Drei Zwergnovae: zwei hell, eine (noch) schwach

Wien 21, 31. 10. 2005

20051031wvo21.html

Beobachter:Wolfgang Vollmann
Datum:31. 10. 2005
Zeit:21.15 bis 22.30 MEZ
Ort:Wien 21
Instrument:Refraktor 130/1040mm
Bedingungen:
Freis. vis. Grenzgroesse:4.5
Wind:stark
Bericht:

Zwergnovae sind sehr enge Doppelsternsysteme. Ein massereicherer weisser Zwergstern und ein roter Zwergstern (Hauptreihenstern) umkreisen sich. Der masseärmere rote Zwerg verliert Materie die sich in einer Scheibe um den weissen Zwerg ansammelt. Es wird noch diskutiert welche Prozesse genau sich in dieser Akkretionsscheibe abspielen die immer wieder für einen Helligkeitsausbruch des Systems um mehrere Grössenklassen sorgen. Es gibt mehrere Untergruppen von Zwergnovae: U Geminorum Sterne und Z Camelopardalis Sterne sind die bekanntesten davon. Einige der berühmtesten Vertreter der Zwergnovae sind in mehreren Artikeln der AAVSO beschrieben: SS Cygni, Z Camelopardalis, U Geminorum und weitere unter U Gem and subtypes.

Die Beobachtung der Zwergnovae fasziniert viele Amateurbeobachter; so auch mich. Der Stern ist normalerweise im Minimum schwach, nur wenige Zwergnovae sind mit meinem Fünfzöller im Minimum sichtbar. Im Abstand von wenigen bis vielen Tagen gibt es einen Helligkeitsausbruch, je nach Stern bis zu 6 Grössenklassen und mehr. Die Zeitdauer zwischen den Ausbrüchen ist unvorhersagbar und das trägt zur Spannung bei: sehe ich heute Abend einen Ausbruch oder nicht?

SS Cygni im östlichen Teil des Schwans ist die am leichtesten in Europa beobachtbare Zwergnova: der Stern leuchtet normalerweise mit 12.Grösse, was ihn auch in kleineren Fernrohren ganz gut sichtbar sein lässt. Im Abstand von meist ein bis zwei Monaten gibt es einen Helligkeitsausbruch auf 8.Grösse, der mehrere Tage bis zu mehr als einer Woche andauert:

Lichtkurve von SS Cygni nach Beobachtungen der AAVSO. Jeder Punkt ist eine visuelle Helligkeitsschätzung. Links ist die Helligkeit in Grössenklassen, unten die Zeit in der fortlaufenden Tageszählung des JD (Julianisches Datum) aufgetragen. Das Diagramm zeigt den Lichtwechsel für die 500 Tage ab JD 2450000 (9.Okt.1995). Mehr über SS Cygni ist hier zu lesen: http://www.aavso.org/vstar/vsots/0600.shtml.

Am Abend des 31.Okt.2005 beobachtete ich SS Cygni noch im Minimum. Bei 115-facher Vergrösserung schätzte ich die Helligkeit mit den Vergleichssternen 114 und 119 der Detailkarte auf 11,8mag. Es kann aber nicht mehr allzu lange dauern bis der nächste Helligkeitsausbruch erfolgt, wie die Lichtkurve der letzten 100 Tage zeigt. Vielleicht sind Sie beim nächsten Mal dabei?

Im Hals des Pegasus östlich von ε Peg steht die Zwergnova RU Pegasi. Der Stern ist im Minimum nur 13.Grösse und ein Begleitstern 12,6mag erschwert die Erkennung: siehe Detailkarte und Tiefe Detailkarte. Ich benötige mit meinem Fünfzöller 208-fache Vergrösserung um RU Peg im Minimum eindeutig erkennen und schätzen zu können. Etwa alle drei Monate zeigt RU Peg einen Helligkeitsausbruch bis auf 10mag. Am Abend des 29.Okt. bemerkte ich dass der Stern hell war und schätzte die Helligkeit auf 10,7mag. Auch heute Abend am 31.Okt. dauert das Lichtmaximum weiter an: ich schätzte die Helligkeit auf 10,3mag. Hier ist die Lichtkurve der letzten 100 Tage abrufbar. Auch auf dieser Lichtkurve ist jeder Punkt eine visuelle Helligkeitsschätzung eines AAVSO Beobachters (mit blauer Farbe sind meine eigenen Beobachtungen zur Kontrolle hervorgehoben).

Nicht weit von der Andromeda-Galaxie M 31 ist eine weitere Zwergnova für kleinere Fernrohre zu finden: RX Andromedae. Das Objekt ist im Minimum oft sehr schwach mit 14.Grösse und es ist die genaue Detailkarte oder tiefe Detailkarte nötig um den Stern zu identifizieren. Während der Helligkeitsausbrüche wird das System meist 10 bis 11mag hell und ist dann leicht sichtbar: so konnte ich RX And am Abend des 29. und 31.Okt. mit jeweils 11,2mag beobachten: hier wieder die Lichtkurve der letzten 100 Tage. Der Stern zeigt oft sehr rasche Helligkeitsänderungen und ist daher besonders spannend zu beobachten. Manchmal verharrt RX And aber auch längere Zeit auf einer mittleren Helligkeit um die 12mag und zeigt dann keine Helligkeitsausbrüche. Das ist kennzeichnend für die Untergruppe der Zwergnovae denen Z Camelopardalis den Namen gegeben hat: siehe http://www.aavso.org/vstar/vsots/0499.shtml.

Für grössere Fernrohre sind viele weitere Zwergnovae zumindestens im Lichtmaximum erreichbar. Ihre Helligkeitsausbrüche werden auf der ganzen Welt vor allem von vielen Amateurbeobachtern überwacht. Es ist schon öfters vorgekommen dass Profiastronomen von solchen Beobachtungen alarmiert wurden und dann ein Riesenteleskop oder einen Fernrohr in der Erdumlaufbahn auf den Stern gerichtet haben um ihn im Helligkeitsausbruch näher zu untersuchen.