Sternbedeckungen, partielle Mondfinsternis

Wien 20, 05. - 12. 09. 2006

20060905twe00.html

Beobachter:Thomas Weiland
Datum:05. 09. 2006
Ort:Wien 20
Geogr. Länge:16° 23' 12" E
Geogr. Breite:48° 14' 08" N
Seehöhe:180
System:
Instrument:Maksutov-Newton 127/762 mm (12-mm-Okular), Feldstecher 7x50 auf Stativ, freies Auge
Bedingungen:
Bemerkungen:Heiter oder wolkenlos, meist gute Durchsicht, gutes bis ausreichendes Seeing, zeitweise leichter Wind
Bericht:

Was für ein September! Wie bestellt, ändert sich zu Monatsbeginn die Großwetterlage, und die feuchtkühle Witterung des August wird von einem ebenso beständigen, spätsommerlichen Hochdruckgebiet abgelöst. Zaghafte Freude kommt auf, schließlich sollte uns die erste Monatshälfte eine Vielzahl an Sternbedeckungen sowie eine partielle Mondfinsternis bescheren. Wahrlich ein "Menü" an astronomischen "Leckerbissen"!

Zunächst, wenngleich ohne Bedeckungsereignis, ergibt sich wieder die Gelegenheit zu beobachten, wie unser Trabant extrem südliche Gebiete der Ekliptik durchläuft - als Folge der im heurigen Jahr vorherrschenden Lage der Mondbahn, bei welcher der aufsteigende Knoten mit dem Frühlings- und der absteigende mit dem Herbstpunkt der Ekliptik praktisch zusammenfällt. Dies führt zu extremen Deklinationswerten des Mondes im Bereich der Ekliptikscheitelpunkte, für gemäßigte nördliche Breiten auf Grund der Parallaxe vor allem im Süden. Am 5. des Monats schließlich, als sich der Mond anschickt, zunehmend nördlichere Gefilde zu erklimmen, wird φ Capricorni bedeckt. φ Cap ist ein Stern 5. Größe (+5,4mag), der in Österreich nur selten vom Mond "erwischt" wird. Pünktlich um 18h23m37,0s UTC wird er am nicht sichtbaren dunklen Mondrand "verschluckt" (persönliche Gleichung 0,4s; wie bei allen weiteren Bedeckungsereignissen abgezogen).

Zwei Tage später, am Abend des 7., ist der Mond voll - nahe dem aufsteigenden Knoten seiner Bahn (siehe oben), aber doch so weit von ihm entfernt, dass es nur zu einer "kleinen" partiellen Finsternis kommt. Nach zwölf totalen Mondfinsternissen und ein paar unvollständigen bzw. partiellen Ereignissen, die ich in den letzten 30 Jahren gesehen habe, erwarte ich für diese Finsternis nichts Besonderes. Dennoch sollte es ein netter Abend werden, zum einen wegen des nach wie vor herrlichen Wetters, zum anderen weil meine 6jährige Tochter Helene Iris bis zur Finsternismitte (18h51m UT) gemeinsam mit mir beobachten darf. Ein erster Blick zum Mond gelingt um 17h48m UT - die Verfinsterung durch den Halbschatten ist mit freiem Auge bereits deutlich zu erkennen. Der weitere Verlauf erfolgt dann in gewohnter Weise: Berührung mit dem Kernschatten um 18h07m UT (Feldstecher 7x50 auf Stativ), mit freiem Auge ca. 1 Minute später. Wie erwartet, erscheint auch im 7x50 während der gesamten Finsternis der kernschattenverfinsterte Teil des Mondes nur bräunlich- bis olivgrau verfärbt, rötliche Töne sind nicht auszumachen. Dafür ist schön zu beobachten, wie im 7x50 mit zunehmender Höhe des Mondes die ihn umgebenden Sterne des Wassermanns (λ sowie φ, χ und ψ1,2,3) immer deutlicher hervortreten. Auch Uranus, ca. 1° östlich von λ Aqr bzw. 3° westlich des teilverfinsterten Mondes gelegen, bleibt nicht verborgen! Den Austritt aus dem Kernschatten stelle ich schließlich um 19h36m UT (7x50), mit freiem Auge ca. 1 Minute früher, fest. Eine letzte Spur des Halbschattens kann ich freisichtig um 20h06m UT erkennen.

Wiederum zwei Tage später, kurz vor Mitternacht vom 9. auf den 10., geht unser Begleiter erneut auf "Konfrontation". Diesmal ist ε Piscium, ein relativ heller Stern (+4,5mag) der Spektralklasse K0, an der Reihe. Die Atmosphäre erscheint ausnehmend klar und ruhig, und so wird der Austritt des Sterns am nicht sichtbaren dunklen Rand im wahrsten Sinne des Wortes zur hellen Freude (22h40m55,7s UTC; persönliche Gleichung 0,3s).

Am Morgen des 12., als der Mond schon deutlich im Abnehmen begriffen ist, geht 47 Arietis (+5,9mag) ins "Netz". Während der Stern am mittlerweile schwach sichtbaren dunklen Rand erscheint (00h53m50,4s UTC; persönliche Gleichung 0,3s), zieht unser Begleiter knapp an ε Ari (+4,6mag) vorbei. 2007 wird es auch für ihn soweit sein. Die Luft ist unverändert klar und ruhig, dies steigert umso mehr den Appetit auf das bevorstehende "Fest".

Mehr als sechzehn Jahre sind seit dem 18. Juli 1990, dem Tag meiner letzten beobachteten Plejaden-Bedeckung durch den Mond, vergangen. Heute, am 12. September abends, ist es wieder so weit. Wiederum wird unser Trabant durch südliche Partien des Haufens ziehen und so wie damals eher tief am Nordosthimmel stehen. Letzteres bereitet mir allerdings ein wenig Sorge, hat sich doch im Laufe der Schönwetterphase eine niedrige Dunstschicht gebildet. Zunächst stimme ich mich mit Hilfe von WinOccult und UraniaStar auf das Ereignis ein, anschließend wähle ich ca. 15 Sterne für die Zeitnehmung aus. Meine digitale Stoppuhr läuft bereits, als die "Show" in nur 9° Höhe beginnt. Schlagartig blitzt Merope (23 Tau, +4,3mag) am nur schwach konturierten dunklen Rand auf (20h17m34,1s UTC; persönliche Gleichung 0,3s). Trotz des Dunstes ist sie heller als erwartet. Nach einigen schwachen Mitgliedern des Haufens ist 24 Tau (+6,3mag) an der Reihe (20h40m50,3s UTC; persönliche Gleichung 0,3s), wenig später dann der Star des heutigen Abends: Alcyone (η Tau, +3,0mag)! Ich halte den Finger bereits im "Anschlag", als die hellste im Bunde wie ein blauweißer Diamant (Spektralklasse B7) am mittlerweile deutlich sichtbaren dunklen Rand erscheint (20h44m24,5s UTC; persönliche Gleichung 0,2s). Einfach großartig! Doch für Gefühlsregungen besteht keine Zeit. Etwa im Fünfminutentakt erscheint ein Haufenmitglied nach dem anderen, wie gut, dass die Uhr bis zu zehn Zwischenzeiten speichern kann. Um 21h20m21,5s UTC schließlich setzt die Natur ein letztes Mal auf Effekt: Atlas (27 Tau, +3,8mag) gibt sich die Ehre (persönliche Gleichung 0,3s), dicht gefolgt von Pleione (28 Tau, +5,2mag), welche um 21h24m31,0s UTC erscheint (persönliche Gleichung 0,3s). Damit ist die "Familie" praktisch komplett. Ein paar schwache Sternchen noch, dann kehrt wieder Alltag ein. Dankbar ziehe ich Resümee: was für ein September!