Beobachtungsabend: Jupiter, Doppelsterne und Kometen

Wien 21, 14. 06. 2004

20040614wvo22.html

Beobachter:Wolfgang Vollmann
Datum:14. 06. 2004
Zeit:22.00 bis 23.59 MESZ
Ort:Wien 21
Instrument:Refraktor 130/1040mm
Bedingungen:

Durchsicht:gut (2)
Seeing:gut (2)
Freis. vis. Grenzgroesse:5.0

Bericht:

Zunächst beobachtete ich in der Dämmerung Jupiter und zeichnete ihn in den 15 Minuten um 22h10 MESZ bei einem Zentralmeridian im System I von 60 Grad und System II von 228 Grad. Die Luft war durch den schon tiefen Stand schon recht unruhig und bei 173-facher Vergrösserung war nicht viel Detail sichtbar. Im NEB sah ich zwei Knicke und im SEB einige hellere und dunklere Stellen. Sonst waren keine auffallenden Einzelheiten sichtbar. Eine Vergleichsbeobachtung bei ähnlichem Zentralmeridian ist hier zu sehen: Bild, Quelle: http://atmos.nmsu.edu/ijw/current_images.htm.

Danach beobachtete ich mehrere enge Doppelsterne, bei denen die Bahnbewegung schon innerhalb weniger Jahre sichtbar ist. Dazu gehören am Frühlingshimmel vor allem Gamma Virginis und Xi Ursae Maioris.

Beobachtungen zu Gamma Vir:
http://members.eunet.at/vollmann/gamma_vir.htm
http://www.waa.at/bericht/2003/07/20030706wvo20.html
http://www.waa.at/bericht/2004/01/20040114wvo03.html

Beobachtungen zu Xi UMa:
http://www.waa.at/bericht/2004/03/20040316wvo23.html

Am Frühsommerhimmel sind weitere solche Doppelsternsysteme gut zu sehen. Im "Sixth Catalog of Orbits of Visual Binary Stars" (siehe http://ad.usno.navy.mil/wds/orb6.html) sind nicht nur die aktuellen Bahnelemente sondern auch Ephemeriden für die nächsten Jahre angegeben. Ich beobachtete diese Sterne bei 520-facher Vergrösserung, was ich bei sehr engen Systemen als angenehmste Vergrösserung empfinde, besser als 260x oder noch weniger. Bei höherer Vergrösserung kann ich die Einzelheiten des Beugungsbildes besser erkennen. Die Daten stammen aus dem obigen Katalog.

78 UMa = BU 1082: 13007+5622 (das ist der Ort 2000.0: 13h00.7m +56°22')
Ephemeride: Jahr: Positionswinkel [Grad] Distanz [Bogensekunden] :
2004 : 85.6 1.408 / 2005 : 87.2 1.389 / 2006 : 88.9 1.368 / 2007 : 90.6 1.343 / 2008 : 92.4 1.316
Diesen Doppelstern habe ich heute sehr lange beobachtet. Er ist mit 1,4 Bogensekunden nicht sehr eng, aber der Helligkeitsunterschied zwischen Hauptstern und Begleiter ist gross: 5,1 und 7,4mag sind die beiden Sterne hell. Ausserdem war die Luft recht unruhig, da ich über unser Hausdach beobachten musste, das offenbar von der Nachmittagssonne noch aufgeheizt war. Daher konnte ich den Begleiter heute nicht erkennen; das gelingt mir mit dem 130mm Refraktor nur bei sehr guten Luftverhältnissen. 78 UMa ist leicht zu finden: er steht in der Nähe von Epsilon UMa (Deichselstern im Grossen Wagen).

Zeta Boo = STF1865AB: 14411+1344
Ephemeride: 2004 : 298.1 0.715 / 2005 : 297.7 0.691 / 2006 : 297.2 0.665 / 2007 : 296.6 0.639 / 2008 : 296.0 0.612
Zeta Boo wurde in den letzten Jahren immer enger und ist jetzt mit 0,7 Bogensekunden Distanz schon unterhalb der Grenze, bei der ich ihn noch in zwei separat sichtbare Komponenten trennen kann. Das Beugungsscheibchen war bei 520x aber eindeutig elliptisch bzw. eiförmig zu sehen: die lange Achse zeigte in den Positionswinkel 300 Grad (die Richtung schätze ich aus der täglichen Bewegung bei ausgeschalteter Fernrohrnachführung). Zeta Boo ist nicht weit von Arktur und steht jetzt am Abend hoch im Süden; so war die Luft ziemlich ruhig, die zentrale Beugungsscheibe war gut definiert und nur selten vom Flimmern der Luft gestört. Ich konnte ihn also im Fernrohr nicht trennen, aber eindeutig die Doppelsternnatur erkennen!

Eta CrB = STF1937AB: 15232+3017
Ephemeride: 2004 : 99.1 0.523 / 2005 : 111.6 0.499 / 2006 : 124.9 0.491 / 2007 : 138.1 0.501 / 2008 : 150.4 0.527
Auch Eta in der Nördlichen Krone wurde in den letzten Jahren von einem relativ leicht trennbaren Doppelstern zu einem extrem schweren Objekt für den 130mm Refraktor: nur mehr 0,5 Bogensekunden Abstand haben die beiden Sterne, nur halb so viel wie vor zehn Jahren! Bei 520x war das zentrale Beugungsscheibchen aber eindeutig nicht rund, sondern etwas olivenförmig mit der langen Achse etwa in Ost-West-Richtung zu sehen. Den Positionswinkel schätze ich auf 105 Grad, was gut zur Ephemeride passt: also auch diesen Stern habe ich eindeutig als Doppelstern erkannt. Ich versuche immer erst den Positionswinkel zu schätzen und vergleiche erst nach der Beobachtung mit der Ephemeride, um nicht von dem was ich gelesen habe in der Wahrnehmung beeinflusst zu werden.

Gamma CrB = STF1967: 15427+2618
Ephemeride: 2004 : 113.7 0.744 / 2005 : 113.4 0.742 / 2006 : 113.1 0.738 / 2007 : 112.8 0.731 / 2008 : 112.5 0.721
Auch in der Nördlichen Krone ist Gamma ein enger Doppelstern. Er ist deshalb recht schwierig, weil der Helligkeitsunterschied der beiden Komponenten recht gross ist: 4,1 und 5,5mag sind die beiden Sterne hell. Bei 520x erkannte ich heute die zentrale Beugungsscheibe nicht als rund, sondern eindeutig birnenförmig: der "Auswuchs" ist das überlappende Beugungsbild des Begleiters! Als Positionswinkel schätzte ich wieder etwa 105 Grad: das passt sehr gut zur Ephemeride. Die Luft war ziemlich ruhig und das Beugungsscheibchen gut definiert. Den ersten Beugungsring erkannte ich oft ruhig und meistens in kleinen Bogensegmenten: gutes Seeing!

Um 23h00 MESZ war es dann dunkel genug, um die beiden aktuellen Abendhimmelkometen zu suchen. Mit freiem Auge erkannte ich Sterne bis zur Grösse 5,0mag.

Komet C/2001 Q4 (NEAT) steht nun schon ziemlich nahe dem Kasten des Himmelswagens. Im 7x50 Sucher war er gut sichtbar als kleiner zentral verdichteter Nebelfleck. Ich schätzte durch Vergleich mit 4 Sternen seine Gesamthelligkeit m1 auf 6,0mag. Im 130mm Refraktor zeigte der Komet bei 35 und 70x die Koma 5 Bogenminuten gross und zentral verdichtet (DC=5). Ein schwacher Schweifstrahl zeigte in Richtung Osten (Positionswinkel 90°) und ein Schweif nach SSO (etwa Positionswinkel 160°). Beide Schweife/Schweifbestandteile waren durch den aufgehellten Himmel nur wenige Bogenminuten lang zu sehen. 140-fache Vergrösserung zeigte die zentrale Verdichtung mit einem sternartigen Kern im Kometen, der etwa 10mag hell war.

Komet C/2003 K4 (LINEAR) ist fast schon bis zum Kopf des Drachen gewandert. Bei 35x war er ein deutlich sichtbarer Nebelfleck, die Helligkeit m1 schätzte ich auf 8,5mag (Vergleich mit 4 Sternen). 70x zeigte den Kometen etwas besser: die Koma erschien 4' gross, war recht stark zentral verdichtet (DC=5) bis zu einem schwachen sternartigen Kern ca. 11.Grösse.

Die Helligkeit der Kometen schätzte ich wie immer mit dem kleinstmöglichen Instrument in dem der Komet gut sichtbar ist. Dabei stellt man den Kometen ganz wenig unscharf und die Vergleichssterne auf den Kometendurchmesser unscharf (Morris-Methode).

Zum Schluss um 23h45 bemerkte ich dass der Himmel auch im Süden recht dunkel war. Der Skorpionkopf stand dort und Delta Sco ist noch immer nach Antares und vor Beta Sco der zweithellste Stern im Skorpion. Delta zeigt seit dem Jahr 2000 einen Helligkeitsausbruch, ich schätzte ihn heute auf 1,8mag.
Beobachtungsberichte:
http://www.waa.at/bericht/2002/02/20020217wvo05.html
http://www.waa.at/bericht/2002/07/20020731wvo22.html