Sternabend

Kahlenberg, 18. Dezember 2004 - Endlich wieder Sterne

Es ist eine eigenartige Situation vor diesem Sternabend; die, die während der letzten Tage Gelegenheit hatten, den Sternenhimmel oberhalb der Nebeldecke in ungewohnter Pracht erleben zu dürfen, sind nicht besonders sternenhungrig. Die, die die letzten Wochen unter der dichten Nebeldecke verbracht haben, denken gar nicht mehr so recht an Sterne.

Doch die genaue Analyse der Wettermodelle zeigt, dass es gerade an diesem Samstagabend in Wien sternklaren Himmel geben wird, und so sagen wir zur allgemeinen Verwunderung und während über Wien noch Regenschauer ziehen den Sternabend an.

Die Ankündigung in den Familientagen sowie Vorankündigung in einer großen Tageszeitung und unsere Medienauftritte in Ö3 und Modern Times am Vortag haben das Interesse in der Bevölkerung angekurbelt; zahlreiche Anfragen können wir zur Überraschung der Anrufer positiv beantworten.

Der Kahlenberg empfängt uns etwas eisig, aber die positive Wettertendenz ist nicht zu übersehen.


Wie mit der Brechstange kämpft sich die Sonne durch die Wolkendecke, ...


... taucht das gar nicht winterliche Wien in zartes Sonnenlicht und ...


... wenig später schiebt sich ein Schönwetterkeil von Südwesten über Wien

Wieder einmal hatte das norditalienische Wettermodell Wolken kilometer- und stundengenau vorhergesagt, wie schon bei der letzten Mondfinsternis. Hätten wir das nur schon 1999 gehabt!

In einer bald makellosen Dämmerung bauen wir unsere Infostation und unsere Instrumente auf.


Einige Restwolken über unserem Fernrohrwald

Ohne den heftigen Nordwestwind wäre es erträglich (es hat rund 4°C), doch der Wind lässt es kälter empfinden und stellt unser Zelt auf die Probe. Doch heute haben wir es so fest montiert, dass es dem Sturm standhält.

Unser Sternabend beginnt und die ersten Interessierten können vor allem den Mond im Fernrohr bewundern. Auf den Kometen Machholz müssen wir allerdings noch einige Stunden warten.


Sternabend auf der Kahlenbergterrasse ...

... über dem hell erleuchteten Wien

Wieder dabei: Dobsons und ...

... computergesteuerte Teleskope

Der Mond präsentiert sich in einer imposanten Phase: Halbmond! Da sieht man die Mondlandschaft besonders gut. Interessant für Fortgeschrittene: Die extreme Libration in Länge und Breite, die zwischen Mare Crisium und Mondrand jede Menge selten zu beobachtender Formationen sichtbar macht: Das Mare Humboldtianum (oben rechts), die Mare Marginis und Smythii (rechts).


Mondschnappschuss durch das Fernrohr

Viele Besucher haben Digitalkameras dabei und sind überrascht, wie einfach man damit Mondfotos machen kann. Gerne helfen wir auch, die richtige Einstellung zu finden.

Es wird immer klarer und bald steuern viele unserer Teleskope auch andere Ziele an; Doppelsterne, Sternhaufen und sogar der Große Andromedanebel können heute, trotz des störenden Lichts vom Mond und der Stadt, im Fernrohr gut gesehen werden.

Auf zwei besondere Gestirne müssen wir immer noch warten, auf den Ringplaneten Saturn und den Kometen Machholz.


Jetzt ist auch unser großer Dobson ...

... bereit zum Einsatz

Gegen 18 Uhr nehmen wir auch unser größtes Rohr, den 18"- (45cm-) Dobson, in Betrieb. Er zeigt die schwachen Sternhaufen und Nebel natürlich am besten. Und dann ist es so weit. Erst klettert der kleine Komet C/2004 Q2 (Machholz) über den Dunst der Stadt und kann im Fernrohr recht gut gesehen werden - mit freiem Auge ist hier nichts zu machen, da muss man wirklich weit aus der Stadt hinaus fahren, um ihn sehen zu können.

Und dann geht Saturn hinter Bäumen auf und zum Abschluss unseres Sternabends - es ist schon 20.30 Uhr, wir beobachten seit vier Stunden - geht sich auch ein Blick auf den Ringplaneten aus. Die Luft ist unruhig aufgrund der instabilen Wetterlage, doch die Ringe sind deutlich zu sehen.

Es ist ein schöner Sternabend, gut besucht (insgesamt 92) und unter klarem Himmel.

Erst auf der Heimfahrt realisieren wir: Es sind die ersten klaren Stunden in Wien seit vielen Wochen, und gerade da findet unser Sternabend statt. Wieder einmal Glück gehabt, und zwar unglaubliches Glück ...

Text und Fotos: Alexander Pikhard