Geminiden-Maximum

Ebenwaldhöhe/NÖ, 13. 12. 2004

20041213twe19.html

Beobachter:Thomas Weiland
e-Mail:weiland@a1.net
Datum:13. 12. 2004
Zeit:19.00 bis 03.00 UT
Ort:Ebenwaldhöhe/NÖ
Instrument:Freies Auge
Bedingungen:

Durchsicht:sehr gut (1)
Wind:maessig
Bemerkungen:Knapp (ca. 100-200 m) oberhalb der Hochnebeldecke, wolkenlos, freisichtig visuelle Grenzgröße +6,0mag, nach Abschalten des Flutlichts am Semmering +6,2mag (in der Nacht zuvor geringfügig besser, +6,2mag bzw. +6,3mag)

Bericht:

Schon seit Tagen liegt eine geschlossene Hochnebeldecke über dem Flachland Ostösterreichs, aus der es kein Entrinnen gibt. Um also das bevorstehende Geminiden-Maximum zu sehen, welches heuer in die Nachtstunden Mitteleuropas und noch dazu praktisch mit dem Neumond zusammenfällt, muss ich nach "oben" ausweichen - zumindest auf die Ebenwaldhöhe, schlimmstenfalls ins Mariazeller Land. Vorerst will ich aber die Lage testen und begebe mich schon am Abend des 12. Dezember - bereits die Vormaximumsnacht liefert ZHR-Raten zwischen 50 und 80 - in Richtung Ebenwaldhöhe. Während ich die Kehren hochkurve beschleicht mich ein unangenehmes Gefühl, noch immer kein Nebel, kurz nach dem Gasthof Gaupmann dann endlich das "erlösende" Grau und - durch! Das war knapp, vielleicht 100 bis 150 Höhenmeter, darüber ist die Welt jedenfalls in Ordnung: wolkenlos, windstill und relativ mild! Einige wenige Beobachter haben sich ebenfalls eingefunden und fotografieren (Walter Koprolin, Manfred Wasshuber ...), sie alle und auch Günter Jenner, den ich nach Jahren wieder mal persönlich treffe, bestätigen mir, dass es hier oben kaum besser geht. Und in der Tat, eine fantastische Nacht liegt vor uns. Pünktlich um 19:00 UT beginne ich mit dem Beobachten, die erste Stunde liefert 18 Geminiden, und mit steigendem Radiantenstand werden es mehr: 32 in der zweiten und 35 in der Dritten. Mit einem (aus der Helligkeitsverteilung ermittelten) Populationsindex von 2,13 ergeben sich ZHR's von 49+/-12, 70+/-12 und 60+/-10, ganz passabel dafür, dass das Maximum noch vor der Tür steht. Auch die anderen Beobachter finden die Geminiden schön, zum einen wegen der Farben (blauweiß, gelb), zum anderen, weil sie nicht so schnell über den Himmel huschen (mit 35 km/s liegt ihre geozentrische Geschwindigkeit im mittleren Bereich). Und außerdem sind sie hell (bis zu -3mag), was immer wieder für Überraschung sorgt. Allerdings käme niemand außer mir auf die Idee, sich bei diesen Temperaturen in einen Schlafsack zu legen, Meteorbeobachter sind nicht nur innerhalb der Astronomen Exoten ... Da ich die Kräfte noch brauchen werde, beende ich jedoch für heute meine Beobachtungen um 22:00 UT, werfe aber rasch noch einen Blick auf den Kometen C/2004 Q2 Machholz, der mit mit freiem Auge als unscharfer "Stern" etwa gleich hell wie 54 Eridani erscheint. Am nächsten Abend (13. Dezember) bin ich wieder in Richtung Ebenwaldhöhe unterwegs, und neuerlich beginnt die "Zitterpartie". Diesmal liegt der Nebel jedoch gut 100 m tiefer, dafür weht auf dem Gipfelplateau ein unangenehmer Wind. Schon während ich mein "Nachtlager" einrichte, kann ich laufend Geminiden sichten, die Aktivität muss, gemessen an dem noch relativ niedrigen Stand des Radianten (knapp westnordwestlich von Castor), bereits sehr hoch sein. Auch Andreas Berthold, der sich als einer der ersten Beobachter eingefunden hat, zeigt sich begeistert. Und tatsächlich kann ich von 19:00 bis 20:00 UT insgesamt 50 Geminiden registrieren, was bei einem Populationsindex von 2,07 eine ZHR von 162+/-23 ergibt. Fantastisch! Gegen 20h UT treffen Alexander Pikhard und weitere Beobachter ein, alle sind überrascht, wie viele Geminiden man sehen kann, man munkelt schon, dass die zahlreichen Meteore die meisten Fotografen wohl vetrieben hätten ... Von Zeit zu Zeit erhalte ich Besuch (Alex, Andreas, Christine und Kurt), und die meisten wundern sich, dass man es in der Kälte so lange ausharren kann, ohne einzuschlafen und steif zu frieren. Doch nach einem abschließenden Urteil von Kurt ("eingewickelt wie ein Baby") macht man sich keine Sorgen mehr um mich. Der Himmel zeigt sich auch heute wieder von seiner schönsten Seite, pünktlich um 21h UT verabschiedet sich das Flutlicht am Semmering (welches dank des Nebels aber nicht so schlimm ist), und die Geminiden regnen weiter herab. 54 von 20:00-21:00 UT, 91 in der darauffolgenden Stunde und 79 von 22:00-23:00 UT (ZHR's 135+/-18; 174+/-18; 132+/-15). Dazu kommen ein paar Chi-Orioniden, Monocerotiden, Sigma-Hydriden, Coma Bereniciden und natürlich einige sporadische. Manchmal erscheinen 2-3 Geminiden nahezu gleichzeitig, im Schnitt huscht alle 30 bis 45 Sekunden einer über den Himmel. Trotz der anhaltend hohen Aktivität verlassen gegen Mitternacht die meisten Beobachter den Ort, lediglich ein paar von BAA, Antares und ich halten noch aus. Waren die Geminiden in bisher zwar zahlreich, aber nicht allzu hell, so kehrt sich das Verhältnis nun ein wenig um. Der schönste (00:14:55 UT) erreicht schließlich -4mag, zeigt ein Weißgelb mit rosa Touch und zieht fast 40° senktrecht bis zum Horizont. Andere schaffen -3mag und sind leuchtend gelb. Doch dann scheint die Aktivität nachzulassen. Während ich von 23:00-00:00 UT (20m Pause) noch 72 und von 00:00-01:00 UT 108(!) Geminiden registiere (ZHR's 173+/-20 bzw. 168+/-16), so sind es in der Zeit von 01:00 bis 02:00 UT "nur" mehr 87 (ZHR 132+/-14) und von 02:00-03:00 UT 68 (ZHR 107+/-13). Um 3h UT beende ich schließlich meine Beobachtungen und mache mich erschöpft, aber zufrieden auf den Heimweg. Und was ich schon geahnt hatte, bestätigen die Auswertungen: die Geminiden 2004 waren ein Hit. Von den Perseiden 1993 abgesehen, vielleicht sogar der eindrucksvollste Meteorschauer, den ich von Österreich aus beobachten konnte!