Beobachtungsabend: Deep Sky

Wien 21, 07. 11. 2004

20041107wvo19.html

Beobachter:Wolfgang Vollmann
Datum:07. 11. 2004
Zeit:19.15 bis 20.30 MEZ
Ort:Wien 21
Instrument:Refraktor 130/1040mm
Bedingungen:

Durchsicht:gut (2)
Aufhellung:ausreichend (3)
Freis. vis. Grenzgroesse:5.0

Bericht:

Es reisst auf und es gibt zwar einige tiefliegende Wolken, aber oben ist es klar! Zunächst beobachte ich einen Roten Riesen: T Lyrae. Er steht in der Leier nicht weit entfernt von Wega. Im Fernrohr erscheint er bei 43x wirklich rot, nur mit einer Spur gelb darin und fällt daher im Gesichtsfeld ziemlich auf. Er ist der röteste Stern, den ich am Himmel kenne; besonders schön finde ich den Farbkontrast zur weissen Wega. T Lyr hat wie die meisten roten Riesen veränderliche Helligkeit: heute schätze ich den Stern auf 8,5mag. Eine Aufsuchkarte des Sterns mit Vergleichssternhelligkeiten ist hier zu finden: http://www.aavso.org/charts/LYR/T_LYR/TLYR-B.GIF. Ein weitere Beobachtungsbericht zu diesem Stern stammt vom 4.Nov.2003.

Danach beobachte ich wieder die Supernova 2004et in NGC 6946. Durch den recht klaren Himmel kann ich bei 208x nicht nur die Supernova sondern auch die beiden sie im Osten und Westen flankierenden Sterne 13,1 und 14,3mag gut sehen (siehe die Karte von R.Bouma: http://www.shopplaza.nl/astro/vs-charts/sn2004et.htm). Die Supernova schätze ich heute auf 12,9mag. Weitere Beobachtungen habe ich im Bericht vom 4.Nov. zusammengestellt. Auch die Galaxie NGC 6946 kann ich heute bei 43x sehen: sie erscheint als blasser undefinierter, schlecht begrenzter Nebelfleck mit einer flächigen etwa eine Bogenminute grossen zentralen Verdichtung.

Ein Quasar bzw. Blazar den ich heuer öfters beobachtet habe ist BL Lac. Er zeigte im August einen Helligkeitsausbruch bis auf 13,3mag (siehe Bericht vom 15.August; ist da etwas ins Schwarze Loch gefallen?). Wenige Wochen danach war seine Helligkeit auf 14,0 abgesunken und schwankt seither zwischen 13,8 und 14,4mag etwa. Heute Abend konnte ich den Blazar sehr schwierig bei 208x aufblinken sehen. Die Helligkeit schätzte ich auf 14,0mag. Ganz in der Nähe steht als Aufsuchungshilfe eine sehr hübsche Sternfigur: das Lacerta-Dreieck. Es ist ein gleichseitiges Dreieck aus drei fast gleich hellen Sternen am Ort 21h57,9m +43°12' (2000.0). Das Gleichmass wird nur durch einen schwächeren Stern auf der Ostseite des Dreiecks gestört, ansonsten sind die Abstände der drei Sterne ähnlich genug um eine regelmässige Gestalt für das Auge zu bieten: 5,6' / 5,9' / 6,0'. Das Dreieck ist schon im 7x50 Sucher sichtbar aber ich finde es bei 43x im Fernrohr am schönsten. Bisher habe ich noch nirgends einen Hinweis darauf gefunden, dass diese Figur auch schon jemand anderem aufgefallen wäre.

Ich teste auch mein neues Fadenkreuzokular, ein Microguide 12,5mm. Mit einer 3x Barlowlinse erreiche ich damit 250-fache Vergrösserung. Da ist natürlich Epsilon Lyrae schon gut getrennt. Sowohl das etwas weitere nördliche Paar (Epsilon1) als auch das etwas engere südliche Paar (Epsilon2) erscheint getrennt mit dunklem Himmel dazwischen. Auch der 5.Stern der zwischen Epsilon1 und Epsilon2 folgend davon steht ist heute sehr auffallend sichtbar. Ihn kann ich schon bei 43x sehr deutlich erkennen.

Da es so schön ist probiere ich auch noch einen weiteren AGN (Kern einer aktiven Galaxie): 3C 465 = NGC 7720 im Pegasus. Das ist eine Seyfert1 Galaxis am Ort 23h38m29.5s +27°01'51" (2000.0) -- siehe Simbad: http://simbad.u-strasbg.fr. Bei 115x suche ich mit einer genauen GSC-Sternkarte und finde den Stern 13,1 leicht sichtbar, der mit 13,6mag blinkt auf. Das Objekt blinkt auf und ich vermute es etwas flächig - das ist aber unsicher. Es dürfte um die 13,5mag hell sein. Auch bei 208x blinkt es auf, wieder vermute ich NGC 7720 flächig, aber mit sternartigem Kern. Auf dem Bild in NED aus dem POSS ist NGC 7720 jedenfalls flächig:

Ein Stern 14,1mag südlich-folgend blinkt ebenfalls auf. Nachträglich vergleiche ich mit einem Foto aus dem POSS:

NGC 7720 ist das etwas flächige Objekt etwas links der Mittenmarkierung. Es ist die hellste Galaxie des Galaxienhaufens Abell 2634, über den ich sozusagen "gestolpert" bin. Der "Stern" 14,1mag sf von NGC 7720 dürfte die Galaxie IC 5342 sein. NGC 7720 hat laut "NED", der "NASA Extragalactic Database" (http://nedwww.ipac.caltech.edu/) eine Rotverschiebung von z=0.03022, was die beachtliche Entfernung von etwa 400 Millionen Lichtjahren ergibt. Nicht schlecht für eine Beobachtung am Balkon am Stadtrand von Wien! Diese Gegend muss ich jedenfalls noch einmal genauer beobachten!

Die Radioastronomen haben von NGC 7720 = 3C 465 auch sehr hübsche Bilder angefertigt:

Mehr über diese Radiogalaxie ist hier zu lesen: http://www.jb.man.ac.uk/atlas/object/3C465.html

Dann bemerke ich auch um 20h30, dass Algol (Beta Persei) deutlich schwächer als gewöhnlich ist. Ich schätze seine Helligkeit auf "etwa zwischen Epsilon und Ny Persei" (mehr zu Algol im Bericht vom 14.März). Es ziehen aber schon wieder Wolken auf, die den Beobachtungsabend beenden.