Plejaden-Bedeckung (Reminiszenz '88)

Gaweinstal / NÖ, 07. 08. 2007

20070807twe00.html

Beobachter:Thomas Weiland
Datum:07. 08. 2007
Zeit:00.15 bis 02.15 UT
Ort:Gaweinstal / NÖ
Geogr. Länge:16°35'10,5" E
Geogr. Breite:48°28'48,5" N
Seehöhe:210
System:WGS84
Instrument:Maksutov-Newton 127/762 mm; 12-mm-Okular
Bedingungen:
Durchsicht:sehr gut (1)
Seeing:sehr gut (1)
Bemerkungen:Heiter
Bericht:

Wir schreiben den Sommer 1988, genauer gesagt den 5. August abends. Nur noch wenige Stunden trennen uns von einer bemerkenswerten Passage des Mondes vor dem Sternhaufen der Plejaden. Wie bestellt, ist das Schlechtwettersystem der letzten Tage abgezogen, und die Vorfreude auf das kommende Ereignis groß. Doch dann geschieht das "Unfassbare": kurz bevor sich der Erdtrabant anschickt, ein Mitglied des Haufens nach dem anderen zu "verschlucken", schiebt sich ein Wolkenfeld vor die Szenerie. Alles Bitten und Flehen hilft nichts, Mond und Plejaden bleiben verborgen, zumindest so lange bis auch der letzte Stern wieder am dunklen Rand erschienen ist. Dann lugen beide schadenfroh durch einzelne Wolkenlücken, und wenig später ist der ganze "Spuk" vorbei. Zurück bleibt ein Gefühl der Enttäuschung, wie ich es glücklicherweise nur selten in der Astronomie erlebt habe.

Doch "zurück" ins Jahr 2007. Exakt einen Metonischen Zyklus später, plus einen Tag, sollte sich die Bedeckung des 6. August 1988 wiederholen. Und wieder würde der Mond über nordwestliche Bereiche des Haufens ziehen, auf Grund der kürzeren Dauer des Saros (18,6 Jahre) allerdings ein wenig nördlicher. Das bedeutet, dass 24 Tau diesmal einen "Respektabstand" hält, 21 Tau hingegen mit ihm "kollidiert". Die hellsten Sterne dieses Bereichs (16, 17, 19 und 20 Tau) stehen heute wie damals auf dem Programm. Und so wie damals ist das Wetter erfolgversprechend, wenn auch mit umgekehrten Vorzeichen. Tapfer behauptet sich das Hoch der letzten Tage, während es von allen Seiten "beknabbert" wird.

Ich befinde mich gerade auf "Meteorpirsch" nahe Atzelsdorf/NÖ. Es ist ein lauer Abend, und um mich herum regieren die Geräusche der Nacht: immer wieder raschelt es im Unterholz, mal bellt heiser ein Reh, dann wiederum flattern Fledermäuse lautlos umher. Noch herrscht Dunkelheit, doch bald kündigt sich im Nordosten unvermutete Dämmerung an. Wenig später blinzelt ein Lichtschein durch das Geäst: der Mond! Während unser Trabant langsam höher steigt, kommen mir Gedanken über die Bedeutung, welche die Plejaden für frühe Kulturen gehabt haben mussten, in den Sinn. Noch ist Zeit, und ich versuche, die hellsten Mitglieder des Haufens neben der breiten Sichel zu erspähen: vergeblich! Wahrscheinlich sind sie schon zu nahe, also kehre ich nach Gaweinstal zurück, wo mein Maksutov-Newton 127/762 mm bereit steht. Ein günstiger Platz im Garten ist schnell gefunden, der Mond bald eingestellt, und schon beginnt die Vorstellung. Schlagartig blitzt Electra (17 Tau, +3,8mag) nur 13° von der Südspitze entfernt hervor (00h29m13,2s UTC; persönliche Gleichung 0,3s, wie bei allen weiteren Zeiten abgezogen). Nach einem schwachen Sternchen betritt Celaeno (16 Tau, +5,4mag) die Bühne (00h50m31,6s UTC; persönliche Gleichung 0,3s), gefolgt von einem weiteren unscheinbaren Mitglied, dann ist Taygeta (19 Tau, +4,4mag) an der Reihe (01h07m31,1s UTC; persönliche Gleichung 0,3s). Knapp zehn Minuten später ereignet sich ein weiterer Höhepunkt: Maia (20 Tau, +4,0mag) erscheint am herrlich sichtbaren dunklen Rand (01h16m46,2s UTC; persönliche Gleichung 0,3s), während Asterope (21 Tau, +5,9mag) und der nahe gelegene 22 Tau, +6,5mag noch verborgen sind. Um 01h26m52,3s bzw. 01h30m01,2s UTC (persönliche Gleichung 0,2s bzw. 0,3s) ist es auch für sie soweit. Damit ist der Höhepunkt wohl gelaufen! Glücklich betrachte ich die wieder vereinten "Schwestern", auch die, welche diesmal vom Mond "verschont" geblieben sind. Noch ein paar unscheinbare "Verwandte", dann ruft ein letztes Mal des Astronomen Pflicht: X 4907, +8,8mag (!) macht sich bemerkbar (02h09m25,4s UTC; persönliche Gleichung 0,4s), gerade als die nautische Dämmerung beginnt. Ein unspektakuläres Ende einer spektakulären "Show". Und ich brauche wohl nicht erwähnen, dass ich Genugtuung empfinde, anders als damals, vor 19 Jahren.