| Beobachter: | Alexander Pikhard | ||||||||||||||||
| Datum: | 01. 03. 2005 | ||||||||||||||||
| Zeit: | 20.00 bis 01.00 MEZ | ||||||||||||||||
| Ort: | Wien 12 | ||||||||||||||||
| Instrument: | 12" Meade LX-200, StarlightXpress MX916, später Philips ToUCam Pro | ||||||||||||||||
| Bedingungen: |
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| Bericht: | Was für eine Nacht! Nach einem strahlenden Nachmittag trete ich auf die Terrasse, in der Erwartung eines so kalten Winterabends, dass eine Ausfahrt zum Beobachten nicht zur Diskussion stand. Doch was sehe ich? Ein Sternenhimmel funkelt vor mir, als ob die Großstadt, vor allem der extrem lichtverschmutzte Raum südlich von Wien, einfach gar nicht da wäre. Unglaublich. Das Seeing dürte zunächst nicht so toll sein, die Sterne funkeln wie gesagt extrem, doch die Durchsicht! Ich überlege nicht lange. Heute gibt's eine Deep Sky Nacht aus der Großstadt heraus! Ich montiere also alles zusammen, was ich brauche. Teleskop, CCD-Kamera, Laptop; ich krame sogar STAR2000 heraus, das ich wegen einiger Misserfolge schon lange nicht verwendet habe. Denn heute - angesichts von Strom aus der Steckdose - möchte ich alles richtig machen: Nicht nur bloss Aufnahmen machen, sondern auch Autoguiding, Dunkelstrom, Bias, Flatfield - alles soll passen. So zu sagen als CCD-Perfektion gedacht. Zeit habe ich genug.
Zu meiner großen Überraschung ist von den Problemen mit STAR2000 nichts mehr zu bemerken. Wunderbar hält es auch noch so schwache Leitsterne, und das in jeder Himmelsregion, also unabhängig davon, in welche Richtung in welcher Achse nachgeführt werden muss. Sollte früher alles an zu geringer Batteriespannung gelegen sein? Die Starlight-Kameras sind in dieser Hinsicht extrem sensibel. Alle Aufnahmen erfolgen mit einer auf f/3.3 verkürzten Brennweite, also rund 1m. Da ist das 12" LX-200 schon sehr schnell. Alle Aufnahmen erfolgen weiters mit 2x2 Binning (wegen Autoguiding mit STAR2000) und sind hier im Originalmaßstab wiedergegeben. Die Ränder, wegen des Stackens der gegeneinander leicht gedrehten Einzelbilder ohnedies unbrauchbar, wurden weggeschnitten. Übrigens: Mit einem definitiv zentrierten Leitstern im Feld ist das Addieren der Bilder mit AstroArt Preprocessing auch ein Vergnügen! Ich verzichte übrigens heute auf Farbe. Das Filterwechseln will ich mir bei der Kälte nicht antun und ausserdem möchte ich lieber mehr Objekte in Schwarzweiß als wenige in Farbe aufnehmen. Ich beginne mit relativ kurz belichteten Serien (um bald zu erkennen, dass ja viel mehr möglich ist). Erstes Ziel ist der Orionnebel (M42), dann geht es zu dem sehr tief stehenden Kugelsternhaufen M79 im Hasen, ein selten fotografiertes Objekt.
Nach einer weiteren Aufnahme von M78 (mehr als mutig, den recht schwachen Reflexionsnebel von der Stadt aus zu fotografieren) wage ich mich schon an 30 Sekunden Belichtungszeit beim Crabnebel (M1), und siehe da, noch immer keine Bilddrehung!
OK, bei M1 ist noch etwas Hintergrund da, will man die Filamente sehen, aber wir sind schon bei 10 Minuten Belichtungszeit aus der Stadt heraus! Jetzt will ich es aber wissen: Länger belichten; und ja, selbst bei 2 Minuten ist noch keine nennenwerte Rotation zu erkennen. Es geht also so richtig los. An dem kleinen Reflexionsnebel NGC 2023 im Orion probiere ich 5 x 2 Minuten, und an der Galaxie NGC 2903 im Löwen dann gleich 10 x 2 Minuten.
Nicht schlecht. 20 Minuten Belichtungszeit aus Wien heraus! Ich lasse ein wenig Hintergrund über, damit man die feinen Ausläufer dieser großen Galaxien noch sehen kann. Bemerkenswert. Nicht so gut wie beim First-Light der MX716 bei Christine und Kurt Anfang Februar, aber für Wiener Verhältnisse ein Hammer. Jetzt, da der Löwe schon so hoch steht, müssen auch noch zwei Klassier her: M65 und M66.
Gigantischer Stadthimmel heute! Und das schöne daran ist: Während der halben Stunde, die für 20 Minuten Belichtung plus Auslesen benötigt wird, sitze ich im warmen Wohnzimmer. Ich könnte eigentlich alles auch vom Schreibtisch aus steuern, doch das erscheint mir denn doch zu unsportlich. Erst ab -10°C :-) Ich wende mich den Planeten Saturn und Jupiter zu; Saturn steht noch und Jupiter steht schon recht hoch, das Seeing ist auch besser geworden. Statt der CCD-Kamera, die jetzt mit Dunkelströmen beschäftigt ist, kommt die Webcam zum Einsatz. Und endlich gibt heute auch Jupiter wieder etwas mehr her.
Jupiter zeigt einen sehr rotgrauen GRF und die berühmte helle Teilung im SEB. Im merklich rötlichen NEB eine auffallend rötliche Wolke und südlich davon an der Grenze zur EZ eine dunkle blaue Wolke. Alte Bekannte! 2 - 3 STBs sind sichtbar, die NPR ist sehr dunkel. Ich wende mich den Saturnmonden zu. Starry Night verspricht eine interessante Situation mit den hellsten 7 Monden nahe einer Elongation. Das kann ich mir nicht entgehen lassen. Wieder entsteht ein Mosaik aus drei Bildern mit hoher Verstärkung, in das ich noch den Planeten aus dem obigen Bild hineinkopiere. Eine nette Spielerei.
Angesichts der fortgeschrittenen Stunde baue ich ab; und quasi, um den Kummer, diese herrliche Nacht verlassen zu müssen, zu lindern, geht der Mond tief im Südosten auf.
Jetzt, nach diesem Schnappschuss mit der Digicam, ist es eindeutig: Diese perfekte Nacht brachte 100%, mehr war hier sicher nicht möglich. Eine Sternstunde wieder einmal. Nur die -8°C Anfang März in Wien, an die möchte ich mich eigentlich nicht gewöhnen müssen. |