| Beobachter: | Alexander Pikhard | ||||||||||||||||
| Datum: | 08. 12. 2004 | ||||||||||||||||
| Zeit: | 19.30 bis 00.15 MEZ | ||||||||||||||||
| Ort: | Ebenwaldhöhe | ||||||||||||||||
| Instrument: | 12" Meade LX200 | ||||||||||||||||
| Bedingungen: |
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| Bericht: |
Die Nacht beginnt mit einem Abenteuer. Aus dem ganztägig nebelverhangenen Wien mache ich mich Richtung Ebenwaldhöhe auf; kein Hinweis, wie hoch die Nebeldecke sein würde. Austrocontrol gibt 800 bis 1200 Meter an, das heisst, ich habe auf 1000m wohl eine 50%-Chance. Von Kleinzell die Bergstraße hinauf. Erste Kehre: klar. Von mir aus. Zweite Kehre: klar. Das ist nicht gut. Dritte Kehre: klar. Das ist gar nicht gut. Vierte Kehre: klar. Oh je! Beim Gasthof Gaupmann dichter Nebel. Na endlich! (seltsam, dass man sich als Autofaherer über dichten Nebel freuen kann). Beim Bauernhof vor dem letzten Waldstück sehe ich rein gar nichts mehr. Letztes Waldstück. Der Nebel lichtet sich. Gut??? Ausfahrt aus dem Wald. Nebelfetzen. Nicht unbedingt das, was ich brauchen kann. Einfahrt Parkplatz, leichter Nebel. Mist? Ich steige aus. OK, akzeptabel. Am Boden leichter Nebel, aber über mir ein toller Himmel. Leichter Wind kommt auf. Er schieb eine mächtige Nebelwand vor sich her, bald sehe ich rein gar nichts mehr. Schemenhaft taucht ein Auto aus dem Nebel auf, fährt auch auf den Parkplatz. Es ist Walter Koprolin. Rund 15 Minuten begutachten wir die Lage und erklären sie für hoffnungslos. Abfahrt Nummer 1. Walter fährt auf den Turmkogel. Der ist mir zu weit weg. Ich überlege, nach Mariazell zu fahren, ist mir aber auch zu weit weg. Am Wochenende hatte ich ein Nebelloch entdeckt, die Haselrast bei Rohr im Gebirge. Ich fahre hin. Etwas später, Kalte Kuchl: Hoffnungslos. Alles zu. Ich überlege, heimzufahren. Frust. Am Rückweg gelange ich wieder nach Kleinzell, und, was soll's, ich fahre noch einmal auf die Ebenwaldhöhe hinauf. Déjà vu. Das gleiche noch einmal. Ich bin hungrig, packe mein Abendessen aus, bereite mich darauf vor, ganz allein im dichten Nebel auf dem Berg zu "dinieren". Ein Bissen. Schmatz! Ein kleiner Windhauch. Noch ein Bissen. Capella. Aha! Noch ein Bissen. Die Milchstraße. Der Vorhang fällt. Strahlend steht der Himmel über mir, ich fassungslos darunter. Danke! Ich sinniere, ob ich wirklich aufbauen soll, da kommen Andreas Berthold und Thomas Maca. Sie haben die Vorgeschichte nicht erlebt und Jubeln gleich beim Aussteigen, meine Schilderungen glauben sie mir wohl nicht ganz. Euphorie, Aufbau. Es wird eine Nacht, perfekt, wenn nicht noch perfekter, wie die letzte. 6,0mag freisichtige visuelle Grenzgröße. Der Wind legt sich so ziemlich, die Nebeldecke sinkt und liegt tief im Tal. Das Seeing ist nicht ganz so gut. Von Süden her der Lichtschein vom Hirschenkogel. Diese Lichtverschmutzung! Doch um 22 Uhr ist Schluß, und schlagartig haben wir wieder 6,5 mag. Jetzt ist es so gut wie aktenkundig: In 40km Entfernung kostet die Flutlichtpiste eine halbe Größenklasse. Kann aber auch an der Durchsicht allgemein liegen, also bitte, liebe Ebenwaldfahrer, schaut jedes Mal, wie die Grenzgröße vor und nach dem Abschalten der Pistenbeleuchtung ist! Orionnebel, Andromedanebel, M33: Sie sind so spektakulär wie gestern. Ich probiere bei M33 einen UHC-Filter aus, um die H-II-Gebiete zu verstärken, und es bringt wirklich viel. Ich bilde mir sogar ein, die ganze Spiralstruktur besser sehen zu können. Auch der Merope-Nebel ist heute wieder gut zu sehen. Und der Komet C/2004 Q2 (Machholz) ist auch wieder gut mit freiem Auge zu sehen. Ich beschließe, CCD-Aufnahmen zu machen. Da bringt mir zwar wesentlich weniger Objekte, aber diese Bedingungen sind einfach zu einladend. Das Rohr wird auf f/3.3 verkürzt, mit 20 Sekunden Belichtungszeit ist da schon so viel drauf, dass aus Serien sinnvolle Bilder werden, und Autoguiding ist nicht notwendig. Der Orionnebel ist mein erstes Ziel, genauer sein Zentrum, denn mehr bringe ich mit F=1000mm nicht auf den Chip.
Mit der CCD-Kamera (StarlightXpress MX916) geht doch viel, viel mehr weiter als mit einer Digitalkamera, sie ist viel empfindlicher. Aus den insgesamt 600 Sekunden = 10 Minuten Belichtungszeit erhalte ich so viele Photonen, dass alle Tricks der digitalen Bildverarbeitung inklusive sinnvoller Bildvergrößerung möglich werden. Toll, was da so alles herauskommt. Jetzt zum Kometen Machholz. Ich nehme ihn mit der gleichen Konfiguration und Belichtungszeit auf, wie den Orionnebel. Nur sind alle nachfolgenden Bilder jetzt nicht vergrößert, sondern 100%, der Rand weggeschnitten (RGB-Versatz).
Der Komet zeigt heute eine sehr helle Coma ohne Strukturen und Schweifansätze. Der Kopf ist auffällig hell und zeigt die charakteristische türkise Färbung. Saturn gibt heute nichts her, ein feines Grundseeing macht Webcam-Aufnahmen sinnlos im Vergleich zu gestern, und da ich noch etwas Strom habe, bleibe ich bei CCD und nehme zwei bekannte Objekte auf.
Die kurze Belichtungszeit bei M1 macht sogar den Crab-Pulsar sichtbar. Leider war das Seeing nicht gut, weshalb die Sterne doch nicht so ideal punktförmig werden. Doch die Strukturen im Nebel kommen schön heraus.
Ja, M82 ist ein sehr schönes Objekt, auch hier kommen tolle Strukturen heraus. Jetzt ist mein Strom aufgebraucht, nur das Fernrohr hat noch genug Saft. Doch zuerst einmal ein Blick mit freiem Auge: Noch nie habe ich die Wintermilchstraße so deutlich gesehen. Sie zeigt auch Strukturen, vor allem im tiefen Bereich unterhalb von Sirius, wo M46 und M47 zwei markante, diffuse Flecken sind. Praesepe ist unglaublich hell, und jetzt mache ich noch rasch einen visuellen Streifzug durch die Winterobjekte: Noch einmal Orionnebel, ein Traum! M78, Flammennebel, M79, Rosettanebel mit NGC 2244, NGC 2264 (bilde ich es mir ein oder sehen ich den dunklen "Conus"?), NGC 2261 (Hubble's variable nebula), M41, M46 mit dem planetarischen Nebel, M47, M48 (selten und auch nicht umwerfend), M67, NGC 2903 (hallo, Löwegalaxien!), NGC 2403 (bin zu faul, die Supernova zu suchen), das ist eine nette visuelle Runde voll von schönen Eindrücken. Claus Thienel ist mittlerweile mit seinem 14" LX200 da und macht auch eine rasche visuelle Tour. Ich baue ab. Morgen, oder besser gesagt, heute, ist ein Arbeitstag. Bei dem Himmel fällt der Abbau mehr als schwer! Abfahrt Nummer 2 ... |