Meade ETX-70 und Mond

Wien 20, 21. 12. 2004

20041221dis00.html

Beobachter:Doris Istrate
e-Mail:doris.istrate@gmx.at
Datum:21. 12. 2004
Ort:Wien 20
Instrument:Meade ETX 70, 8"-Dobson, Olympus C760
Bedingungen:

Durchsicht:gut (2)
Aufhellung:ausreichend (3)
Seeing:gut (2)
Temperatur:- 5° °C
Wind:kein
Bemerkungen:Sehr dunstig

Bericht:

Zur Erheiterung mancher Sternfreunde schlug ich bei Lidl zu und eroberte ein Meade ETX-70 um 198,- Euro. Nicht in der Erwartung ein tolles Gerät spottbillig ergattert zu haben, sondern weil ich als eingefleischte Dobsonautin doch nicht ganz an der modernen Computertechnik vorbeigehen möchte und es zum Üben wohl reichen würde. Ausserdem ist es mit 2,5 kg (komplett) in einem Rucksack das ideale Reisegerät.

Der erste Blick durch den kleinen Refraktor war ernüchternd. Der Mond hatte einen prächtigen Farbsaum in Gelb und Grün, die Sterne einen Schwalbenschwanz, und alles war miniklein. Das Scharfstellen bedeudete Sisyphusarbeit, und richtig knackig wurden die Abbildungen nie. Kein Vergleich mit meinen Dobsons, aber gut, das war ja auch nicht der Sinn der Sache.

Also auf zum Computer. Der Motor ratterte wie ein Traktor, selbst beim Nachführen knatterte er fröhlich vor sich hin und war meterweit zu hören. Der Handcomputer war hingegen sehr eigenwillig und manche Tasten ignorierte er beharrlich. So wirbelte der Tubus manchmal wie eine Rakete durch die Gegend und dann kroch er wieder wie eine Schnecke über den Himmel. Die Speed-Taste scheint nicht sehr anspruchsvoll zu sein. Nach einigem Herumgemurkse wollte ich ernsthaft den ersten Referenzstern anfahren, aber der Motor jaulte nur jämmerlich vor sich hin und nichts passierte, der Tubus bekam die Nase nicht hoch. Aha, also das "nur handfeste" Anziehen des vertikalen Feststell-Knopfes lt. Gebrauchsanleitung war wohl nicht handfest genug. Also knallte ich den Knopf fest an, mit dem Ergebnis, dass ich ihn später nicht mehr lösen konnte, der Kunststoff ist viel zu rutschig. Na gut, also wieder in die Ausgangsstellung und ein neuer Versuch. Er tuckerte wieder vor sich hin, aber plötzlich blieb er aprupt stehen. Was war jetzt wieder los? Motor Fehler! Wieso denn das, was hatte ich falsch gemacht? Auf dem Display lief eine Schrift, aber der ganze Balken war rot, nichts zu erkennen. Ich versuchte verzweifelt aus dem Gewurl etwas herauslesen zu können, und plötzlich sah etwas wie "Batterie" aus. Was, so schnell waren die Batterien leer? Na Mahlzeit! Also gut, 6 neue eingelegt und wieder von vorne angefangen.

Der Computer zeigte mir als ersten Referenzstern Sirius. Bravo, den kenn ich wenigstens und kann ihn nicht verfehlen. Allerdings stand er noch sehr tief im Dunst, der Computer hätte einen höheren aussuchen können. Aber gut, mal sehen ob er ihn findet. Das Teleskop ratterte los und siehe da, Sirius prangte im Okluar, zwar etwas mikrig und matt, aber immerhin, er hatte ihn auf Anhieb gefunden. Sirius stand sogar genau in der Vertikale, nur etwas zu tief. Da kam Freude auf! Als nächsten Referenzstern zeigte er Procyon an. Fein, den kenne ich auch. Eigentlich hatte ich erwartet, er würde einen weiter entfernten zweiten Referenzstern aussuchen, aber bitte. Procyon war zwar nicht auf Anhieb im Okular aber nur ganz knapp daneben, mit der Go-To-Taste konnte ich ihn leicht einfangen. Na prima, also wenigstens das funktionierte problemlos.

Dann steuerte ich den Mond an und versuchte ein paar Aufnahmen zu machen. Aber die beiden Digicams samt Adapter hatten ihre liebe Not mit dem ETX-70, das Scharfstellen wurde wieder zum Drama. Nach endlosen Versuchen kamen ein paar brauchbare Bilder zustande, aber berauschend waren sie auch nicht. Mit der Zeit wurden die Bilder sogar immer schlechter, ich begann langsam aber sicher zu verzweifeln, bis mein Blick direkt auf den Mond fiel.

Der Mond sah visuell sehr seltsam aus. Er war plötzlich von einem dunklen, rotbraunen Hof umgeben, und auch der Mond selbst war leicht rotbraun, stellenweise zeigte er sogar dunkle Verfärbungen, erinnerte entfernt an eine Mondfinsternis. Irgendwie sah das Szenarium bedrückend aus, so gar nicht nach "unserem" Mond. Es war zwar schon weit nach Mitternacht, aber das wollte ich doch noch fotografisch festhalten. Also holte ich schnell den Dobson aus dem Dachboden und machte ein paar Aufnahmen, auch wenn der Spiegel nicht richtig ausgekühlt war. Die Aufnahmen wurden nicht perfekt, zeigen aber doch etwas von der sonderbaren Verfärbung. Wer weiss, was da wieder in der Atmosphäre herumschwirrte ...

Inzwischen war ich zu einem Eiszapfen gefroren und gegen zwei Uhr beendete ich mein Abenteuer mit dem ETX-70 und dem seltsamen Mond, stehen uns doch noch ereignisreiche Tage bevor.

So wünsche ich allen Freunden und Hobbyastronomen frohe Weihnachten, ein glückliches neues Jahr mit clear skies und freue mich auf ein Wiedersehen 2005.