von William Parsons, dem 3. Earl of Rosse, in Birr, Irland, durch die Astronomiemagazine gingen, wollte ich mir dieses "Leviathan" genannte Riesenteleskop einmal selbst anschauen. Eine Sprachreise mit Schülern nach Galway an der Westküste Irlands gab mir die Möglichkeit, einen kleinen privaten Abstecher zu machen. 

Birr ist eine nette Kleinstadt in der Mitte Irlands, nicht weit von dem durch die Whiskyproduktion bekannten Tullamore. Birr Castle Demesne liegt direkt im Zentrum des Ortes und ist daher leicht zu finden. Das Schloss ist nach wie vor in Privatbesitz, wird von der Familie Parsons bewohnt und ist daher für die Öffentlichkeit nicht zugänglich. Den Besuchern steht aber der weitläufige Schlosspark mit mehreren Attraktionen offen.

Für mich hatte zunächst das historische Teleskop Vorrang. Nach einem ersten Bilck in das Museum des Besucherzentrums, machte ich mich bei starkem Nieselregen (gilt in Irland nicht als echter Regen) auf den Weg durch den Park.


Der Park von Birr Castle


Birr Castle

Der erste Blick auf das Teleskop in seiner eigenwilligen Montierung war fast enttäuschend. In dem weiten Park wirkt die Anlage fast klein. 


Der erste Blick auf Leviathan

Doch aus der Nähe wird es klar, welch ein spektakuläres Gerät hier aufgebaut ist. Zwischen zwei hohen Steinmauern ist der Tubus mit dem 1,8 m (72 inch) Metallspiegel montiert. Der Tubus ist sowohl in der Höhe, als auch ein paar Grad azimutal zu bewegen. Ein Gestirn kann maximal etwa eine Stunde lang beobachtet werden. 


Der Leviathan von Parsonstown



Beweglichkeit in Azimut

Bitte einsteigen zum Beobachten

Der Leviathan wurde 1845 erbaut und war damals das größte Teleskop der Welt. Mehrere starke Männer mussten sich gewaltig anstrengen, um das 12 Tonnen schwere Rohr mit Hilfe von Seilwinden und Flaschenzügen vom Boden abzuheben. In größerer Höhe war das Rohr dann mit weniger Anstrengung zu bewegen.



Eine der Seilwinden zum Bewegen des Tubus

Eines der Gegengewichte


Leviathan in seiner Mauer-Montierung

Der Beobachter wurde entweder im Beobachterkorb zum Okular gehievt oder er musste bei zenitnahen Objekten auf dem schwindelerregenden Holzsteg zum Okular gelangen.



Der Beobachterkorb wurde ein Stück hinaufgezogen

Der Beobachtersteg - nichts für Leute mit Höhenangst

Der Park des Schlosses ist mindestens ebenso sehenswert wie das Teleskop selbst. Eine weite Anlage mit prächtigen alten Bäumen, gepflegtem Rasen (kein Kunststück bei dem vielen Regen!), und außergewöhnlichen Pflanzen ladet zum Spaziergengehen ein. Besonders beeindruckend war wilder Rhabarber mit Blättern von mehr als 1m Durchmesser.



Ein Graureiher im Schlosspark

Wilder Rhabarber

Viele weitere sicher sehenswerte Teile des Schlossparks fielen meinem dringenden Wunsch nach einem trockenen Platz zum Opfer. Ich machte nun eine ausführliche Runde durch das Science Centre, dem Wissenschaftsmuseum im Besucherzentrum.


Ein Bild des 3. Earl of Rosse begrüßt die Besucher

Im Erdgeschoss wird über den Bau und die technischen Details des "Great Telescop of Birr" informiert.



Modell der Spiegelschleifmaschine

Ein Modell, das die Beweglichkeit des Leviathan demonstriert

Im Obergeschoss kommt man zunächst auf einem Holzsteg in einen dunklen Raum, in dem sich eine Attrappe des oberen Endes des Tubus mit dem Okularauszug befindet. Wenn man durch das Okular schaut, sieht man - natürlich - M51! William Parsons war ja der erste, der die Spiralstruktur von M51 in einer sehr detailgetreuen Zeichnung festhielt und damit wesentlich zum Erkennen der wahren Struktur dieser "Nebel" beitrug. Seine Zeichnungen sind hier im Museum ausgestellt.


Ein fast realistischer Blick durch das Teleskop


Die Originalzeichnungen des 3. Earl of Rosse von M51

Im nächsten Raum ist ein besonders bemerkenswertes Objekt zu bewundern: ein Mondtemperaturmessgerät. Es handelt sich dabei um einen 91 cm (36 inch) Spiegel, der das Mondlicht auf ein vom 4. Earl of Rosse selbst kontruiertes Messgerät gelenkt. Damit konnte er bereits 1890 feststellen, dass die Temperatur des Mondes - entgegen den Annahmen der damaligen Zeit - weit über dem Gefrierpunkt von Wasser liegen muss. Seine Messungen ergaben eine Oberflächentemperatur von ca. 120° C.



Das Mondtemperaturmessgerät ...

... eine Erfindung des 4. Earl of Rosse


Das eigentliche Temperaturmessgerät

Den Abschluss der astronomischen Schauräume bildet zur Zeit eine Ausstellung mit Bildern von David Malin.


Ausstellung der Bilder von David Malin

Es gäbe in Birr Castle noch vieles mehr zu erkunden - technische Erfindungen der Earls of Rosse, Ziergärten, Wissenswertes zur Gartengestaltung u.s.w. Doch der beständige Regen und der Fahrplan der Busse beendeten schließlich meinen Besuch. Ich kann jedem, der nach Irland kommt, einen Abstecher nach Birr empfehlen. Leviathan wartet!

Anneliese Haika