Namibia 2015: Die WAA baut eine Sternwarte

Hakos/Namibia

Lat. 23°14´11´´ S Long. 16°21´42´´ E

07. – 23.05.2015

Beobachter / Observer: Dr. Thomas SCHRÖFL
E-Mail / email: thomas.schroefl@waa.at
Datum / Date: 07.-23.05.2015
Beobachtungsort / Location: Hakos/Namibia
Instrument: Celestron C11 Edge HD (2800mm/f10) mit Lepus Reducer 0,62 (1736mm/f6,2), Canon 30D astromodifiziert, Canon EOS M und Nikon D700 mit div. Nikon Objektiven

Bericht:

Wenn einer eine Reise tut, so kann er was erzählen . (Das bekannte Zitat steht am Anfang von Matthias Claudius Gedicht »Urians Reise um die Welt« aus dem Jahr 1786)

. und wenn er dabei eine Sternwarte baut, umso mehr (Thomas Schröfl 2015)

Am 7.5. verließen Christoph Niederhametner, Monika Klapka und ich wieder einmal Wien, um mit South African Airways via Johannesburg nach Windhoek zu reisen, wo uns Waltraud in Empfang nahm und zur uns schon zur 2. Heimat gewordenen Farm Hakos brachte. Eine Woche später sollte dann auch noch Alex Pikhard nachkommen.

Nach bereits 10 Jahren Hakos hatte ich heuer ein ganz besonderes astronomisches Programm. 2014 hatte die WAA die Gelegenheit über Vermittlung von Gerald Rhemann sehr günstig einen 12 Zoll Deltagraphen von Philipp Keller zu erwerben, den wir schon vergangenes Jahr nach Hakos brachten und auf meiner CGEPro testeten. 2014 wurde auf Hakos begonnen ein neues Sternwartengebäude zu errichten, bestehend aus zwei Beobachtungsräumen mit einem in der Mitte gelegenen Kontrollraum. Der Vorstand der WAA beschloß sich an dieser im Bau befindlichen Sternwarte zu beteiligen, mit dem Ziel auf Hakos eine WAA-Sternwarte einzurichten, die zukünftig nicht nur vor Ort den WAA-Mitgliedern zur Verfügung stehen, sondern auch robotisch von Wien aus betrieben werden soll. In der Folge wur-de daher auch eine Skywatcher EQ8 Montierung angeschafft und nach Hakos versendet. Wie vermut-lich bekannt sein wird, habe ich mir vor 5 Jahren eine Celestron CGEPro mit einem C11 Edge HD und einen William FLT98 APO angeschafft und ständig auf Hakos stationiert. Seit 2011 sind diese Geräte auf der 2. Säule der sog. neuen Sternwarte. Bereits in der Vergangenheit hat Wolfgang Weiser mit seinem Photonewton auf meiner CGEPro-Montierung gearbeitet, so auch heuer im April. Wir kamen nun überein, daß ich ihm meine CGEPro verkaufe. Gleichzeitig vereinbarte ich mit der WAA mich zur Hälfte an den Kosten der neuen Sternwarte zu beteiligen und meine Geräte (C11 und APO) einzubrin-gen.

Mein heuriger Aufenthalt auf Hakos sollte daher vorwiegend dem Zweck dienen, die WAA-Sternwarte einzurichten uns betriebsfertig zu machen. Ich ahnte schon, daß das, was am Papier ein-fach erschien, in der Praxis ein steiniger Weg werden würde. Ich sollte nicht enttäuscht werden, ob-wohl ich schon in Wien alle Vorbereitungen traf, um Pannen möglichst auszuschließen.

So hatten wir z.B. die Montierung schon auf der Sophienalpe getestet (http://www.waa.at/bericht/2015/03/20150308ua17.html).

Nachdem wir letztes Jahr beim Kollimieren des Deltagraphen anstanden, hatte ich noch vor unserer Abreise ein Treffen mit Gerald Rhemann, um diese Frage zu klären. Daß das zu guter Letzt keine Klar-heit brachte, sollte sich dann in Hakos herausstellen.

Als wir in Hakos eintrafen, war die Sternwarte soweit fertiggestellt. Nur noch die Adapterplatte auf der Säule, die wir aus Windhoek vom Dreher mitbrachten, fehlte noch, wurde aber umgehend montiert.

Da wir eine 30-stündige Reise hinter uns hatten und erst nach 15:00 in Hakos ankamen, setzten wir uns nicht dem Streß aus noch am selben Tag aufzubauen, sondern wollten das erst am kommenden Tag in Ruhe tun.

Am Samstag setzten wir dann die EQ8 auf die Säule und ich montierte mein C11 Edge HD darauf, denn zum genauen Einsüden der Montierung ist der Deltagraph, mit dem ja keine visuelle Beobach-tung möglich ist, nicht geeignet. Abgesehen davon wollte ich meiner Tradition treu bleiben und am ersten Beobachtungsabend den Südhimmel visuell genießen. Nach dem Abendessen, das üblicher-weise auf Hakos bald nach Sonnenuntergang beginnt und dank der kurzen Dämmerungsphase bereits bei Finsternis endet, ging es los. Noch wußte ich nicht, daß es der Anfang einer dreitägigen Irrfahrt würde, die jener des Odysseus um nichts nachstand. Um es für den geneigten Leser nachvollziehbar zu machen, sei mir ein kurzer technischer Exkurs gestattet, wie das Einsüden einer EQ8 funktioniert. Synta, der chinesische Hersteller der unter der Marke Skywatcher vertriebenen Produkte, hat vor eini-gen Jahren Celestron übernommen, weshalb Ähnlichkeiten bei den Produkten und ihrer Software nicht zufällig sind. Der Handcontroller der EQ8 ist sehr jenem der mir geläufigen Celestron CGEPro-Montierung nachempfunden, also nichts grundlegend Neues. Zum Einsüden der Montierung benötigt man keinen Polsucher - man erspart sich so das mühsame Aufsuchen des Trapezes mit Sigma Octans, ein Unterfangen, das schon so manchen nahe an den Wahnsinn getrieben hat - sondern südet mit einer Softwareroutine ein, die folgendermaßen funktioniert: nach der Eingabe von Ort, Da-tum, Zeit und Zeitzone macht man ein 3-star-alignment, woraus sich die Software der Montierung die Polabweichung ausrechnen kann. Sodann zentriert man einen Stern und startet die Polar-Alignment-Routine. Die Montierung fährt daraufhin zu jenem Punkt am Himmel, wo der Stern stehen müßte, wäre die Montierung genau eingesüdet. Mit der Azimut- bzw. Höhenverstellung der Montierung bringt man den ausgewählten Stern wieder ins Zentrum (Fadenkreuz) und sodann sollte die Montierung nahezu perfekt auf den Südpol ausgerichtet sein (in der Praxis muß man diesen Prozeß ein- bis zweimal wie-derholten und sich iterativ der optimalen Einstellung annähern). Soweit die Theorie. Der HC (= in die-sem Fall der Handcontroller und kein Politiker) zeigte mir eine Abweichung vom Idealwert von einigen wenigen und daher tolerablen Bogenminuten an. Nach diesem Prozeß ist eine neuerliche Alignment-prozedur erforderlich und dann sollte die Montierung einwandfrei laufen.

Nun aber begannen die nicht enden wollenden Zores. Nach dem neuen Alignment zeigte mir der HC eine völlig irreale Abweichung von über 20 Grad (!) an und die Montierung fuhr im GoTo-Betrieb nicht einmal annähernd zum gewählten Objekt. Um eine lange Geschichte möglichst kurz zu machen: fast 3 Tage lange "spielte" ich mich immer wieder mit diesem Problem und auch Christoph, der immer wieder zur Hilfe kam, war am verzweifeln. X-mal kontrollierte ich die eingegebenen Daten (Datum, Zeit, Koor-dinaten etc.) und probierte alle Alignment-Verfahren durch und doch wurden nach kurzem Betrieb die gewählten Objekte im GoTo so ungenau angefahren, daß sie nicht im Gesichtsfeld bzw. am APS-C Chip der Canon waren.

Wenn der Frust zu groß wurde, nützte ich die Montierung als Nachführplattform, um mit der Canon und Photoobjektiven zu photographieren. Wenigstens hier stellte sich Freude ein, denn ich konnte mit 300mm Brennweite 2-3 Minuten ungeguidet aufnehmen und bekam trotzdem runde Sterne. Die Nach-führgenauigkeit der Montierung ist also ausgezeichnet und der periodische Schneckenfehler sehr ge-ring und weich im Verlauf.

Am 3. Abend wieder mit den gleichen Problemen konfrontiert und bereits im Zustand größter Rat-losigkeit, wie das in den Griff zu bekommen sei, schlug Christoph vor dem HC ein Factory Reset zu verpassen - was kann dabei denn schon noch Schlimmeres passieren - und siehe da, es geschah ein Wunder. Plötzlich war der erste Alignmentstern nahe dem Fadenkreuz des Suchers, der zweite schon fast genau darauf und die GoTo-Genauigkeit war zwar nicht das Gelbe vom Ei aber akzeptabel. Ich hatte schon damit liebäugelt wieder in die andere Sternwarte auf meine ehemalige CGEPro zurückzu-kehren.

Anscheinend hatte der HC einen "elektronischen Poscher". Wir werden sicher nie herausbekommen, was wirklich die Ursache für dieses eigenartige Verhalten war. Jedenfalls ersuchten wir Alex, der in ein paar Tagen nachkommen würde, sicherheitshalber einen Ersatz-HC als Reserve mitzubringen. So gut diese Idee im Ansatz auch war, sie brachte nichts, denn zuerst wollte der neue HC partout nicht mit dem Laptop kommunizieren, und als er es schließlich tat und ich das Update aufspielen wollte, flashte er zwar korrekter Weise zunächst das Eprom, brach aber dann immer wieder das Update ab. Wir hat-ten also einen HC als Ersatz, der ohne Software leider wertlos war. Wie selbstverständlich ließ er sich dann zurück in Wien von Tommy Nawratil problemlos upgraden.

Bis zu unserer Abreise funktionierte die Montierung dann klaglos, wenn man davon absieht, daß die Positioniergenauigkeit besser sein könnte. Wie ich dann zurück in Wien mit Tommy Nawratil von Teleskop-Austria klären konnte, wird das von vielen EQ8-Eignern bemängelt, doch Synta war trotz mehrfacher Verbesserungen an der Software bis heute jedenfalls nicht in der Lage das Problem zu-friedenstellen zu lösen Es gibt jedoch im Internet frei verfügbar die Software EQMOD (http://eq-mod.sourceforge.net/), mit der sich die Montierung direkt über den PC ohne Benützen der Software des HC betreiben läßt. Bei deren Verwendung soll die Positionierungsgenauigkeit wesentlich besser sein. Abgesehen davon werden wir EQMOD sowieso für den zukünftigen Remote-Betrieb benötigen. Am Plan steht also in Wien EQMOD auf einen Laptop aufzusetzen und zu testen und diesen Rechner dann nach Hakos mitzunehmen.

Probleme sind dazu da, um gelöst zu werden, und so war das geschilderte Problem nicht das ein-zige, das uns beschäftigte. Je nach Sichtweise waren nämlich die Montierungssäule zu kurz bzw. die Wände der Sternwarte zu hoch, was zwar einen guten Windschutz gibt, jedoch die Sicht erheblich be-einträchtigt. Wir beschlossen also die Säule deutlich zu verlängern, was nach Anfertigen eines Zwi-schenstückes und Einsetzen eines weiteren Stahlrohres auch geschah. Da die Säule nun ungefähr Kopfhöhe hatte, war sie nun leider auch anfällig gegen Vibrationen. Sie wird daher demnächst mit einer Betonummantelung versehen werden.

Für den Deltagraphen hat die WAA eine QHY8Pro Camera erworben. Sie hat einen 8MP Farbchip, ist peltiergekühlt und hat sich bereits bei vielen Astrofotografen hervorragend bewährt. Leider war beim Verbindungskabel zur Stromversorgung ein Pin des Steckers verbogen und das Kabel ließ sich so nicht anschließen. Beim Versuch den Pin gerade zu biegen brach er ab und somit war die Camera nicht einsatzfähig (Anm.: das Kabel kostet Euro 15.-nur ist es natürlich in Namibia nicht zu bekom-men). So setzte ich meine schon etwas betagte astromodifizierte Canon 30D ein, die ebenfalls über einen 8MPChip verfügt. Ich verwendete das C11 Edge HD mit dem 0.62x Lepus-Reducer von Optec. Das ergibt eine Brennweite von 1736mm bei f6.2. Sobald ich die Bilder ausgearbeitet habe, werde ich sie in einem gesonderten Bericht veröffentlichen. Ich hoffe jedoch für mich und alle anderen, daß mich in der nächsten Zeit nachhaltiges Schönwetter von der Bildbearbeitung abhalten wird.

Nun, wie geht es weiter? Bis Ende September soll die Stahlsäule betonummantelt sein. Weiters soll bis dahin der Dachantrieb elektrifiziert sein, denn das derzeitige Provisorium bestand aus einer simp-len Schnur und einem Stock, womit gezogen bzw. geschoben wurde. Ein elektrischer Dachantrieb ist für einen Remote-Betrieb eine conditio sine qua non. Bereits während unseres Aufenthaltes wurde ein Blechschrank zur Unterbringung aller Utensilien angeschafft. Weiters haben wir entschieden in Wind-hoek eine Aufnahmeplatte anfertigen zu lassen, auf der sowohl der Deltagraph als auch parallel dazu mein APO montiert werden kann. Neben dem Deltagraphen, mit dem konstruktiv bedingt Beobachten nicht möglich ist, stünde dann als visuelles Gerät der 4-Zoll-APO zur Verfügung, der fotografisch auch als schnelles Wide-Field-Gerät verwendet werden kann.

Die technischen Daten der Geräte:

12 Zoll Deltagraph 1000mm/f3.3, korrigiertes Bildfeld Ø 60mm
William FLT98 618mm/f6.3 mit Reducer/Flattener AFR IV 0.8x 494mm/f5

Eine kleine Story bin ich noch schuldig, nämlich das Kollimieren des Deltagraphen, woran wir letz-tes Jahr gescheitert sind, nicht wissend an welchen Schrauben gedreht werden soll, Wie erwähnt habe ich diesbezüglich vor unserer Abreise Gerald Rhemann konsultiert. Anhand von Fotos der Korrekto-reinheit waren wir nach einigem Überlegen der sicheren Meinung, daß drei seitliche Fixierschrauben zu lockern sind, um dann mit drei stirnseitigen Inbusschrauben den Korrektor in seiner Halterung zur opti-schen Achse verkippen zu können. Gerald wollte aber zur Sicherheit noch Philipp Keller konsultieren, der dann meinte, der Korrektor sei durch Lösen der Halteschrauben der Fangspinne zu verkippen. In Hakos am Gerät zeigte sich dann, daß das gar nicht geht und sehr wohl Gerald recht hatte. Einmal gewußt wie, war es eine Angelegenheit von wenigen Minuten das Gerät mit Hilfe eines Lasers zu kollimieren.

Somit werde ich heuer leider (?) im Oktober noch einmal für ca. eine Woche nach Hakos fahren müssen, um die Montierung, die wir wegen der Umbauten wieder abmontieren mußten, endgültig auf-zubauen und genau einzusüden, das Tandem Deltagraph und APO aufzusetzen und die Montierungs-steuerung EQMOD in Betrieb zu nehmen. Netter Nebeneffekt dieses Vorhabens sind um diese Jah-reszeit die hoch stehenden Magellanschen Wolken und viele Galaxien. Also ausreichend Objekte, um auch die QHY8Pro mit dann neuem Kabel zu testen.

Gerade bei einem solchen Projekt heißt es nach dem Grundsatz "step by step" vorzugehen und so will ich gar nicht daran denken, was alles noch erforderlich sein wird, bis ein Remote-Betrieb der Sternwarte möglich ist. Das wird dann vor allem für die Computerspezialisten der WAA eine Aufgabe sein.

Zu guter Letzt will ich diesen Bericht mit einer kleinen Bilddokumentation über die neue WAA-Sternwarte auf Hakos beschließen:


Die neue Felsensternwarte (Blick von der Farm nach Süden); rechts der Beobachtungsraum der WAA, in der Mitte Kontroll- und Lagerraum


Blick in Richtung NO, vorne der WAA-Beobachtungsraum; die Fenster sollen das Einsüden erleichtern, da sie den Blick auf den als Südmarkierung dienenden Autoreifen am Bergrücken ermöglichen


Die Sternwarte neben ihrem Namensgeber


Der namensgebende Felsen


Die Bohrungen für die Adapterplatte werden angefertigt


Die Säulenverlängerung wird zugeschnitten



Das Celestron C11 Edge HD auf der EQ8 mit 2 80mm Sucherfernrohren (der 2. dient als Leitrohr für einen Lodestar Guider) und astromodifizierter Canon 30D


Die dzt. schwingungsanfällige Säule


Arbeitsplatz


Aufbewahrungsschrank im Kontrollraum


Der WAA-Deltagraph (noch auf der Montierung des Vorbesitzers)


Der von uns montierte Robofocus des Deltagraphen (ermöglicht das Fokussieren mittels Handbox bzw. über den PC)