Antares-Bedeckung

Wien 12, 27. 04. 2005

20050427api00.html

Beobachter:Alexander Pikhard
Datum:27. 04. 2005
Ort:Wien 12
Instrument:Minolta Dimage Z3, dann auch 12" Meade LX-200
Bedingungen:
Bemerkungen:Beim Eintritt: Bedeckt, oder so gut wie ...; beim Austritt bis in eine Höhe von ca. 30° fast wolkenlos und klar
Bericht:

Das glaubt mir ja doch keiner. Ich glaube es ja selbst nicht. Es hat zwar aufgehört zu regnen, doch der Himmel ist bedeckt. Die tiefen Wolken werden von der Stadt beleuchtet. Keine einzige Wolkenlücke weit und breit. Und dann ... tut sich was im Südosten. Ein winziges Wolkenloch gibt ein Stück Mondrand frei. Fassungslos hole ich die Kamera, schraube sie ungläubig auf ein Stativ. Fernrohr habe ich keines aufgebaut, es hat vor kurzem erst geregnet. Und plötzlich steht er da: Der Mond! Der ganze Himmel ist bedeckt, und in einem gerade einmal ein mal vier Grad grossen Wolkenloch steht der Mond.


Damit keiner glaubt, ich hallzuiniere, hier das Beweisfoto:
Oben Wolken, unten Wolken, dazwischen der Mond

Obiges Foto entsteht etwas später. Ich habe keine Zeit - zum Fokussieren, Kamera einstellen, etc. Nur heranzoomen und abdrücken, jede Sekunde zählt, es ist 0.04 Uhr. Klick. Es ist was drauf. Eine Wolke schiebt sich vor den Mond. Sie zieht rasch ab, aber jetzt kann nichts mehr da sein. Mal sehen ...


Das war wohl im letzten Moment: Antares im Eintritt!

Ich fasse es nicht. Antares ist wirklich noch zu erkennen! Das muss sich um Sekunden ausgegangen sein. Ich kann den Zeitpunkt nicht messen, da hätte ich aufbauen müssen, aber irgendwann zwischen 00:04:14 und 00:04:31 muss Antares verschwunden sein.


10 Sekunden später: Wolke!

Noch einmal: Das Unfassbare ...

Aus den Aufnahmezeiten der Kamera ermittle ich halbwegs exakte Zeiten, indem ich eine Funkuhr fotografiere. Gibt eine Differenz von 19 Sekunden, um die meine Kamera nachgeht (in obigen Zeiten schon berücksichtigt).

Jetzt, als ich diese Zeilen schreibe, fasse ich es immer noch nicht. Heute Nachmittag, als ich unsere Astropraxis auf der Sofienalpe abgesagt habe, meinte ich noch, "damit wenigstens eine(r) das richtige Wolkenloch zur richtigen Zeit an der richtigen Stelle hat". Aber so genau?

Etwas später ...

Der Himmel klart mehr und mehr auf, und so baue ich mein Fernrohr auf. Ich verbringe die Zeit bis zum Austritt mit Fototests mit einem Projektionsokular, das ich mir heute beim Astrofotokurs von Roland ausgeborgt habe. Es soll noch sehr gute Dienste leisten!


Mond, ohne Wolken und ohne Antares. Minolta Z3 durch 75mm Projektionsokular.

Ich schwanke, was ich tun soll. Visuell Zeit nehmen oder doch fotografieren? Ich entscheide mich letztlich fürs Fotografieren und bemerke zu meinem grossen Schrecken, dass die Zeit verrinnt. Ich montiere die Webcam, oh Schreck, so klein ist das Feld? Die Chance, Antares zu verpassen, ist zu gross. Da montiere ich kurzerhand noch einmal die Digitalkamera mit besagtem Projektionsokular ans Rohr. Es ist 1.09 Uhr MESZ, lt. Himmelskalender noch mehr als eine Minute Zeit. Ich mache eine Aufnahme nach der anderen vom Mare Crisium, in dessen Nähe Antares auftauchen wird. Was ist das? Schon auf der zweiten (!) Aufnahme ist Antares deutlich zu erkennen, gut 30 Sekunden früher als erwartet.


01:09:45 MESZ: Noch ohne Antares.

01:10:23 MESZ: Schon deutlich da.

Zwischen 01:09:26 und 01:10:17 Uhr MESZ muss der Austritt stattgefunden haben, aber mir geht es in erster Linie um Bilder. Der Himmel im Süden ist sehr klar, auch wenn jetzt wieder Wolken den Mond zeitweise verdecken. Ich versuche auch, Antares jetzt freisichtig zu sehen, aber es gelingt mir nicht, der Mond ist zu hell. Vielleicht bin ich auch schon zu unkonzentriert. Ein Blick zu Jupiter: Lausiges Seeing! Doch in bin in einer eigenartigen Hochstimmung.


Meine Mitbewohner verfolgen neugierig ...

... mein nächtliches Treiben

Die Anspannung hat auch ihre guten Seiten: Vor dem Abbau fotografiere ich noch mein Fernrohr vor dem klaren, vom Mond erleuchteten Himmel mit den netten, kleinen Wolken. 5 Sekunden aus der freien Hand. Ergebnis: Siehe oben ...

Wieder einmal Glück? Nein, das war schon mehr als Glück heute; das war schon eine Message: Auf gut Wienerisch "Aufgeben tamma an Brief" ...