Sonnenflecke und 4 Prozent Venus

Wien 21, 19. 06. 2004

20040619wvo09.html

Beobachter:Wolfgang Vollmann
Datum:19. 06. 2004
Zeit:09.00 bis 12.00 MESZ
Ort:Wien 21
Instrument:Refraktor 130/1040mm
Bedingungen:

Seeing:ausreichend (3)

Bericht:

Auf der Sonne sind wieder viele Flecken zu sehen und auch einige grössere Gruppen mit Einzelheiten in der Umbra und Penumbra sind sichtbar! Mit freiem Auge und Sonnenfinsternisbrille kann ich die Flecke nicht sehen. Im Fernrohr sind sie sehr deutlich, bei 55-facher Vergrösserung zähle ich insgesamt 62 Flecke in 5 Gruppen, die Relativzahl beträgt also 112.

Sehr schön zeigt die Flecke das aktuelle SOHO-Bild (http://sohowww.nascom.nasa.gov/data/realtime/javagif/gifs_small/20040619_0936_mdi_igr.gif):

Mit dem PC rechne ich mir aus, dass die Venus heute 1h10m westlich und 3,8 Grad südlich der Sonne steht. Dann stelle ich an der Sonne scharf, natürlich mit Sonnenfilter, und stelle dann das Fernrohr um den berechneten Betrag mit den Teilkreisen ein. Da die Montierung nur so ungefähr nach Norden ausgerichtet ist (visieren Richtung Hausdach Nachbar, plus/minus 10 Grad Azimut mindestens, aber zum Nachführen reichts), ist Venus bei 35x nicht im Gesichtsfeld (Sonnenfilter abgenommen!). Aber sie ist nicht weit und bald sehe ich ihre grosse schmale Sichel: nur zu 4,3 Prozent ist sie heute beleuchtet und noch immer 54,7 Bogensekunden im Durchmesser, der Durchgang ist ja erst 11 Tage her. Trotz der Tageserwärmung geht auch noch 104-fache Vergrösserung. Ein wenig verformt das Seeing noch die Sichel, sie ist aber recht gut definiert, da sie heute ja schon 2,3 Bogensekunden an der breitesten Stelle hat. Das war bei der Beobachtung am 28.März 2001 bei einer Sichelbreite von nur 0,6 Bogensekunden anders:

Venus am 28.März 2001 (Urania-Sternwarte, zusammen mit Alex Pikhard), Bericht http://www.waa.at/bericht/2001/03/20010328ura.html.

Die Sichel der Venus zeigt heute nun schon keine übergreifenden Hörnerspitzen mehr, also mehr als die 180 Grad des Bogens. Das geht nur bei kleineren Elongationen der Venus als heute (sie ist schon wieder fast 17 Grad von der Sonne entfernt!). Die Sichel bildet auch nicht ganz einen Halbkreis, sondern der Bogen ist heute nur etwa 160 Grad gross (geschätzt). Bei dieser Vergrösserung vermute ich auch dass die unbeleuchtete Venusseite irgendwie "anders" aussieht als der Himmel darum herum. Ich kanns nicht genau definieren oder bestätigen, aber möglicherweise ist heute das aschgraue Venuslicht angedeutet. Die Beobachtung könnte man also als Stufe 4 (very suspect) auf der ALPO-Skala für das "ashen light" einordnen (siehe http://www.geocities.com/dniechoy/venus.html sowie http://www.geocities.com/dniechoy/ven4.html).

Weitere Venusbeobachtungen 2004 im Fernrohr:    14.Jan.    1.April    6.Juni    8.Juni