Deep Sky: Supernova 2004et, Doppelstern Krüger 60, Galaxie NGC 7720 und Haufen Abell 2634

Wien 21, 04. 12. 2004

20041204wvo18.html

Beobachter:Wolfgang Vollmann
Datum:04. 12. 2004
Zeit:18.00 bis 21.30 MEZ
Ort:Wien 21
Instrument:Refraktor 130/1040mm
Bedingungen:

Freis. vis. Grenzgroesse:5.0

Bericht:

Überraschend ist es heute Abend ziemlich klar - der Nebel hat sich verzogen und die freisichtige Grenzgrösse beträgt etwa 5,0mag - ganz gut für meinen Standort am Stadtrand von Wien. Ich kann zwischen 18h00 und 21h00 beobachten, erst danach zieht langsam wieder Nebel auf.

Immer noch hell sichtbar ist die Supernova 2004et in NGC 6946. Heute Abend schätze ich ihre Helligkeit um 18h14 auf 13,1mag -- sie erscheint gleich hell mit dem Stern 13,1mag östlich der Supernova auf der Karte von Reinder Bouma: http://www.shopplaza.nl/astro/vs-charts/sn2004et.htm. Die Supernova ist seit der Entdeckung Ende Sept.2004 nur um etwas weniger als eine Grössenklasse schwächer geworden und weiter ganz gut sichtbar.
Weitere Beobachtungsberichte zu SN 2004et: 2004 Sep.29    Sep.30    Okt.3    Nov.4    Nov.7

Ein sehr interessanter Stern ist Krüger 60 im Sternbild Cepheus (RA (2000): 22h28m00s Dec (2000): +57°41.8'). Er steht etwa ein Grad südlich vom berühmten Delta Cephei, der nicht nur ein wichtiger Veränderlicher Stern ist, sondern auch einer der schönsten Doppelsterne am Himmel: goldgelb und bläulich leuchten die beiden Sterne und sind bei 43-facher Vergrösserung schon sehr gut getrennt sichtbar. Der hellere gelbe Stern ist der Veränderliche, über den es hier etwas zu lesen gibt: http://www.aavso.org/vstar/vsots/0900.shtml.

Krüger 60 ist deshalb bemerkenswert, weil dieser Doppelstern eine relativ kurze Umlaufzeit von 44 Jahren hat und uns recht nahe steht: nur 13 Lichtjahre ist er von uns entfernt. Die beiden Sterne sind daher nicht allzu knapp beieinander und wären vom Auflösungsvermögen her schon mit einem 60mm Refraktor zu trennen. Sie sind aber ziemlich schwach, 9,8 und 11,4mag, und daher auch im 130mm Refraktor kein leichtes Objekt.

Aufsuchkarte von Krüger 60: Norden ist oben, Osten links, der Kreisdurchmesser ein Grad. Delta Cephei ist im oberen Bildteil beschriftet mit δ, Krüger 60 mit Strichen markiert im Mittelpunkt des Kreises. Die Karte zeigt Sterne bis etwa 13mag.

In den letzten Wochen habe ich immer wieder versucht, den Begleiter des Doppelsterns im 130mm Refraktor zu sehen. Am besten gelang es mir bei 260x: gelegentlich war der Begleiter zu erkennen, aber es war sehr schwer ihn zu sehen. Die meiste Zeit war der Begleiter nicht auszumachen, vor allem an den Abenden mit weniger guter Durchsicht und grösserer Luftunruhe. Das Problem ist bei Krüger 60 nicht die Distanz - die beiden Sterne sind gut getrennt - sondern dass der Begleiter so lichtschwach ist. Den Positionswinkel des Begleiters schätzte ich auf um die 60-70 Grad. Das stimmt mit der Ephemeride gut überein, die für 2005,0 eine Distanz von 2,5 Bogensekunden und einen Positionswinkel von 68 Grad angibt. Seit meiner Beobachtung des Sterns im Jahre 1997 hat sich der Positionswinkel immerhin um etwa 30 Grad vermindert: die Bahnbewegung des Sterns ist sichtbar geworden!

Ich habe für Krüger 60 eine Ephemeride berechnet (siehe http://members.eunet.at/vollmann/krueger60.htm). Mich interessieren Beobachtungen dieses Doppelsterns sehr -- er sollte in grösseren Fernrohren gut erkennbar sein.

Bemerkenswert und leicht sichtbar war übrigens die starke Eigenbewegung von Krüger 60: ich suchte ihn auch mit der Karte in "Burnham's Celestial Handbook" von Robert Burnham, jr., auf. Die Karte entstand aus einer 13-Zoll Astrographen-Aufnahme mit der "Pluto-Kamera" der Lowell-Sternwarte. Das Foto im Buch auf Seite 600 ist leider nicht datiert; es stammt aber vermutlich aus den 1950er oder 1960er Jahren, als Burnham an der Sternwarte arbeitete. Jedenfalls ist beim Vergleich des Fotos mit dem Himmel die deutliche Eigenbewegung von Krüger 60 eindeutig und auffallend erkennbar! Sie beträgt etwa eine Bogensekunde pro Jahr ungefähr nach Richtung Südwesten.

Datenblatt zu Krüger 60 beim Astronomischen Recheninstitut:
Krüger 60 A:
http://www.ari.uni-heidelberg.de/aricns/cnspages/4c01835.htm
Krüger 60 B: http://www.ari.uni-heidelberg.de/aricns/cnspages/4c01836.htm

Danach beobachtete ich wieder die Seyfert-Galaxie NGC 7720 und den Galaxienhaufen Abell 2634 im Pegasus. NGC 7720 steht am Ort 23h38m29.5s +27°01'56" (J2000.0). Ich hatte das Gebiet schon am 7.Nov. beobachtet: siehe Beobachtungsbericht http://www.waa.at/bericht/2004/11/20041107wvo19.html. Diesesmal war ich aber mit besseren Karten ausgerüstet, die ich mir mit "Cartes du Ciel" erstellt habe (siehe http://www.stargazing.net/astropc/index.html).

Aufsuchkarte für NGC 7720, NGC 7728 und Abell 2634. Norden ist oben, Osten links. Kreisdurchmesser: ein Grad. Die Karte zeigt Sterne bis etwa 12mag.

NGC 7728 war bei 115x am besten sichtbar: die Galaxie erschien als kleines rundes Nebelfleckerl, schwach, aber nicht extrem schwer. Sie hat eine visuelle Helligkeit von etwa 13mag. Offenbar gehört sie auch zum Galaxienhaufen Abell 2634, worauf ihre Rotverschiebung z=0,031348 hinweist (aus NED: http://nedwww.ipac.caltech.edu/). Das rückt sie in die Entfernung von ca. 400 Millionen Lichtjahren, etwa die von NGC 7720 und dem Galaxienhaufen.

Obwohl NGC 7726 auf meiner Karte eingezeichnet ist, konnte ich diese Galaxie bei 115x nicht wahrnehmen. Sie ist offenbar zu schwach für meine Himmelsdunkelheit und mein Fernrohr.

NGC 7720 im Zentrum des Galaxienhaufens Abell 2634 war aber wieder sichtbar: bei 115x erschien ein sehr schwaches kleines etwas nebeliges Fleckchen, nicht ganz sternförmig. Ich schätzte die Helligkeit auf etwa 13,5mag.

Ich habe eine Karte von NGC 7720 und Umgebung gezeichnet. Norden ist oben, Osten links. Kreisdurchmesser: 15 Bogenminuten. Die Karte zeigt Sterne bis etwa 14,5mag.

Ich beobachtete bei 208x mit einem Gesichtsfeld von 20 Bogenminuten. Die hellsten Lichtpunkte neben der Galaxie sind die beiden Sterne 119 und 120. Sie sind auf der Karte markiert und 11,9 bzw. 12,0mag hell. Viele der kleinen Lichtpünktchen neben NGC 7720 sind aber Galaxien des Galaxienhaufens! Sie zeigen nur ihren hellen Kern und sind daher auf der Sternkarte, die mit dem Programm "Cartes du Ciel" erstellt wurde und den GSC-Sternkatalog verwendet, eingezeichnet.

Folgende weitere Objekte versuchte ich zu beobachten -- sie sind auf der Karte mit Buchstaben markiert:

BuchstabeIdentifikationBeschreibung
AIC 5342Das ist eine Galaxie mit der visuellen Helligkeit von etwa 14,0mag. Sie blitzte im Fernrohr immer wieder als Lichtpünktchen auf und war sicher erkennbar.
BLEDA 71987Auch das ist eine Galaxie mit der visuellen Helligkeit von etwa 14,0mag. Auch sie blitzte im Fernrohr immer wieder als Lichtpünktchen auf und war sicher erkennbar.
CIC 5341Auch das ist eine Galaxie mit der visuellen Helligkeit von etwa 14,0mag. Auch sie blitzte im Fernrohr immer wieder als Lichtpünktchen auf und war sicher erkennbar.
DAGC 330667Diese Galaxie hat eine visuelle Helligkeit von etwa 14,5mag. Ich konnte sie nicht erkennen.
ESternDas ist ein schwacher Stern. Ich konnte ihn nicht sehen.
F[BO85] ACO2634 27Auch diese schwache Galaxie konnte ich nicht sehen. Sie ist vermutlich schwächer als 14,5mag.
GAGC 330665Diese Galaxie sollte laut Katalog um die 14,0mag visuell sein. Ich konnte sie aber nicht sehen.

Die Identifikation der Objekte und weitere Daten entnahm ich den grossen astronomischen Datenbanken:
Simbad: http://simbad.u-strasbg.fr/ (z.B. bei Suche nach "Identifier" "NGC 7720" eingeben)
Aladin: http://aladin.u-strasbg.fr (damit lassen sich Karten aus Fotos wie z.B. dem POSS = Palomar Observatory Sky Survey erstellen)
NED: http://nedwww.ipac.caltech.edu/ (die "NASA Extragalactic Database" bietet viele Daten und Bilder)

Ich finde es faszinierend, diesen Galaxienhaufen zu beobachten: immerhin konnte ich insgesamt fünf Galaxien des Haufens im 130mm Refraktor erkennen. Ich glaube dass das die fernsten Galaxien sind, die ich bisher mit diesem Fernrohr beobachten konnte: der Galaxienhaufen ist etwa 400 Millionen Lichtjahre entfernt. Nur die Quasare sind noch weiter draussen und auch davon konnte ich schon einige sehen: siehe http://members.eunet.at/vollmann/quasare.htm. Ich freue mich, von Beobachtungen dieser Objekte zu lesen bzw. auch Fotos davon zu sehen!