Rosetta

Wien 12, 04. 03. 2005

20050304api20.html

Beobachter:Alexander Pikhard
Datum:04. 03. 2005
Zeit:20.30 bis 23.00 MEZ
Ort:Wien 12
Instrument:12" Meade LX200, StarlightXpress MX916 + 50mm und 135mm Fotoobjektiv
Bedingungen:
Durchsicht:schlecht (4)
Aufhellung:schlecht (4)
Seeing:ausreichend (3)
Freis. vis. Grenzgroesse:schlechter als 3.0
Temperatur:-1 °C
Bemerkungen:Eigentlich nicht zum Beobachten ...
Bericht:

Noch am späten Nachmittag dachte ich nicht ernsthaft daran, heute die Passage der Raumsonde Rosetta an der Erde zu beobachten; wohl verfolgte ich die angeregte Diskussion auf AstroAustria und auch das Satellitenbild. Als ich dann den extrem dunklen Sonnenuntergang fotografierte, dachte ich, der Abend sei gelaufen.

Doch gegen 19.45 Uhr kann ich immerhin die hellsten Sterne erkennen. Eine freisichtige visuelle Grenzgröße von 2,5 (!) mag in Zenitnähe würde wohl niemanden dazu animieren, ein Fernrohr aufzustellen - außer, es ist eine Mondfinsternis oder so etwas. Und ja, ein seltenes Ereignis steht wirklich auf dem Programm.

Ich habe keine Ahnung, was mich da erwartet; erst, als ich Gerhard Dangls Suchkarten genauer betrachte, kommt mir die Idee, die CCD-Kamera huckepack zu montieren und mit einem Fotoobjektiv zu versehen. Aber ob ich die Grenzgröße erreiche? Ich baue also auf. Es ist unangenehm feuchtkalt, Sirius leuchtet so eher unauffällig vom Himmel und für Rigel muss ich mich schon anstrengen. Eine Schnapsidee, heute zu beobachten, aber bitte, die Raumsonde kommt heute und nicht an einem anderen Tag. Nahe dem Zenit erkenne ich wenigstens die drei hellsten Sterne der Zwillinge und Saturn (gut, wenn ich den nicht freisichtig gesehen hätte, hätte ich es aufgegeben). Ein erster Test am Regulus zeigt: Es sind eine Menge Sterne drauf, ein Vergleich mit TheSky sagt, dass ich so auf etwa 10,5mag hinunter komme. Das sollte reichen. Mit dem Normalobjektiv auf f/4 ist bei 10 Sekunden Belichtungszeit Schluss, dann ist der Himmel - weiss. Super ...

Ich blende ab und belichte länger. Tolle Flatfield-Artefakte tauchen auf. Ich mache Flatfields und Dunkelströme, die mir aber im Endeffekt nichts bringen werden.

Es geht los. Um 21 Uhr MEZ lege ich mich auf die Lauer südlich von Regulus und nehme 12 Bilder zu je 10 Sekunden auf. Sterne, aber ich kann auf den ersten Blick nicht behaupten, dass sich da was bewegt. Auch von einer Strichspur keine Spur (was für ein seltsames Wortspiel). Ich wiederhole das ganze um 21.10 Uhr MEZ und kann alle Sterne auf Gerhard Dangls Karten auf der Aufnahme identifizieren - "Durch diese hohle Gasse muss er kommen"! Wieder nichts, auf den ersten Blick. Seltsam ...

Die Astro-Austria Diskussion geht weiter, erste visuelle Nicht-Beobachtungen werden gemeldet. Sollte etwa ... entwas nicht gestimmt haben? Die Ephemeride falsch sein? Ich denke, 50mm sind zu wenig und montiere ein 135mm Tele an die StarlightXpress MX916. Wieder lege ich mich auf die Lauer und nehme eine Serie zur exakten Zeit auf. Wieder nichts. Das gibt's doch nicht. Ich untersuche die Bilder genauer und -- ja! Da ist ein Hauch einer Strichspur. Das Objekt, das sich da bewegt, kann kaum heller als 11mag sein; und bei der Hintergrundhelligkeit (es ist extrem dunstig) säuft die Spur einfach jämmerlich ab.

Ich mache noch ein paar solche Serien und letztlich gelingt es mit, auf etwa einem Dutzend Aufnahmen solche Spuren von Rosetta zu identifizieren. Hier einige Kostproben:


21.00 MEZ, F=50mm, 10 Sekunden

500% vergrößert, Ausschnitt

21.28 MEZ, F=135mm, 20 Sekunden

500% vergrößert, Ausschnitt

22.25 MEZ, F=135mm, 20 Sekunden

500% vergrößert, Ausschnitt

Um die schwachen Spuren nicht "umzubringen", kann ich nur Rohbilder verwenden; jede Korrektur (Bias, Dunkelstrom, Flatfield) läßt sie verschwinden, so gering ist der Kontrast. Ich kann auch nicht das Jpeg-Format verwenden, sondern muß auf das Speicherplatz vergeudende Gif-Format zurückgreifen. Und ohne Gerhard Dangls Karten hätte ich die paar in einer Reihe angeordneten Pixel auf den Aufnahmen auch gar nicht gefunden bzw. für zufällig gehalten.

Die Bilder aus Linz und Michelbach sind viel besser. Der Grund, warum fast gar nichts hier zu sehen ist, ist natürlich das Wetter, die enorm schlechte Durchsicht. Aber immerhin - es ist etwas zu sehen! Nur: Wer auch immer bei der ESA den Medien gesagt hat, Rosetta könne mit einem Feldstecher beobachtet werden, muss sich jetzt wohl einige Kritik gefallen lassen.

Augenscheinlich ist das Seeing nicht schlecht, doch das täuscht. Die Sterne funkeln nicht, weil sie so stark geschwächt sind. Trotzdem beschließe ich, den Abend mit einem (Webcam-)Blick zu Saturn und Jupiter; gut, dass es lohnendere Ziele gibt als kleine Raumsonden, die der Erde nahe kommen ...


Saturn

Jupiter