Sternabend - ein perfekter Abschied

Kahlenberg, 19. März 2005

Dieser Sternabend ist in mehrfacher Hinsicht bemerkenswert. Da ist zum einen die Situation auf dem Kahlenberg. Seit langem wissen wir, dass die Tage der Hotelruine und damit auch der großen Aussichtsterrasse gezählt sind, doch wir kannten weder Tag noch Stunde. Lange haben wir in unseren Planungen daher schon Alternativen erarbeitet und berücksichtigt, und seit wenigen Tagen ist es gewiß: Der März-Sternabend wird der letzte an diesem Ort sein, im April beginnen die Abbrucharbeiten.

Dann ist da zum anderen das Wetter. Als ich vom "WAA-Leitstand" zu Hause grünes Licht gebe und im Internet ankündige, dass der Sternabend stattfinden wird, prasseln Regentropfen an mein Fenster. Wie kann man in so einer Situation zweieinhalb Stunden vor Beginn grünes Licht geben? Die Wettermodelle des 21. Jahrhunderts machen es möglich! Schon am Vormittag zeigte sich, dass der Abend im äußersten Nordosten des Landes sternklar werden könnte, und spätestens um 16 Uhr läßt auch das Satellitenbild keinen Zweifel mehr offen. Es wird!

Kaum kommen wir also gegen 17.30 Uhr auf den Kahlenberg, es hat längst aufgehört, zu regnen, zeigt sich auch schon der Mond.


Pünktlich ziehen die Wolken von Norden (links) nach Süden ab

Also bauen wir auf. Zunächst einmal ein Teleskop, unser größtes. Rolands 18" Dobson ist leistungsstark und extrem manövrierfähig, außderdem ein echter Blickfang.


Pastellfarben irisierende Restwolken .....

... über Rolands großer Kanone

Unter uns sinkt die Stadt in die Nacht und zunächst ist es hier auf dem Kahlenberg ausgesprochen ausgestorben. Das schlechte Wetter untertags hat niemanden animiert, hierher zu kommen, und es ist auch unangenehm kalt geworden.


Wien in der Abenddämmerung; der Himmel wird immer klarer, die Luft immer kälter

Doch dann kommen doch zuerst vereinzelt, dann in Gruppen Besucher, die den einen oder anderen Blick durchs Fernrohr riskieren und plötzlich ihre Liebe zur Astronomie (wieder)entdecken.


Dieser Anblick gehört bald der Vergangenheit an, ...

... und auch auf diesen müssen wir noch lange warten

Es wird immer klarer und der Mond bildet mit Saturn, Castor und Pollux eine bemerkenswerte Konstellation. Das Seeing ist entgegen allen Erwartungen exzellent und so wundert es niemanden, dass wir lange den Mond bestaunen und wie Astronauten über seine Oberfläche fliegen.


Mond in der Totalen


Moretus

Clavius

Copernicus und Eratosthenes

Plato und Alpental

Tycho

Die Apenninen


Mondberge am Rand: Neper und Jansky

Visuell und mit der Webcam wird der Mond beobachtet und vorgeführt, so entstehen auch die obigen Detailaufnahmen, sozusagen nebenbei. Die Besucher sind beeindruckt!


Begeisterung beim Durchschauen am großen Dobson ...

... und bei der Webcam-Beobachtung am 10" LX200

Doch auch die Planeten sind wunderschön. Saturn ist beeindruckend, visuell ist sogar die Encke-Teilung zu sehen und im 18" Dobson ist der Planet von Monden geradezu umringt. Später steht dann auch Jupiter hoch genug, um seine fein strukturierten Wolkenbänder zu studieren.


Saturn

Jupiter

Leider haben wir auch mit technischen Problemen zu kämpfen. Die enorme Einstrahlung des Kahlenberg-Senders läßt die Webcam-Bilder verschwimmen, sorgt sogar auf Aufnahmen mit der Digitalkamera für Streifen und lässt auch Handys versagen. So können die Webcambilder der Planeten heute keinesfalls wiedergeben, was unsere Besucher und wir sehen durften, nämlich Planeten vom feinsten.

Gegen 21.30 Uhr beenden wir den Sternabend, den letzten an diesem Ort. Mehr als 30 Personen haben die Wunder des Märzhimmels bestaunt, mehr, als wir an diesem Tag erwarten durften. Es war ein Triumph der modernen Wetterprognosen und auch unserer routinierten Organisation. Pointe am Rand: Auf der Heimfahrt vernehme ich aus dem Autoradio, dass die Niederschläge im Osten Österreichs bald aufhören werden. Aber ...

Wie geht es jetzt weiter? Nun, die Sternabende bleiben auf dem Kahlenberg. Dank dem Entgegenkommen seitens des Betreibers des Heurigenrestaurants können wir bis auf weiteres die kleine Terrasse ("Terrass'l") benützen, bis vorraussichtlich im Herbst 2006 auch dieser Teil der Spitzhacke zum Opfer fällt. Die Großveranstaltungen (Astronomietag, Ferienspiel) finden auf dem Cobenzl statt, wo wir ebenfalls einen guten Platz finden konnten. Und in ferner Zukunft, wenn auf dem Kahlenberg neues Leben den Ruinen entsprossen sein wird, werden wir auch eine neue Heimstatt für die so beliebten Sternabende gefunden haben.

Text und Fotos: Alexander Pikhard