Polarlichtreise - Meteorologische Bedingungen

Ukonjärvi / Finnland, 08. 03. 2013

20130308apf00.html

Beobachter / Observer: Andreas Pfoser
Datum / Date: 08. 03. 2013
Uhrzeit / Time: 00:00
Beobachtungsort / Location: Ukonjärvi / Finnland
Bericht / Report:

GROSSWETTERLAGE:

Eisige Temperaturen, wie sie zumindest 10 Jahre lang am Beobachtungsort im März nicht mehr vorgekommen sind, prägten das Wetter dieser Polarlichtreise. Verantwortlich dafür war eine zu Beginn (9.März) ausgeprägte nördliche Omegalage mit einem hochreichenden Hochdruckgebiet über Island sowie den beiden zugehörigen Flankentiefs, das westliche in Form einer Rinne von der Südspitze Grönlands bis zum Golf von Biskaya reichend, das östliche als markanter Höhentrog vom Arktischen Ozean bis nach Südskandinavien entwickelt. Der nördliche Ast der Nordatlantischen Frontalzone (verläuft um das Hoch herum) wurde dabei so weit nach Norden abgedrängt, dass er über die unermesslichen Eismassen Zentralgrönlands musste und damit wohl alle Atlantischen Eigenschaften verlor und von einer Atlantischen in eine Arktische Frontalzone umgewandelt wurde. Die Lage Finnisch-Lapplands war nun besonders prekär, befand es sich bei dieser Strömungsanordnung doch an der linken und somit noch kälteren Seite einer bereits eisig kalten Frontalzone und an dieser wurden im erwähnten Höhentrog Luftmassen aus der unwirtlichen östlichen Barentssee, vielleicht sogar aus der noch hocharktischeren Karasee herangeführt. In den folgenden Tagen änderten zwar die steuernden Aktionszentren langsam ihre Lage und Form, die Grundcharakteristik der Strömung blieb aber während der gesamten Woche erhalten.


Sonnenuntergang am 10. März 2013 in Ukonjärvi. Bei niedriger Sonnenhöhe muss das Sonnenlicht einen sehr langen Weg durch die Atmosphäre zurücklegen. Dabei gehen kurzwellige Anteile durch Streuung verloren, das Licht wird „gerötet“. Verstärkt wird der Effekt noch durch diffuse Reflexion an Wolken, welche die Sonnenuntergangsfarben über eine größere Himmelsfläche malerisch verteilen.


WETTERABLAUF:

Das Wetter war an allen 7 Nächten dazu geeignet, Polarlichter zu beobachten, dabei zeigten 5 Nächte so gut wie keine Beeinträchtigungen. Lediglich in der ersten Nacht mussten die Beobachter einige Stunden zuwarten, um einen zumindest teilweise klaren Himmel zu bekommen und in der vierten Nacht war aufgrund dünner Wolkenfelder die atmosphärische Durchsicht etwas reduziert. Hier die Details:

9./10. März:
zunächst bedeckt, zeitweise leichter Schneefall, ab 23 Uhr beginnendes Aufbrechen der Wolkendecke, es blieb allerdings mäßig bewölkt, ab halb 3 Uhr setzte wieder Schneefall ein; Wind: schwach bis mäßig aus SW bis W

10./11. März:
anfangs heiter, dann sogar rasch wolkenlos, erst nach Mitternacht zogen langsam Wolken auf, ab 3 Uhr einzelne Schneeschauer; Wind: anfangs mäßig aus NW, gegen Mitternacht abflauend

11./12. März:
anfangs heiter, dann erneut rasch wolkenlos mit „Polarschnee“ in den Abendstunden, zwischen halb 3 Uhr und 3 Uhr kurzzeitig Durchzug stärkerer Bewölkung, danach wieder klar; Wind: zunächst kaum, nach Mitternacht schwach aufkommend aus W bis SW


Die kleinen Schneekristalle glitzern im Licht der Nachmittagssonne (11. März 2013, Ukonjärvi). Schneit es aus „heiterem“ Himmel, so spricht man von „Polarschnee“ (im Volksmund auch „Diamantschnee“ genannt). Diese Erscheinung entsteht, wenn Wasserdampf in sehr kalter Luft direkt sublimiert (Übergang von der gasförmigen in die feste Phase).


Am Abend des 11. März konnte vom Beobachtungsplatz die Obere Lichtsäule beobachtet werden. Sie kommt durch Spiegelung des Sonnenlichtes an den Unterseiten von in der Luft schwebenden Eisplättchen und Eissäulchen zustande.

12./13. März:
ausgedehnte mittelhohe und hohe Bewölkung, die nach Mitternacht in begrenzte Wolkenfelder zerfiel; Wind schwach aus SW bis W

13./14. März:
heiter, gegen 22 Uhr vorübergehend Durchzug stärkerer Bewölkung, dazu einzelne Schneeflocken, danach aber wieder rasch wolkenlos; Wind: kaum, nur zeitweise leicht aus SW

14./15. März:
nahezu wolkenlos, erst gegen 3 Uhr ein paar Wolkenfelder; Wind: kaum, nur zeitweise leicht aus SW

15./16. März:
durchwegs wolkenlos; Wind: leicht aus SW bis W


Eine weitere bitterkalte Nacht stand bevor. In einem rosa Farbton präsentierte sich am späten Nachmittag des 15. März die Schneedecke auf dem tief zugefrorenen Ukonjärvi und hob sich gegen den eisblauen klaren Himmel ab.


TEMPERATUREN UND LUFTFEUCHTIGKEIT

Während die erste Beobachtungsnacht aufgrund der abschirmenden Bewölkung noch relativ mild verlief, herrschte ab der zweiten Nacht durchwegs strenger Frost vor, der in den letzten drei Nächten in einem Unterschreiten von sogar -30°C gipfelte. Verantwortlich dafür war zunächst einmal die bereits erwähnte anhaltende Zufuhr eisiger Luftmassen aus der Hocharktis. Das großteils völlige Fehlen von Wolken über einer perfekt abstrahlenden geschlossenen Schneeoberfläche tat ihr übriges. Als in den letzten drei Nächten auch noch der Wind einschlief, wurde selbst die Chance einer wenigstens marginalen Durchmischung unterbunden, wodurch die bodennahe Abkühlung ihr größtes Ausmaß erreichte und sich jede Nacht eine markante Bodeninversion ausbilden konnte. Die niedrigste am 20km entfernten Flughafen registrierte Temperatur lag in der Beobachtungsperiode bei -33,4°C. Es darf aber nach einem Vergleich mit lokalen Messdaten angenommen werden, dass der tiefste Wert am Beobachtungsplatz sogar bei -37°C oder -38°C gelegen sein dürfte.

In subpolaren Winterregionen wird häufig die Trockenheit der Luft gepriesen, die Kälte erträglicher macht, aber auch Haut und Augen austrocknet. Betrachtet man die absolute Luftfeuchtigkeit, so stimmt das auch, die Wasserdampfmenge in der Luft war während unseres Aufenthaltes extrem gering. Aber selbst eine mit sehr wenig Wasser angereicherte Luft gelangt irgendwann einmal zur Sättigung, wenn die Luft oder Gegenstände eine bestimmte Temperatur unterschreiten. Man nennt diesen kritischen Wert den Tau- oder Reifpunkt und der lag bei Einbruch der Dunkelheit meist um -19°C bis -27°C. Das sind durchwegs sehr tiefe Werte, die aber vor allem für Gegenstände wie auch unsere Kameras, die ausstrahlungsbedingt noch stärker abkühlen als die Luft, in diesen Nächten leider nicht tief genug waren, um Reifablagerungen zu verhindern.


Wunderschöne Raureifkristalle an einem kleinen Fluss nahe des Katajärvi. Raureif entsteht in sehr feuchter Luft bei Frost und einer leichten Luftströmung. Die notwendige Feuchte wird durch den nicht gefrorenen, offenen Fluss bereitgestellt.


Wiener Arbeitsgemeinschaft für Astronomie.
www.waa.at