Beobachter: | Alexander Pikhard | ||||||||||||||||
Datum: | 22. 10. 2005 | ||||||||||||||||
Zeit: | 19.00 bis 00.45 MESZ | ||||||||||||||||
Ort: | Hohe Wand, beim Gasthof Postl | ||||||||||||||||
Instrument: | 12" Meade LX200, Philips ToUCam Pro und andere | ||||||||||||||||
Bedingungen: |
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Bericht: | Es ist so weit. Hochnebelzeit. Die Niederungen, das Flachland im Osten unseres Landes, versinken unter einer grauen Nebeldecke. Grauslich. Langjährige Erfahrung lehrt aber, dass die Welt oberhalb von etwa 800m ganz anders aussieht. Ein Blick auf diverse Wetterseiten und die Webcambilder zeigt rasch: Heute wird die Hohe Wand ein lohnendes Ziel sein. Weiter hinaus hat keinen Sinn, denn der Mond geht sehr früh auf. Auch typisch für den Herbst nach Vollmond. Überraschend zieht sich am Abend, als ich gerade von Wien aufbreche, der Hochnebel zurück. Damit ist klar, dass sich die Fahrt lohnen wird, denn über dem Nebel ist der Himmel klar. Doch eigentlich bereitet mir diese Entwicklung Sorgen. Es gibt bei uns nur eines, das am Abend eine Hochnebeldecke zum Auflösen bringt, noch dazu so rasch: Föhn. Und der ist Garant für schlechtes Seeing. Aber wir werden sehen. Meiner Einladung zum gemeinsamen Beobachten sind doch einige gefolgt, so sind wir ein kleines Grüppchen bon 7 Personen mit 5 Teleskopen von 8" bis 18". Um 19 Uhr ist es schon sehr dunkel, und über uns strahlt ein wirklich guter Himmel. Wie lange ist es eigentlich her, dass wir die Milchstraße so wunderschön, von Horizont zu Horizont, sehen konnten? Der Sommerhimmel steht jetzt, am Abend, hoch über uns, und im Nordosten kommen schon die Vorboten des Winters herauf. Wir beginnen mit einer Deep Sky Tour. Tut das gut, wieder einmal visuell zu beobachten. Wie es sich für ein Teleskoptreffen gehört, stellen wir die Objekte immer in allen Instrumenten gleichzeitig ein. So kann man herrlich vergleichen.
Die doch recht gute Transparenz bewegt mich, schwierigere Objekte anzusteuern bzw. den anderen vorzugeben. Ich wähle jetzt das 40mm Pentax Okular und einen O-III-Filter. Einmal mehr komme ich zum Schluss: Pentax-Okulare sind einfach die besten. Bequemster Einblick und beste Randschärfe, da kommen alle anderen nicht mit, auch teurere nicht. Und von wegen "nur" 65° Gesichtsfeld. Mehr schafft unser Auge ohnedies nicht. Doch jetzt zu den Deep Sky Objekten.
Die Zeit drängt, bald wird der Mond aufgehen. Also schwenke ich in die östliche Himmelshälfte.
Es ist Testzeit. Roland hat noch ein japanisches 30mm Okular dabei, das 84° wahres Gesichtsfeld hat. Wir testen es an allen Rohren. Das Okular ist toll. Es liefert das gleiche scheinbare Gesichtsfeld wie mein 40mm Pentax, aber bei stärkerer Vergrößerung. Natürlich muss man jetzt das Auge bewegen, um dieses Feld noch auszunützen. Das Feld ist eigentlich bis zum Rand hin erträglich scharf - jedenfalls ausreichend für ein Okular in dieser günstigen Preisklasse. Nachdem sich der Mond schon mit einer gewissen Aufhellung des Himmels bemerkbar macht, wechseln wir das Programm auf Sternhaufen.
Der Aufgang des Mondes beendet die Deep Sky Beobachtung, nur mehr helle Sternhaufen werden jetzt betrachtet. Doch eigentlich steht Mars schon recht hoch. Zeit für einen ersten Blick. Es ist Christine, die mit der Feststellung, wie gut das Seeing ist, alle neugierig macht. Bald sind alle Instrumente auf den Mars gerichtet. Ein visueller Blick zeigt in der Tat gutes Seeing und tolle Farben. Der Mars, eher gelblich als orange (ein untrügliches Zeichen für Staub in der Atmosphäre), die Dunkelgebiete mit einem Stich ins Grünliche. Terra Tyrrhena dominiert als dunkle Formation (ach, die "langweilige Seite" des Planeten), Elysium und Isidis Planitia im Norden und Terra Cimmeria im Süden. Die südliche Polkappe exisitiert de facto nicht mehr (aus diesem Blickwinkel), die Wolkenschicht im Norden ist noch stärker geworden. Rasch zur Webcam. Doch schon die erste Serie zeigt: Gutes Seeing ist Geduldsache. Denn auf einmal wabbelt der Planet nur so herum, unmöglich, einen Fokus zu bekommen. Es heisst warten. Und dann zunächst einmal bescheiden anzufangen, mit 2x Barlowlinse, also F=6m, f/20. Umm 22.33 Uhr MESZ gelingt die erste einiger massen brauchbare Aufnahme.
Es ist feucht, und dank Roland und seinem Batteriefön können wir die Beobachtung fortsetzen. Das Seeing wird phasenweise immer besser. Bald traue ich mich mit der 3x Barlowlinse ans Werk. Die Tätigkeit wird eintönig: Den Monitor meines Laptop betrachten, das Seeing beurteilen und eine Serie von 1200 Aufnahmen mit 10 Bildern pro Sekunde starten, wenn es gut genug aussieht. Aber das helle Mondlicht macht eine andere Beschäftigung ohnedies nicht mehr sinnvoll und wir sind ja auch wegen des Mars hier. Um 23.31 Uhr - Syrtis Maior ist durch die Rotation des Planeten besser ins Bild gerückt - gelingt jetzt auch schon mit der 3x-Barlowlinse bei f/30 oder F=9m ein recht gutes Bild.
Jetzt kommen schon sehr viele Details heraus. Leider haben die wenigsten Formationen in der neuen Nomenklatur des Mars einen Namen. Auch Mars Previewer muss passen. Aber der Anblick ist einfach schön. Gegen Mitternacht wird das Seeing blickweise noch einmal besser und ich wage mich an meine (zweit)extremste Konfiguration mit f/45, einer Brennweite von 13,5 Metern. Mal sehen, ob das heute noch etwas bringt.
In der Tat kommen noch ein paar Details heraus, und eine Messung bestätigt einmal mehr, dass die kleinsten Details rund 0,35" klein sind, also knapp über dem theoretischen Auflösungsvermögen liegen. Das Seeing wird wieder schlechter, gut so, denn Festplattenkapazität und Strom gehen zur Neige. Ich beschäftige mich noch mit dem Mond und baue dann ab.
Es war eine abwechslungsreiche Nacht hier auf der Hohen Wand, und es wird nicht die letzte in diesem Jahr gewesen sein. |