Twin Dobson Party

Sofienalpe, 07. 09. 2005

20050907api19.html

Beobachter:Alexander Pikhard
Datum:07. 09. 2005
Zeit:19.30 bis 00.30 MESZ
Ort:Sofienalpe
Instrument:18" Obsession Dobson, 18" Starsplitter Dobson
Bedingungen:
Durchsicht:sehr gut (1)
Aufhellung:gut (2)
Seeing:ausreichend (3)
Freis. vis. Grenzgroesse:5.5
Temperatur:16 °C
Wind:maessig aus SE
Bemerkungen:Föhniger Südwind, wolkenlos, ganz leichter dunst, aber für Sofienalpe unglaublich gut. Kühl.
Bericht:

Heute ist ein ganz besonderer Abend auf der Sofienalpe. Die Wetterbedingungen sind, abgesehen von etwas Dunst und einem anfänglich eher unangenehmen, kühlen Wind wirklich perfekt. Der meiste Dunst liegt flach über den Niederungen und wird sich noch als sehr nützlich erweisen, indem er das Licht der Stadt abschirmt.


Einmal mehr ein traumhaft schöner Sonnenuntergang auf der Sofienalpe

Es ist erstaunlich, wie wenige Leute heute hier sind. Zwei Radfahrer, eine Spaziergängerin mit zwei Hunden (die sich bis zum Ende unserer Beobachtungsnacht anschließt!) und vier WAA-Beobachter sind die einzigen Gäste heute hier - und erleben wahrscheinlich die Beobachtungsnacht des Jahres an diesem Ort.


Es fehlt nur noch das Meer ...

Die Radfahrer verlassen die Sofienalpe, um noch bei einem Hauch von Tageslicht das Tal zu erreichen. So bleibt eine kleine, lustige Fünfergruppe hier, und der heutige Abend steht ja unter einem ganz besonderen Motto: Dobson-Vergleich!

Günter Jenner bringt seinen 18" Obsession und tritt an zum Duell mit Roland Graf, der seinen 18" Starsplitter mitgebracht hat. Eine tolle Gelegenheit, zwei unterschiedliche Optiken (Lomo vs. Pegasus) zu testen.Das freundschaftliche Duell hat letztlich den Hintergrund, zu klären, wer letztlich die neuen Besitzer der beiden Rohre werden.


Der Obsession steht schon und wird akribisch untersucht


Jetzt ist auch der Starsplitter (vorne rechts) aufgebaut.

Oberflächlich betrachtet sehen die beiden Instrumente fast gleich aus; aber nicht nur in der Optik besteht ein gewaltiger Unterschied. Der mechanische Aufbau des Obsession ist eine Spur durchdachter und das Instrument daher auch leichter, doch das wirkliche Zuckerl: Der Obsession hat einen "Dob Drive", also eine Nachführung, die zumindest für einen kürzeren Zeitraum entspanntes Beobachten ermöglicht.

Die Aufbauphase wird von einer Abenddämmerung begleitet, in der nach und nach die dünne, zunehmende Mondsichel, Venus und Jupiter sichtbar werden. Das Farbenspiel der Natur über den Vorbereitungen der Dobsonauten kann mit Worten einfach nicht beschrieben, die Stimmung insgesamt hier auch nicht ansatzweise wiedergegeben werden. Natur pur in einer fast umwerfenden Intensität!


Über den Dobsons tauchen Mond und Venus auf


Die Dobsonauten erwarten die Nacht


Erste Ziele in der Dämmerung


Take me to the moon ...

Es geht ans Beobachten. Schon die ersten Doppelsterne verraten erstens recht gutes Seeing und zweitens die Schärfe der Lomo-Optik (Albireo, ε Lyrae). Doch dann geht es an Deep Sky Objekte. Ursa Minor verrät eine scheinbare visuelle Grenzgröße von 5,5 mag, einmalig für die Sofienalpe. Die Milchstraße spannt sich deutlich zweibahnig über den Himmel und ist hoch über uns, zwischen Cassiopeia und Adler, wirklich unglaublich deutlich. Schade, heute hätten wir weiter weg fahren sollen. Der morgige Werktag hat uns davon abgehalten, aber es wird dennoch sensationell.

M13 Unglaublich, wie Sternreich dieser Haufen sein kann und wie aufgelöst. Jeweils im 7mm Pentax füllt der Kugelsternhaufen einen Großteil des Gesichtsfelds mit klar definierten Sternen. Ein wunderschöner Anblick, selten noch so gut gesehen. Das Zentrum des Haufens ist gut aufgelöst und mit einer diffusen Struktur hinterlegt, so dass wirklich ein enorm plastischer Effekt entsteht. Da hilft nur eines: Minutenlang hineinschauen! Jetzt schlägt die große Stunde des Dob Drive.
M92 Nicht viel weniger beeindruckend als M13. Kleiner, dichter, konzentrierter und im Kern sogar heller als M13, also ein wunderschöner Kontrast. Ich lebe auf. Schon lange habe ich Objekte nicht von Hand eingestellt und stelle zufrieden fest, dass es Dinge im Leben gibt, die man einfach nicht mehr vergisst. Zum Beispiel den Weg zu M92. Hier punktet Rolands Dob mit den vielen Suchern an beiden Enden des Rohrs. Wieder: Minutenlanges Beobachten. Doch wir werden noch übermütiger.
NGC 6960

An Rolands Dobson kommt mein 40mm Pentax-Okular mit O-III-Filter zum Einsatz, an Günters Gerät eine vergleichbare Konfiguration mit 30mm. Wo ist 52 Cygni bloss? Gut, dass es heute so klar ist, dass man Sterne 5. Größe problemlos sieht, auch im Telrad. So macht Astronomie Spass!

Und dann der Cirrus-Nebel. Unglaublich! Moment mal, wir sind auf der Sofienalpe! Nicht auf der Ebenwaldhöhe oder gar auf der Emberger Alm, und dennoch "schwebt" der feine, filamentartige Nebelbogen scheinbar schwerelos durchs Gesichtsfeld, so, als könnte man ihn vorsichtig mit zwei Fingern anheben und aus dem Okular herausheben. Ich muss gestehen, so gut habe ich ihn noch selten gesehen. Was für eine Nacht!

NGC 6992 Wir brauchen Günthers Hilfe, die eines sehr erfahrenen Dobsonauten. Aber eigentlich ist es ja gar nicht so schwer. Einfach nach Gefühl in die Richtung fahren, das scheinbare Gesichtsfeld misst an die zwei Grad. Und da ist er - der filamentreiche, östliche Teil des Cirrus-Nebels liegt im Gesichtfeld wie ein, man verzeihe den unastronomischen Vergleich, klingonisches Barthlett (ein mehrschneidiges Krummschwert). Unglaublich kontrastreich, und jetzt taucht in mir eine Erinnerung auf, wann ich diesen Nebel das letzte Mal so schön gesehen habe: In Gerhard Bachmayers 12,5" Portaball Dobson in -- Namibia! Herrlich, mit dem Dobson den Nebel entlang zu fahren.
M57 Mit einem 7mm Pentax und dem O-III-Filter ist der Ringnebel eine Wucht, unheimlich kontrastreich und hell. Ein Klassiker von seiner schönsten Seite.
M27 Huch. Mit dem 40mm Pentax und O-III-Filter ist der Nebel so hell, dass sein Inneres bei indirektem Sehen überstrahlt ist. Sozusagen ein extremer "Blinking Planetary". Dafür sind die Ausläufer weit zu verfolgen. Was tiefer Dunst über Wien bewirken kann ... Günter, bisher überzeugter Ebenwaldhöhe-Beobachter, ist von der Sofienalpe begeistert. Ich versuche, zu relativieren. Das ist heute eine Ausnahmesituation, wirklich!
M15 Traumhaft, dieser Kugelsternhaufen. So viele schwache Sterne, so dicht. Hier brauche ich unerwartet lang zum Einstellen, obwohl der Weg recht trivial ist. Aber mit vereinten Kräften klappt es.
NGC 281 An sich ein schwaches Objekt. Aber mit dem 40mm Pentax und UHC-Filter kommt auch dieser reich strukturierte Nebel in der Cassiopeia ganz deutlich heraus. Ihn visuell zu sehen, ist eine Herausforderung, ihn visuell so gut zu sehen, ist einfach eine Wucht.
M51 Steht leider schon zu tief. Trotz nicht einmal 10° Höhe erkennt man sie als Spirale, schade, da wäre mehr drin, aber: Falsche Jahreszeit.
NGC 7331 Nicht einfach, nicht einfach - zum Einstellen nämlich. Aber Die Kaskade von Suchern - Telrad, 8x50 und 8" f/4 - an Rolands Dobson läßt mich die Herausforderung bewältigen und wir werden im 7mm Pentax mit einem herrlichen Blick auf diese Kantengalaxie belohnt.

Es ist schon recht spät, gegen Mitternacht. Und ein Test muss noch folgen: Kann man mit dem Dob Drive zumindest Webcam-Aufnahmen vom Mars machen? Roland ist mit dem Gerät schon recht geübt und so gelingt eine Aufnahme mit 2m Brennweite praktisch auf Anhieb. Allein, mit dieser Brennweite ist Mars zu klein.

Ich montiere die 3x-Barlowlinse. 6m Brennweite sind für Mars schon erforderlich, sollen Details gut herauskommen. Es dauert lange, bis der Dob Drive trainiert ist (Dob Drive "lernt", indem man eine Zeit lang das Objekt mit der Feinbewegung händisch nachführt; das muss man aber sehr genau machen). Doch dann klappt es. Es gelingt uns, Mars über 90 Sekunden auf dem winzigen Chip der Webcam zu halten. Nicht an der gleichen Stelle, oft "springt" Mars so weit, dass Registax manuelle Hilfe braucht, ihn wiederzufinden, aber, und das zählt, es klappt. Und hier das Resultat:


Mars, aus 900 Aufnahmen à 1/125s

Dieses Marsbild, werte Leserinnen und Leser, entstand an einem Dobson! Mit 6m Brennweite 90 Sekunden lang belichtet, dann mit Registax gestackt. Die RGB-Korrektur dann mit Photoshop, denn irgendwie schafft Registax das beim Mars derzeit nicht. Polkappe, "Marskatze" (Sinus Meridiani und Syrtis Maior) ganz deutlich, dazu die extrem helle Hellas-Region (der helle Fleck nahe der südlichen Polkappe), alles da. Leider läßt das Seeing nach, sonst wäre es vielleicht gar kitschig geworden.

Vollkommen zufrieden bauen wir ab. Es geht auf ein Uhr zu, aber was soll's. So eine Nacht kommt nicht so bald wieder.