Deep Sky Nacht

Sofienalpe, 11. 01. 2005

20050111api18.html

Beobachter:Andreas Berthold, Roland Graf (später), Alexander Pikhard, Renate Weiland und viele Gäste
Datum:11. 01. 2005
Zeit:18.30 bis 23.30 MEZ
Ort:Sofienalpe
Gerät:12" Meade LX200 und diverse Dobsons
Bedingungen:
Durchsicht:sehr gut (1)
Aufhellung:gut (2)
Seeing:gut (2)
Freis. vis. Grenzgroesse:5.0
Temperatur:+5 °C
Wind:leicht aus W
Bemerkungen:trocken, zeitweise Durchzug hoher Wolken
Bericht:

Noch einmal kündigt der Wetterbericht einen klaren Abend an, und angesichts Komet Machholz und der nahen Saturnopposition ist das mehr als ein Grund, auf die Sofienalpe zu fahren. Dazu der unglaubliche Eindruck vom Abend zuvor, das hat uns alle neugierig gemacht. Die Bedingungen sind heute gut, für die Nähe von Wien sogar sehr gut, aber nicht so extrem gut wie gestern. Trotzdem, einer schönen Beobachtungsnacht steht nichts im Weg.

Der Komet C/2004 Q2 (Machholz) ist nach wie vor gut mit freiem Auge zu sehen. Er ist jetzt schon deutlich in den Perseus hinein gewandert und wirklich nicht mehr ganz so hell wie bei der Pleiaden-Passage. Viele, die heute mit ihren Fernrohren auf die Sofienalpe kommen, um den Kometen zu beobachten, sind enttäscht und brauchen unsere Hilfe, um ihn zu finden. Ich schätze die Helligkeit des Kometen auf 4mag, das ist immer noch recht nett, aber eben kein Hale-Bopp.


Komet Machholz im Perseus, unten der Stier.

Es ist interessant, wie verwurzelt die Erinnerung an Hale-Bopp hier auf der Sofienalpe ist. Viele junge Leute kommen mit ihren Fernrohren hier her, sie waren das letzte Mal hier, als Hale-Bopp strahlend im Norden stand, unglaublich, unvergesslich. Sie kommen auch heute noch, wenn ein Komet angekündigt wird. Doch Hale-Bopp wird sich nicht so bald wiederholen, er war eine Erscheinung, die im Schnitt alle 500 Jahre zu sehen ist. Ja, und in diesen Hale-Bopp Nächten auf der Sofienalpe mit ihren Hunderten begeisterten Sternguckern entstand der Gedanke, die WAA zu gründen. Die Stimmung ist heute ähnlich wie damals.

Genug der Sentimentalität, der Himmel ist klar und angesichts eines zunächst noch wehenden leichten Windes starten wir zunächst einmal eine lange visuelle Tour über den Winterhimmel.


Beobachterstimmung auf der Sofienalpe

Nachdem es noch nicht ganz dunkel ist, beginnen wir mit offenen Sternhaufen. Der Fuhrmann hat deren viele, und ein Vergleich von M36, M37 und M38 ist immer reizvoll. Jeder dieser drei Haufen ist schön, jeder weist eine andere Charakteristik auf, vom lockeren M36 mit seinen hellen Sternen bis zum dichten M37, dessen Reichtum an schwachen Sternen auf dunklem Himmel besonders gut herauskommt. Wir nehmen heute noch den kleinen, dichten NGC 1907 und den lockeren, kleinen, hellen und sehr netten NGC 2281 mit.

Ein Schwenk in die Cassiopeia. Dort gibt es besonders viele offene Sternhaufen. M103 und NGC 457 ("E.T. Cluster") sind schön und zeigen einen interessanten Mix aus hellen und schwachen Sternen. Sie sind nicht allzu sternreich, aber nett anzusehen. Die vielen kleinen, dichten, aber weit entfernten Haufen des Perseus-Arms (NGC 133 und 146 in einem Gesichtsfeld beim 40mm Pentax, NGC 7788 und 7790, ein ungleiches Paar, weil unterschiedlich weit entfernt, ebenfalls in einem Gesichtsfeld) erscheinen als diffuse, ansatzweise aufgelöste Haufen in der Milchstraße. Ihr Anblick erinnert mich an Regionen in der Kleinen Magellanschen Wolke - allerdings sind die Haufen dort 20x so weit entfernt wie die im Perseus-Arm. Ein echter Hammer ist NGC 7789; sein enormer Reichtum an sehr schwachen Sternen macht dieses Objekt schon zu etwas Besonderem; bei dem dunklen Himmel, der hier Richtung Norden herrscht, ist es ein Genuss, diesen Haufen auf sich einwirken zu lassen.

Jetzt ist es natürlich nur ein kleiner Schwenk zu h+χ Persei, ein Prachtexemplar von Deep Sky Objekt. Wir bleiben im Norden und suchen drei Planetarische Nebel im Cepheus auf. NGC 40 ist recht hell, rund, blälich und zeigt einen deutlichen Zentralstern. Hier ist jetzt aber doch das 21mm Pentax die bessere Wahl und ein O-III-Filter macht die Sache kontrastreicher. Ganz ähnlich ist NGC 7354 im Cepheus, nur ist hier der Zentralstern etwas schwächer. Ansonsten ein Zwilling von NGC 40. NGC 7139 ist hingegen fast nicht auszumachen, sehr schwach. Auch NGC 7023, das seltsame Nebelgebiet, ist nicht allzu auffällig - aber immerhin zu sehen! Zurück in der Cassiopeia wagen wir uns noch an zwei Nebel, die eigentlich überraschend deutlich zu sehen sind: NGC 7635 (der Bubble-Nebel) ist klein, aber recht hell, und sogar das grosse Nebelgebiet NGC 281 kommt, diesmal mit UHC-Filter, deutlich heraus. Also sind die Bedingungen eigentlich recht gut.

Über die beiden schönen Galaxien M81 und M82 schwenken wir zu den Wintersternbildern, die jetzt schon hoch genug stehen. Hier konzentrieren wir uns natürlich auf die Klassiker.

M35 mit dem nahen Haufen NGC 2158 ist ein toller Anblick. In der aktuellen Ausgabe von Sky&Telescope ist eine bemerkenswerte Aufnahme dieser beiden Haufen zu sehen. Aber auch visuell bietet dieses ungleiche Paar - der helle, gut aufgelöste M35 und der kleine, dichte, 6x so weit entfernte NGC 2158 - einen tollen Anblick.

Doch dann kommt der Orion-Nebel; er schlägt eindeutig alles. Schon im 12" mit 40mm Pentax ist der Anblick eine Wucht, und mit UHC-Filter glaubt man, die feinen Strukturen im Nebel wären gezeichnet. Heute können wir uns mit recht hohen Vergrößerungen ins Zentrum des Nebels wagen und ab dem 14mm Pentax (etwas mehr als 200x) erkennt man nicht nur viele feine Nebelfasern, sondern auch ganz deutlich einige dunkle Globulen. Mit 7mm Pentax (mehr als 400x) wird die Sache noch deutlicher. Später, als Roland seinen 18" Starsplitter aufgebaut hat, wiederholt sich der Effekt vom Vortag, wir sehen den Orion-Nebel mit seinen Ausläufern in Farbe. Das Zentrum erscheint blaugrün, die feinen "Federn" hellblau bis blassrosa. Dass das keine Einbildung erfahrener Beobachter ist, bestätigen unsere Gäste, die den Neben ebenfalls spontan so sehen. Toll!


Aufbau der Dobsons

An Deep Sky Objekten wird jetzt auch noch M1 bestaunt, der ebenfalls sehr hell ist, aber dann gilt unsere ganze Aufmerksamkeit einem Objekt, das rasch zum "Star" wird: Saturn. Es sind nur mehr 2½ Tage bis zur Opposition, und schon mit freiem Auge fällt auf, dass der Planet sehr hell ist (da ist doch ein Term mit der dritten Potenz des Phasenwinkels in der Formel für die scheinbare Helligkeit des Saturn ...). Nahe der Opposition sind die Ringe viel heller als sonst, da die gegenseitige Abschattung der winzigen Ringteilchen wegfällt. Und da heuer eine extrem zentrale Opposition stattfindet - vom Saturn aus könnte man einen Transit von Erde und Mond vor der Sonne beobachten! - ist dieser Effekt besonders deutlich. Im Fernrohr ist der enorme Farbunterschied zwischen den schneeweißen Ringen und dem gelblichen Planeten nicht zu übersehen, und ja, auch die Saturnmonde wirken heller als sonst (siehe http://www.astro.virginia.edu/~av4n/SatOpp05.html, Dank an Herbert Raab für den Hinweis). Und da das Seeing immer besser wird, sind immer stärkere Vergröszlig;erungen möglich. Ein toller Anblick!

Viele versuchen sich mit Digicam-Schnappschüssen, aus Spass probiere ich es auch an Rolands 12" Dobson (ohne Nachführung!):


Saturn-Schnappschuss mit Digicam durch 12" Dobson

Doch jetzt muss auch Webcam ans Werk. Nur mit diesem Werkzeug kann es uns gelingen, die vielen Details im Bild festzuhalten. Bemerkenswert ist vor allem der Planet selbst. Er zeigt neben der dunklen Polkalotte mindestens drei Wolkenstreifen und die Schatten der Ringe. Aber auch die Ringe selbst sind enorm. Im B-Ring erkennt man Strukturen, die das Gefühl vermitteln, hier wirklich zahlreiche weitere Teilungen erahnen zu können. A propos Teilungen: Es scheint auch ein Effekt dieser zentralen Opposition zu sein, dass die Ringteilungen an Kontrast verlieren. Die Cassini-Teilung ist bei weitem nicht so dunkel wie sonst und die Encke-Teilung ist zur Gänze verschwunden. Liegt es am Restseeing oder doch daran, dass diese Teilungen ja nicht leer sind, sondern nur weniger Teilchen enthalten, und diese jetzt doch ihren Beitrag leisten? Oder überstrahlen A- und B- Ring die Teilungen ganz einfach? Deutlich ist auch der C-Ring mit seiner charakteristischen rotbräunen Färbung.


Saturn am 12" mit 2x-Barlowlinse (F=6000mm), 2000 Frames, etwas verkleinert

Ein paar letzte Blicke zur Deep Sky Objekten müssen aber schon noch sein. Da ist einmal der interessante Kugelsternhaufen NGC 2419 im Luchs ("intergalaktischer Wanderer"). Ein kleiner, runder, diffuser Fleck, aber in Wirklichkeit ein seltsames Objekt; abseits der Region, wo Seinesgleichen normalerweise vorkommen, sorgt er für Abwechslung in einer an sonsten eher langweiligen Region.

Dann noch der schöne offene Sternhaufen M67. Ein selten beobachtetes Objekt, es steht auch im Schatten der Winterklassiker. Und zuletzt noch NGC 2903, die erste Löwe-Galaxie. Sie zeigt uns an, dass die Sternbilder des Frühlings jetzt schon höher gestiegen sind und die für visuelle Beobachter recht eintönige Region dominanter wird (CCD-Fotografen finden sich hier angesichts der vielen hellen Galaxien im Paradies wieder).

Schade, dass morgen wieder die Arbeit ruft, diese Beobachtungsnacht könnte ruhig noch länger dauern.