Marsbedeckung

Hohe Wand, Kleine Kanzel, 24. 12. 2007

20071224api02.html

Beobachter:Alexander Pikhard
Datum:24. 12. 2007
Zeit:02:30 bis 05:30 MEZ
Ort:Hohe Wand, Kleine Kanzel
Instrument:12" Meade LX200 mit Philips SPC 900, Canon EOS 350D
Bedingungen:
Durchsicht:gut (2)
Aufhellung:sehr schlecht (5)
Seeing:gut (2)
Wind:kein
Temperatur:+1°C
Sonstige Bedingungen:Extrem aufgehellt durch Vollmond. Von Westen her Aufzug von Wolken.
Bericht:

Ich stelle den Wecker auf 3 Uhr und gehe früh zu Bett. So weit so gut, nur finde ich keinen Schlaf. So beschliesse ich bereits um 1 Uhr morgens, auf die Kleine Kanzel zu fahren. Die Ausrüstung ist vorbereitet und rasch bei ungastlichen -5°C ins Auto verstaut und ich mache mich auf den Weg. Erstaunlich, dass an diesem Tag zu dieser Zeit noch andere Leute unterwegs sind.

Vor Wiener Neustadt fällt mein Blick über die schneebedeckten Felder. Die Landschaft ist hell. Moment mal, wieso hell? Hier, zwischen Leobersdorf und eben Wiener Neustadt, ist keine größere Ortschaft. Was bitte hüllt das Land in so helles Licht? In der Tat, es ist der Vollmond. Hier ist also kein Hochnebel mehr. Nach Winzendorf erkenne ich auch die ganze Hohe Wand vor mir. Im Tal hat es bissige -8°C, unmöglich, die Heizung im Auto nicht einzuschalten.

Die einsame Fahrt auf die Kleine Kanzel fürht durch eine malerische Landschaft, die anfangs vom Rauhreif, später vom Schnee gezeichnet wurde. Auf der Kleinen Kanzel hat es +1°C. Noch immer Inversion. Ich studiere die Lage und baue auf.


Cirren im Westen


Spica und Arcturus im Osten. Es wird bald Frühling!


Kein Nebel im Tal, dafür dichte Wolken im Westen

Von Westen her nähern sich Wolken. Die Bedeckung wird eine sehr knappe Sache werden. Doch jetzt ist der Himmel klar und ich nütze die frühe Stunde mit noch hoch stehendem Mars und kulminierenden Saturn für ein paar Webcamserien.


Mars. 12" LX-200 bei f/20 (F=6m), Philips SPC 900, Komposit.
Farbe mit IR Sperrfilter, Kontrast mit IR Passfilter 742nm.


Saturn in gleicher Konfiguration, also in gleichem Maßstab. IR Sperrfilter.

Die beiden Planeten sind eine Zierde dieser frühen Morgenstunde. Mars ist neben dem Mond noch gut mit freiem Auge zu erkennen.


Mond und Mars über dem Schneeberg

Die Wolken bleiben zunächst tief im Westen, das ist gut so. Ich nehme mir das ungleiche Paar etwas detaillierter vor.


Vollmond und Mars um 04.30 Uhr MEZ. 12" LX-200 bei f/10 (F=3m), Canon EOS 350D, Mosaik aus 7 Aufnahmen.
Mond: 6x 1/250s bei 100 ISO, Mars 1/160s bei 100 ISO. Zusammengesetzt mit iMerge. Man beachte das Mare Australe
sowie die anderen randnahen Meere südlich des Mare Crisium sowie den librationsbedingten Südterminator.

Nach und nach strömen jetzt doch viele Beobachter ein. Zur wohl ungewöhnlichsten Zeit im Jahr entsteht hier ein kleines Teleskoptreffen.


Teleskoptreffen auf der Kleinen Kanzel im hellen Mondlicht. Im Süden der Rabe.

Die nächste halbe Stunde ist an Dramatik aber nicht zu überbieten. Zum einen ziehen die Wolken jetzt doch auf und dämpfen das Licht von Mond und Mars.


Mond und Mars durch irisierende Wolken

Zum anderen sorgt der Winterdienst für Spannung. Keine 10 Minuten vor dem Beginn der Bedeckung öffnet sich der Rollbalken im nahen Gerätehaus und ein gewaltiger Schneepflug, gefolgt von einem nicht minder gewaltigen Schaufelbagger, begehrt dringend Durchlass. Eine Wetterwarnung vor gefrierendem Regen ist der Auslöser. Zahlreiche Beobachter fliehen vor den beiden monströsen Maschinen, für mein Teleskop geht es sich um 20 Zentimeter aus. Angst!

Der Eintritt findet unter dramatischen Bedingungen statt. Immer dichtere Wolken ziehen über Mond und Mars, und mitten auf dem Parkplatz schaufelt der Bagger Streusplitt auf den an allen Ecken und Enden gelb blinkenden Streuwagen. Beide Fahrzeuge blasen Unmengen Abgase in die Luft, es ist kaum auszuhalten.

Ich halte den Eintritt auf Video fest. Bedingt durch die Wolken muss ich permanent die Einstellung korrigieren, denn mit Automatik ist bei der SPC 900 nichts zu holen. Hilfe! Panik! Genau im entscheidenden Moment verabschiedet sich das Treiberfenster mit den Kameraeinstellungen. Ob es, bedingt durch Müdigkeit und die eben aufgekommene Hektik wegen des Schneepflugs um einen Bedienungsfehler oder einfach um einen Softwarefehler handelt, der gemäß Murphy's Gesetzen genau im unpassendsten Moment auftritt, kann ich nicht sagen. Tatenlos muss ich zusehen, wie ein Wolkenloch - welch Ironie! - dazu führt, dass der Eintritt komplett überbelichtet ist.


So weit so gut, doch dann ...


... versagt die Kamerasteuerung

Nicht einmal 15 Minuten bis zum Austritt. Ich starte den Rechner neu. Der Streuwagen fährt ab und verwandet die Plateaustraße in eine Schotterpiste. Die Wolken werden immer dichter. Eine etwas dünnere Schicht kommt näher, und in dieser - Austritt!


Mars taucht auf


Mars ist da

Mars taucht auf. Langsam, schleifend steigt Mars über das Relief des Mondes nahe dem Südpol. Es dauert Minuten, bis Mars ganz aufgetaucht ist. Dann ist er weg. Wie auch der Mond. Wolken. So extrem knapp habe ich noch kein Himmelsereingnis erwischt! Keine Minute später hätte die Bedeckung stattfinden dürfen, das war eng.

Im Südosten ist die Venus aufgegangen.


Venus über dem Nebelmeer

Wir bauen ab. Kaum ist das letzte Teleskop verstaut, kommt der Streuwagen in die Garage zurück. Wieder knapp.

Von wegen Stille Nacht. A propos Nacht. Ich fahre heim und suche noch etwas Schlaf. Gute Nacht und frohe Weihnachten!